URI: 
       # taz.de -- Verschärfung der Inflation: Klimakrise verteuert Lebensmittel
       
       > Hitze, Dürre und Fluten haben zu höheren Preisen für Orangensaft und
       > Olivenöl geführt. Das Problem droht sich noch zu verschärfen.
       
   IMG Bild: Saftiges Problem: Florida erwartet die schlechteste Orangenernte seit jeher
       
       Chiang Mai/Berlin taz | Der Klimawandel treibt die Lebensmittelpreise hoch.
       So hat sich Orangensaft in den letzten zwölf Monaten um 78 Prozent
       verteuert. Der Grund dafür sind Wetterereignisse, die wegen des
       Klimawandels an Intensität zugenommen haben.
       
       Der für den Orangenanbau wichtige US-Bundesstaat Florida wurde im
       vergangenen Jahr von zwei Hurrikans getroffen und leidet dieses Jahr
       zusammen mit anderen Orangenexporteuren wie Spanien unter einer Hitzewelle,
       [1][die nachweislich mit dem Klimawandel in Verbindung steht]. Florida
       erwartet daher die schlechteste Orangenernte der Geschichte.
       
       Ähnlich ist es bei Zucker. Der [2][Preisindex] für Zucker der
       Welternährungsorganisation ist letztes Jahr wegen Überschwemmungen in
       Indien um über ein Drittel gestiegen und sinkt nun langsam wieder ab. Auch
       Olivenöl ist klimabedingt teurer: Wegen der extremen Dürre in Spanien hat
       sich der Preis seit Anfang des Jahres verdoppelt.
       
       Die Europäische Zentralbank (EZB) hat [3][ausgerechnet], dass die [4][durch
       den Klimawandel begünstigte Hitzewelle im vergangenen Jahr] mit 0,67
       Prozentpunkten zur Inflation der Lebensmittelpreise beigetragen hat. Und
       dieses Jahr sieht die Situation nicht besser aus. Während die
       Inflationsrate in Deutschland im Juli leicht auf 6,2 Prozent gesunken ist,
       lag sie bei Lebensmitteln noch immer bei 11 Prozent. Das Statistische
       Bundesamt schreibt daher: „Die Nahrungsmittel bleiben damit der stärkste
       Preistreiber unter den Güterbereichen.“
       
       ## Investmentbank warnt vor Dürre-Risiko
       
       Hinzu kommt, dass die Erderhitzung seit diesem Jahr noch durch [5][das
       natürliche Wetterphänomen El Niño unterstützt wird]. Dabei verändern sich
       Meeresströmungen im Pazifik, was sich weltweit auf das Klima auswirkt –
       unter anderem dadurch, dass es temporär im Schnitt wärmer ist. In den
       vergangenen Jahren herrschte das meteorologische Gegenstück La Niña, wirkte
       also sogar kühlend, obwohl auch 2022 zu den wärmsten je gemessenen Jahren
       zählte.
       
       Die Kombination aus menschlich verursachter Erderhitzung und El Niño könnte
       auch Folgen für Grundnahrungsmittel haben: Die US-Investmentbank Morgan
       Stanley schätzt, dass in nennenswerten Teilen der Anbaugebiete für Weizen
       (44 Prozent), Reis (43 Prozent) und Mais (32 Prozent) ein hohes Dürrerisiko
       besteht.
       
       Klimaforscher Corey Lesk vom US-amerikanischen Dartmouth College warnt
       deshalb: „Wir bewegen uns derzeit auf ein Klimaregime zu, das wir noch nie
       zuvor gesehen haben“, sagt er. „So gut wie jeden Sommer gibt es jetzt eine
       rekordverdächtige Hitzewelle, und zwar nicht nur in einer Kornkammer,
       sondern in mehreren Kornkammern der Welt.“ Damit könnten also auch
       Grundnahrungsmittel wie Getreide immer stärker betroffen sein.
       
