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       # taz.de -- Saudi-Arabien tötet Flüchtlinge: Kugelhagel in der saudischen Wüste
       
       > Tausende Menschen flüchten von Afrika nach Saudi-Arabien. Doch dort
       > erschießen und foltern Grenzschützer viele von ihnen, berichtet Human
       > Rights Watch.
       
   IMG Bild: Schwer bewaffnete saudische Grenzschützer (Archivbild)
       
       Kairo taz | „They Fired On Us Like Rain“ lautet der Titel des neuen
       Berichts der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW).
       Saudi-Arabiens Grenzpolizei hat demnach zwischen März 2022 und Juni 2023
       Hunderte Migranten an der Grenze zu Jemen erschossen – mindestens 655, es
       könnten aber auch Tausende sein, sagt die leitende Autorin Nadia Hardmann.
       
       Die meisten sind Äthiopier, die im [1][reichen Ölland Saudi-Arabien] Arbeit
       finden wollten, wo bereits 750.000 ihrer Landsleute leben und arbeiten.
       Laut der UN-Migrationsorganisation IOM machen sich jedes Jahr mehr als
       200.000 Menschen auf den Weg vom bitterarmen Horn von Afrika. Sie vertrauen
       sich Schleppern an, die sie über den Golf von Aden und durch Jemen bis an
       die saudische Grenze bringen, wo sie von einem Kugelhagel empfangen werden.
       Die Betroffenen sind überwiegend aus zwei grenznahen Lagern im Gebiet der
       von Saudi-Arabien [2][bekämpften Huthi-Rebellen in Jemen losgezogen: Thabit
       und Al-Raqw].
       
       „Sie haben immer wieder auf uns gefeuert. Ich habe mich unter einem Felsen
       versteckt und bin eingeschlafen. Als ich aufwachte, dachte ich, die
       Menschen um mich herum schlafen auch, bis ich realisiert habe, dass sie
       alle tot waren. Ich bin alleine aufgewacht“, zitiert der Bericht die
       14-jährige Hamdiya. Andere Zeugen erzählen von Leichen und Körperteilen,
       die sie gesehen haben.
       
       Die Zeugenaussagen sind anonymisiert. In einem Video zum Bericht ließ HRW
       sie nachsprechen. „Wir sind fünf Tage durch die Berge gelaufen, in Gruppen
       von mindestens 300 Menschen. Die meisten waren Frauen. Dann begannen die
       Grenzwächter mit Granatwerfern auf uns zu schießen. Von 300 Menschen in
       unserer Gruppe starben 150“, berichtet dort eine Frau.
       
       ## Schwerwiegende Vorwürfe
       
       Ein 17-Jähriger erzählt: „Als sie das Feuer einstellten, nahmen uns die
       Grenzwächter mit. Wir warten zu siebt: fünf Männer und zwei Mädchen. Die
       Grenzwächter haben uns gezwungen, uns auszuziehen, dann mussten wir vor
       ihren Augen die Frauen vergewaltigen. Die Mädchen waren 15 Jahre alt. Einer
       der Männer weigerte sich und wurde sofort erschossen. Ich habe es getan.
       Ich habe vergewaltigt, um zu überleben. Auch die Mädchen haben überlebt,
       weil sie keinen Widerstand geleistet haben“, erzählt ein 17-Jähriger.
       
       „Wir haben zwischen Januar und Juni dieses Jahres 42 Zeugen interviewt“,
       erklärt [3][Sam Dubberly von HRW] der taz. „Die Menschen waren zum Teil im
       Krankenhaus oder sie waren nicht erreichbar, das hat sehr viel Zeit
       gekostet.“ Man habe 350 Videos und Fotos ausgewertet und 100
       Quadratkilometer Satellitenbilder analysiert, um die Aussagen zu
       verifizieren. „Aber jetzt sind wir damit fertig, jetzt sind wir sicher.“
       
       Aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe fordert HRW nun eine UN-Untersuchung.
       „Wir haben die saudischen Behörden vor der Veröffentlichung des Berichts
       angeschrieben, aber bisher keine Antwort bekommen“, so Dubberly.
       
       21 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wie-sich-Saudi-Arabien-veraendert/!5944095
   DIR [2] /Krieg-im-Jemen/!5928282
   DIR [3] https://www.hrw.org/report/2023/08/21/they-fired-us-rain/saudi-arabian-mass-killings-ethiopian-migrants-yemen-saudi
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim El-Gawhary
       
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