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       # taz.de -- Bundesamt für Verfassungsschutz: Warnung vor iranischen Hackern
       
       > Der Verfassungsschutz geht von „Ausspähversuchen“ gegen iranische
       > Oppositionelle in Deutschland aus. Die Auftraggeber: wohl
       > Revolutionsgarden.
       
   IMG Bild: Im Visier des Regimes: Iranische Oppositionelle auf einer Demo in Hannover 2022
       
       Berlin taz | Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) warnt vor
       Aktivitäten iranischer Hacker in Deutschland. Die Cyberangriffe richteten
       sich „gegen Dissidentenorganisationen und Einzelpersonen“ – wie
       JuristInnen, JournalistInnen oder MenschenrechtsaktivistInnen. Konkret
       nennt das BfV eine Angreifergruppe namens „Charming Kitten“. [1][Bei dieser
       geht der Inlandsgeheimdienst seit Ende 2022 von „konkreten Ausspähversuchen
       gegen iranische Personen und Organisationen in Deutschland“ aus, heißt es
       in einem aktuellen „Cyber-Brief“, der am Donnerstag veröffentlicht wurde].
       
       „Charming Kitten“ habe sich laut Verfassungsschutz dabei auf die Methode
       des Social Engeneerings und das gezielte Ausspähen einzelner
       RegimegegnerInnen und Organisationen spezialisiert. Zunächst würden die
       Angreifer dafür die Vorlieben und auch politischen Interessen ihrer
       Zielpersonen ausforschen. Danach nähmen sie persönlich Kontakt auf und
       manipulierten ihre Opfer. In einem weiteren Schritt würde irgendwann ein
       Videotelefonat vereinbart. Über einen Link zu einer gefälschten
       Log-in-Seite gelangten die Angreifer dann an die Zugangsdaten ihrer Opfer.
       
       Bereits Ende 2022 berichtete die Organisation [2][Human Rights Watch, dass
       zwei ihrer MitarbeiterInnen Opfer solcher Attacken] wurden, ebenso wie
       mindestens 18 weitere JournalistInnen, WissenschaftlerInnen, Diplomaten und
       PolitikerInnen.
       
       Nach Einschätzung der US-Sicherheitsfirma Mandiant, die zu Google gehört,
       handelt die Hackergruppe vermutlich im Auftrag der Cyber-Branche der
       islamischen Revolutionsgarden (IRGC-IO, Islamic Revolutionary Guard Corps
       Intelligence Organization).
       
       ## Spezielle Schadsoftware für Smartphones
       
       Die Angreifer würden sich einerseits mit den gestohlenen Anmeldedaten
       Zugang zu den Netzwerken, Geräten und Konten des Arbeitgebers, der Kollegen
       und der Familienangehörigen des Opfers verschaffen. Doch die
       Sicherheitsexperten warnen zudem auch vor gezielter Überwachung: Die Hacker
       des iranischen Regimes würden spezifische Schadsoftware für Smartphones
       nutzen, um die Aufenthaltsorte ihrer Opfer nachzuverfolgen.
       
       Laut einem [3][Bericht der Organisation Certfa, die sich auf
       Cybersicherheit im Zusammenhang mit dem Iran] spezialisiert hat, agiert
       „Charming Kitten“ seit 2014. Auch Certfa sieht sie mit den Islamischen
       Revolutionsgarden verbunden. In dem Report führen die Experten das
       Fallbeispiel eines französischen Neuro-Onkologen an: Die Angreifer
       fälschten dessen Profil auf der Social-Media-Plattform LinkedIn, um darüber
       Kontakt zu anderen WissenschaftlerInnen und MedizinerInnen aufzunehmen. In
       einem anderen Fall gaben sich die Regimespione als Leiter eines bekannten
       Thinktanks aus und kontaktierten iranische und nichtiranische
       AktivistInnen, darunter mindestens einen LGBTQ-Aktivisten.
       
       „Zielgruppen dieser Operation waren politische Aktivisten, Medienvertreter,
       Menschenrechtsaktivisten und Frauenrechtler“, so Certfa. Die Daten seien
       für das iranische Regime von Bedeutung und könnten zur Verhaftung unter dem
       Vorwurf der Zusammenarbeit mit dem Ausland führen.
       
       Amin Sabeti, exiliranischer Experte für IT-Sicherheit und Gründer von
       Certfa, erklärte der taz, „Charming Kitten“ sei die aktivste Gruppe aus dem
       Iran, von der aktuell Bedrohungen ausgingen. „Ziele in Großbritannien, den
       USA und Israel sind bereits seit langem auf ihrer Liste.“
       
       ## Weitere Bedrohungen aus dem Iran
       
       Gleichwohl verweist Sabeti im Bereich der Cybersicherheit auch auf weitere
       Bedrohungen aus dem Iran. [4][So zeigt eine Übersicht von Certfa zahlreiche
       Akteure, die etwa für den iranischen Geheimdienst MOIS Industriespionage
       oder digitale Sabotage] betreiben oder sich über das Versenden von
       Schadsoftware Zugang zu Computern verschaffen.
       
       Während „Charming Kitten“ dabei Zugangsdaten über gefälschte Log-in-Seiten
       bei Video-Anrufen von Zoom oder Skype abgreift, hätten sich andere Gruppen
       beispielsweise auf Schadsoftware im Zusammenhang mit Microsoft Office
       spezialisiert – etwa die Rana Intelligence Computing Company, eine
       Tarnfirma des iranischen Geheimdienstes MOIS.
       
       10 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2023/2023-08-10-cyber-brief-01-2023.html
   DIR [2] https://www.hrw.org/news/2022/12/05/iran-state-backed-hacking-activists-journalists-politicians
   DIR [3] https://blog.certfa.com/posts/charming-kitten-can-we-wave-a-meeting/
   DIR [4] https://radar.certfa.com/en/insights/iran/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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