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       # taz.de -- Australische Fußballbegeisterung: Euphoriewellen und Toilettengänge
       
       > In Australien wächst die Begeisterung an den eigenen Fußballerinnen, die
       > nun ins Halbfinale einziehen. Das lässt sich an erstaunlichen Statistiken
       > ablesen.
       
   IMG Bild: Grenzenlose Freude: Beim Public Viewing in Sydney wird ein australisches Tor bejubelt
       
       Die Begeisterungswelle hier in Australien über das eigene Nationalteam ist
       inzwischen so groß, dass weitere Public-Viewing-Möglichkeiten geschaffen
       worden sind. John Graham, der Minister für Jobs, Tourismus und vieles mehr,
       hatte verkündet, dass es im Olympiapark vor der Partie von England
       [1][gegen Kolumbien] eine weitere Gelegenheit geben werde, Australien gegen
       Frankreich zu verfolgen.
       
       Das ist auch logistisch sehr sinnvoll, denn der Komplex liegt etwa eine
       Zugstunde außerhalb der Innenstadt von Sydney, wo sich auch [2][die Fanzone
       der Fifa] befindet. Wer also für das Spiel in Sydney ein Ticket besaß, aber
       Australien auch sehen wollte, hätte sich zusammen mit allen anderen in
       einem sehr engen Zeitfenster auf den Weg machen müssen – selbst ohne eine
       mögliche Verlängerung. Auch für mich war das praktisch, die Fifa hatte zwar
       per Mail mitgeteilt, dass das Medienzentrum im Stadion früher öffnen würde
       als ursprünglich geplant, aber so eine Partie woanders verfolgen zu können
       als in einem dann doch sehr sterilen Setting ist definitiv ein großes Plus.
       
       Aber das Event in Sydney war bei Weitem nicht das Einzige. Viele
       Australier*innen hatten Angst davor, vielleicht einen ganz besonderen
       Moment zu verpassen. Verabredungen zum Essen wurden verschoben oder
       abgesagt, es gab Meinungsstücke in Zeitungen dazu, warum man ein schlechter
       Freund oder eine schlechte Freundin sei, wenn man diese Umplanungen nicht
       gutheißen würde. Und sogar die anderen großen Sportarten passten ihre
       Anpfiffzeiten an.
       
       Die AFL, in der Football nach australischen Regeln gespielt wird, hatte zum
       Beispiel das Spiel des Melbourne Football Club zu Hause gegen Carlton um
       fünf Minuten nach hinten verschoben, so dass Zuschauer*innen die Partie
       vorher im MCG auf der Anzeigetafel verfolgen konnten. Etwa 60.000 Menschen
       wurden bei der AFL-Partie erwartet, die Stadiontore öffneten entsprechend
       früher.
       
       ## Ausschlag beim Wasserverbrauch
       
       Und auch auf noch ganz andere Bereiche wirkt sich die Welle rund um die
       Spiele der Matildas aus. So verkündete ein Sprecher von Melbourne Water,
       dass es in der Halbzeit der Partie gegen Dänemark einen deutlichen
       Ausschlag in den Messdaten über die Wassernutzung der Stadt gegeben habe –
       Toilettengang, Kaffeemaschine, bloß keine Sekunde verpassen. [3][Das
       Achtelfinale gegen Dänemark] war bisher die am meisten gesehene TV-Sendung
       in Australien des Jahres 2023.
       
       Rund 2,3 Millionen Menschen verfolgten den 2:0-Sieg über das Team rund um
       Pernille Harder. Doch dieser Jahresrekord ist auf jeden Fall am Samstag
       wieder eingestellt worden. Das australische Team konnte in einem
       dramatischen Elfmeterschießen die Frauen aus Frankreich besiegen und zieht
       nun ins Halbfinale ein.
       
       Die Spiele der Australierinnen werden im Gegensatz zu den meisten anderen
       Spielen der WM frei empfangbar im Fernsehen gezeigt, ansonsten liegen die
       Rechte bei einem Streamingdienstanbieter. Das wirft die Frage auf, wie viel
       größer und vielfältiger die Begeisterung über diese WM im Land noch sein
       könnte, wenn alle Spiele so leicht zu sehen wären.
       
       12 Aug 2023
       
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