       Aktuell hat der Mensch die Erde gegenüber dem vorindustriellem Niveau schon
       um etwa 1,2 Grad aufgeheizt, vor allem durch die Nutzung fossiler
       Energiequellen. Diese zu beenden ist entsprechend auch der Haupthebel, um
       die Erhitzung des Planeten einzugrenzen. Soll bei 1,5 Grad Stopp sein,
       müssen sich die CO2-Emissionen weltweit bis 2030 ungefähr halbieren, um bis
       2050 die Klimaneutralität zu erreichen. Bislang wächst der Ausstoß im
       globalen Schnitt allerdings weiter an.
       
       Der Einfluss der geopolitischen Lage auf die Preise hat sich nach knapp
       anderthalb Jahren Krieg in der Ukraine indes eher verflüchtigt. Die Preise
       für die meisten Rohstoffe sind wieder auf das Niveau zurückgefallen, auf
       dem sie vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine lagen. Sonnenblumen-
       sowie Rapsöl und Weizen, aber auch Gas, Öl und Kohle sind beispielsweise
       wieder deutlich im Preis gefallen.
       
       22 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Studie-zu-Hitze-auf-der-Nordhalbkugel/!5950755
   DIR [2] https://www.fao.org/worldfoodsituation/foodpricesindex/en/
   DIR [3] https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpwps/ecb.wp2821~f008e5cb9c.en.pdf
   DIR [4] /Extremwetter-in-Grossbritannien/!5867672
   DIR [5] /Klimawandel-und-Wetter/!5953602
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Mihatsch
   DIR Susanne Schwarz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Inflation
   DIR Lebensmittel
   DIR Hunger
   DIR Mensa
   DIR Genuss
   DIR Inflation
   DIR Klimaschutzziele
   DIR Inflation
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Erneuerbare Energien
   DIR Wetterextreme
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Klima-Kampagne in Hochschul-Mensen: Jede Mahlzeit eine moralische Entscheidung
       
       Schleswig-Holsteins Mensen stufen künftig alle Gerichte nach
       Klimafreundlichkeit ein. Damit wird, wer an der falschen Schlange steht,
       zum Klimasünder.
       
   DIR Olivenernte auf Kreta: Rütteln, prasseln und pressen
       
       Unsere Autorin hat auf Kreta bei der Olivenernte mitgeholfen,
       Rüttelmaschinen bedient und den größten Feind der Olivenbauern kennen
       gelernt.
       
   DIR Inflation trifft Arbeitnehmer*innen: Reallöhne gesunken
       
       Die Tarifabschlüsse in der ersten Hälfte 2023 konnten die steigenden Preise
       nicht ausgleichen. Ohne Einmalzahlungen sank die Kaufkraft um fast 2
       Prozent.
       
   DIR Die Finanzwelt und die Klimakrise: EZB ist für mehr Klimaaktivismus
       
       Die Zentralbank warnt: Verzögerungen bei der Transformation führen zu
       höheren Risiken für die Finanzbranche.
       
   DIR Gleicher Preis, aber weniger drin: „Shrinkflation“-Rekord bei Snacks
       
       Die Verbraucherzentrale meldet einen Rekord an Beschwerden: Produkte werden
       immer kleiner, der Preis bleibt gleich oder steigt gar.
       
   DIR Weniger Umsatz bei Regen und Hitze: Eisdielen kämpfen mit Klimawandel
       
       Deutsche Eisverkäufer leiden unter der Erderhitzung: Milde Temperaturen
       wirken sich positiv auf den Verkauf aus, Regen und Hitze bringen Einbrüche.
       
   DIR Deutschland in der Wirtschaftskrise: Konjunktur der Angst
       
       Unternehmen ächzen unter hohen Energiekosten, Bürger:innen unter ihrer
       schwindenden Kaufkraft. Expert:innen sagen: Panik wäre übertrieben.
       
   DIR Klimawandel und Wetter: Das verrückte Wetter
       
       Überall ist es heiß, brennt oder steht alles unter Wasser – nur in
       Deutschland merkt man die Klimakrise nicht. Oder?