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       # taz.de -- Das Parlament in Spanien tritt zusammen: Ein Schritt Richtung Regierung
       
       > Pedro Sánchez möchte mit seiner bisherigen Linkskoalition Spaniens
       > Ministerpräsident bleiben. Die erste Hürde auf dem Weg dahin hat er nun
       > genommen.
       
   IMG Bild: Pedro Sánchez freut sich über die guten Aussichten: Aber „kostenlos“ wird es nicht, sagt er
       
       Madrid taz | Obwohl die sozialistische Partei (PSOE) in Spanien bei den
       Parlamentswahlen am 23. Juli nur zweite Kraft hinter der konservative
       Partido Popular (PP) wurde, wird die neue Parlamentspräsidentin eine
       Sozialistin, Francina Armengol. Der Grund: Zusammen mit PSOE und der linken
       Partei Sumar stimmten kleinere Kräfte aus dem Baskenland und Katalonien für
       sie am Donnerstag, als das Unterhaus, der Kongress, zum ersten Mal nach der
       Wahl zusammentrat.
       
       Die kleinen Parteien aus Nordspanien brachten damit ihre Ablehnung
       gegenüber der Politik der PP zum Ausdruck. Die Konservativen unter Alberto
       Núñez Feijóo hatten bereits vor der Wahl angekündigt, eine
       Regierungskoalition mit der rechtsextremen VOX anzustreben.
       
       Diese regiert seit den Kommunal- und Regionalwahlen Ende Mai [1][in weit
       über 100 Gemeinden und in fünf autonomen Regionen, vergleichbar mit den
       Bundesländern]. Die PP schlug damit die Tür für ein breites Bündnis zu. Im
       Oberhaus, dem Senat, hält PP die absolute Mehrheit. Dort erhielten die
       Konservative den Vorsitz des Präsidiums.
       
       „Die geforderte Mehrheit für den Rückschritt bekam PP doch nicht“,
       bekräftigte Pedro Sánchez, der seit 2018 Ministerpräsident Spaniens ist.
       Jetzt braucht er die gleiche Mehrheit, die am Donnerstag den Sozialisten
       zum Vorsitz beim Parlamentspräsidium verhalf, um seine Wiederwahl im
       Parlament zu sichern und wieder Ministerpräsident zu werden.
       
       ## Amnestie für das Unabhängigkeitsreferendum erhofft
       
       „Kostenlos“ wird es nicht. Sánchez, der die bisherigen Verhandlungen mit
       baskischen und vor allem katalanischen Parteien diskret führte, wird
       Zugeständnisse machen müssen. Bereits jetzt sicherte er zu, dass Spanien
       die Anwendung der Regionalsprachen in der Europäischen Union (EU)
       unterstützen wird.
       
       Baskisch, Katalanisch und auch Galicisch sollen auch künftig im spanischen
       Parlament zugelassen werden. Außerdem werden zwei parlamentarische
       Untersuchungsausschüsse eingerichtet: Einer für das Ausspionieren der
       Handys von katalanischen Parteien (ERC und JxCat) mit der Software Pegasus
       und der andere für den islamistischen Anschlag 2017 in Barcelona und die
       Verknüpfung der Täter zu den spanischen Geheimdiensten.
       
       Mit Sánchez verhandeln die in Barcelona regierenden Republikanische Linke
       Kataloniens (ERC) und auch die Partei des im belgischen Exil lebenden
       einstigen katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont (Junts per
       Catalunya, JxCat).
       
       ## Amnestie für Beteiligte
       
       Es gilt als sicher, dass ERC und JxCat für die Wahl von Sánchez zum
       Ministerpräsidenten eine Amnestie für diejenigen verlangen werden, die
       wegen ihrer Beteiligung an der Organisation ein Unabhängigkeitsreferendum
       am 1. Oktober 2017 gerichtlich verfolgt werden – Tausende von Lehrern,
       Direktoren und Hausmeistern, die Wahllokale einrichteten. Auch Puigdemont
       wird von der spanischen Justiz als höchster Verantwortlicher für die
       Volksabstimmung gesucht. Die bereits verurteilten Politiker wurden von der
       Regierung Sánchez [2][in der vergangenen Legislatur begnadigt].
       
       Außerdem werden die Unabhängigkeitsbefürworter einen Dialog verlangen, der
       in einer Volksabstimmung in beiderseitigem Einvernehmen endet. Alles deutet
       darauf hin, dass der im Exil lebende Politiker direkt mit Sánchez
       verhandeln will. Sowohl PSOE als auch PP hatten bisher ein Referendum unter
       Berufung auf die spanische Verfassung abgelehnt.
       
       Nun wird König Felipe VI. Gespräche mit allen Parteien führen und
       anschließend einen Kandidaten als Ministerpräsidenten vorschlagen. In einem
       ersten Anlauf dürfte dies Feijóo sein, denn die PP gewann die Wahlen im
       Juni. Zusammen mit den Abgeordneten von VOX sowie zwei rechten
       Regionalparteien kann Feijóo im besten Fall 172 Abgeordnete auf sich
       vereinen, die absolute Mehrheit liegt bei 176.
       
       In einem zweiten Anlauf wäre dann Sánchez an der Reihe. Sollte es ihm
       gelingen, das Bündnis vom Donnerstag zu erneuern, wäre er mit 178 Stimmen
       alter und neuer Ministerpräsident einer erneuten Koalition aus Sozialisten
       und der linksalternativen Sumar.
       
       17 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Vor-den-Wahlen-in-Spanien/!5945201
   DIR [2] /Spaniens-Konflikt-mit-Separatisten/!5780101
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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