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       # taz.de -- Steuererleichterungen für Unternehmen: Lindners Pläne gestoppt
       
       > Die grüne Familienministerin Paus legt ein Veto gegen das
       > Steuerentlastungspaket für Unternehmen ein. Sie will mehr Geld für die
       > Kindergrundsicherung.
       
   IMG Bild: Finanzminister Lindner und Familienministerin Paus streiten: Geld für Kinder oder für Unternehmen?
       
       Berlin taz | Die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus blockiert Pläne
       von Finanzminister Christian Lindner (FDP), Unternehmen Steuerentlastungen
       in Milliardenhöhe zukommen zu lassen. Ursprünglich sollte das entsprechende
       Gesetz am Mittwoch vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden. Doch
       Paus hat es vorerst mit einem Veto gestoppt.
       
       Lindners Gesetzentwurf sieht rund 50 steuerpolitische Maßnahmen vor. Der
       wichtigste Punkt ist eine Prämie für Unternehmen, die in Klimaschutz
       investieren. Außerdem will Lindner die Spielräume für Betriebe erweitern,
       frühere Verluste mit künftigen Gewinnen zu verrechnen. Insgesamt sollen
       Unternehmen damit um rund 6,5 Milliarden Euro entlastet werden.
       Gleichzeitig stellt sich der Finanzminister [1][bei der Reform der
       Kindergrundsicherung] quer. Die von ihm dafür in Aussicht gestellten 2
       Milliarden Euro reichen der Familienministerin nicht. Ihrer Auffassung nach
       sind bis zu 7 Milliarden Euro erforderlich, um die Kinderarmut bekämpfen zu
       können.
       
       Auch der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat Kritik an Lindners
       Gesetzentwurf geübt – weil ihm die Entlastungen für Unternehmen nicht weit
       genug gehen. Letztlich hat er aber grünes Licht für das Vorhaben gegeben.
       Die oppositionelle Linkspartei wirft der Ampel vor, Unternehmen mit dem
       Vorhaben ziellose Steuergeschenke zu bereiten, statt treffsichere Maßnahmen
       gegen [2][die heraufziehende Krise zu ergreifen]. Die Wirtschaft werde
       nicht aus der Krise geholt, „indem man Firmen einfach ermöglicht, mit
       Verlusten aus den letzten drei Jahren die heutige Steuerlast
       kleinzurechnen“, sagte der linke Bundestagsabgeordnete und frühere
       Brandenburger Finanzminister Christian Görke.
       
       Das Veto seiner Kabinettskollegin Paus hat Lindner offenbar kalt erwischt.
       Bereits am Montag hatte er für Mittwoch zu einer Pressekonferenz
       eingeladen, bei der er die Details seines Gesetzentwurfes erläutern wollte.
       Sie wurde noch während der Kabinettssitzung abgesagt. Das Kabinett werde
       sich bei seiner Klausurtagung Ende August in Meseberg mit Lindners Entwurf
       befassen, sagte eine Regierungssprecherin am Mittwoch..
       
       ## Lob vom Wohlfahrtsverband für die Ministerin
       
       Lindner nannte Paus’ Veto „bedauerlich“. Sein Parteifreund Johannes Vogel
       ist erbost. „Lisa Paus scheint den Kern jeder Sozialstaatlichkeit nicht
       verstanden zu haben: Erst muss erwirtschaftet werden, was verteilt werden
       kann“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP. Angesichts der
       schwachen Konjunktur brauche Deutschlands Wirtschaft „jetzt die
       Unterstützung der Politik als Hürdenräumer“, so Vogel.
       
       Der Wohlfahrtverband Der Paritätische dagegen lobt „das beachtenswerte
       Stehvermögen“ der Familienministerin. Der Verband hält die geplanten
       Steuerentlastungen für Unternehmen „angesichts dringender sozialpolitischer
       Vorhaben und einem milliardenschweren Investitionsstau in den Kommunen“ für
       unverantwortlich.
       
       Er kritisiert die am Mittwoch im Kabinett beratenen Kürzungen für Gruppen
       mit wenig Einkommen. „Der eingeschlagene Weg sozialer Kürzungen zugunsten
       von Steuererleichterungen und Industriesubventionen ist ein Irrweg, der
       unseren Sozialstaat und diese Gesellschaft im Kern trifft“, so Ulrich
       Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Investitionsbedarf
       bestehe bei der sozialen und öffentlichen Infrastruktur und der Bekämpfung
       von Armut. Damit dafür genug Mittel zur Verfügung stehen, fordert der
       Verband, die Schuldenbremse weiterhin auszusetzen und großen Reichtum
       stärker zu besteuern.
       
       Das Kabinett hat am Mittwoch trotz des Streits über die Steuerentlastungen
       etliche andere Vorhaben auf den Weg gebracht. Neben der Liberalisierung des
       Cannabis-Verbots sind das unter anderem die Wärmeplanung und neue
       [3][Regeln für den einfacheren Einbau von Solaranlagen].
       
       16 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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