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       # taz.de -- Mangelnde Chancengleichheit an Schulen: Wer? Wie? Was?
       
       > Dass geschlechtergerechte Sprache in Sachsen als Fehler markiert wird,
       > verstärkt die strukturelle Diskriminierung an Schulen nur noch mehr.
       
   IMG Bild: Kinder haben einen Radar dafür, wenn ihnen oder jemandem vermittelt wird, nicht dazuzugehören
       
       Seit [1][Sachsens Kultusministerium] noch einmal per Erlass zementiert hat,
       dass gendergerechte Sprache in Schularbeiten als Fehler angestrichen wird,
       und somit Schüler_innen, die auf diese Schreibweise wert legen, schlechtere
       Noten in Kauf nehmen müssen, geht mir die Sesamstraße mit ihrem Dreiklang
       nicht mehr aus dem Kopf: „Der. Die. Das. / Wer? Wie? Was?“ Dann die tausend
       tollen Sachen und der pädagogisch wertvolle Satz: „Wer nicht fragt, bleibt
       dumm!“
       
       Ich glaube nicht, dass Kinder dumm sind. Nicht bevor sie zur Schule gehen,
       nicht, wenn sie so viel fernsehgucken, wie sie können, und nicht, wenn sie
       sich überlegen, ob sie es sich leisten können, ihre Noten zu verkacken.
       
       Kinder haben einen empathischen Radar dafür, wenn sie oder andere ungerecht
       behandelt werden, wenn jemandem das Gefühl vermittelt wird, nicht
       dazuzugehören. Dafür, dass eine Regel nicht bedeutet, dass etwas gerecht
       ist. Und auch dafür, dass es Gesetze gab und gibt, die noch lange nicht
       rechtens sein müssen und im Zweifelsfall gegen Menschenrechte verstoßen.
       
       Im besten Fall kann Schule diese emotionale Intelligenz, die uns innewohnt,
       unterstützen und Werkzeuge vermitteln, um solche Probleme zu erkennen und
       die Welt neu zu gestalten. Zum Beispiel mit neuen Schreibweisen.
       
       ## Entfaltungschancen werden verhindert
       
       Im schlimmsten Fall, und da ist das Wort „dumm“ äußerst relevant, ist das
       Schulsystem selbst an Abwertung beteiligt. Klassenbackground und
       Migrationsgeschichte waren die Top 2, nach denen bei uns der
       Empfehlungszeiger auf Haupt-, Realschule und Gymnasium gerichtet wurde.
       Noch so ein Dreiklang.
       
       Später auf dem Gymnasium ging das so weiter, eine Lehrerin erzählte einmal
       stolz, sie habe dafür gesorgt, dass wir durch die Schüler_innen, die ein
       Jahr wiederholen oder auf die Realschule abgehen mussten, nicht „gestört“
       werden. Unser Radar leuchtete sofort so was von Rot und wir haben uns
       ordentlich gefetzt.
       
       Es geht nicht darum, [2][die Idee zu wiederholen, dass Haupt- und
       Realschulen schlecht sind]. Sie werden von Schüler_innen besucht, die nur
       das Beste verdient haben, und sind voller Lehrkräfte, die mit
       Entschiedenheit für ihre Klassen kämpfen. Es geht darum, welche Abwertung
       mit der Hierarchisierung der weiterführenden Schulen einhergeht, wie sie
       Biografien prägt und mit dem bewussten Versuch einhergeht,
       Entfaltungschancen zu verhindern.
       
       ## Jungs mit Migrationsgeschichte werden problematisiert
       
       Selbst in Kitas ist die selektierende Vorprogrammierung im Sprechen über
       Kinder in vollem Gange. Insbesondere Jungen mit Migrationsgeschichte, die
       Leitungsqualitäten zeigen, werden sofort problematisiert. „Du musst nicht
       immer Erster sein“, heißt es dann. Schon ein harter Spruch angesichts der
       Tatsache, dass Benachteiligung entlang von Rassismus in [3][Monitorings]
       immer wieder sichtbar wird.
       
       Zur „Integrität“ von Grammatik demnächst mehr. Über die „Integrität“, die
       uns als Gesellschaft mit dem Einsortieren von Kindern via Noten und einem
       gegliederten Schulsystem verloren geht, sprechen wir in jedem Fall viel zu
       wenig.
       
       17 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
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