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       # taz.de -- Eurozentrismus-Vorwürfe bei Fußball-WM: Von wegen Außenseiter
       
       > Südafrikas Trainerin Ellis spart nicht mit Kritik: Der Blick auf
       > afrikanische Fußballteams sei voller Vorurteile. Auch die Fifa kriegt ihr
       > Fett weg.
       
   IMG Bild: Gegen die Niederlande hat es für Südafrika nicht gereicht
       
       Was ist eigentlich ein „Underdog“? Und wie oft oder wie sehr spielen bei
       der Antwort auf diese Frage im Rahmen einer WM Eurozentrismus und Arroganz
       eine übergeordnete Rolle? Vor dem Hintergrund nicht nur des deutschen
       Turnierverlaufs halte ich es für angebracht, darüber nachzudenken.
       Südafrikas Trainerin Desiree Ellis war rund um das Achtelfinale gegen die
       Niederlande auf jeden Fall sehr darauf bedacht, eine Gegenperspektive zu
       dem oft sehr weißen Blick auf den Fußball zu bieten.
       
       Ein großer Kritikpunkt vor dem Spiel war ihrerseits das
       [1][Fifa-Ranking-System], bei dem es nur Punkte gibt, wenn man gegen eine
       besser platzierte Nation spielt. „Das Ranking gibt die realen
       Kräfteverhältnisse nicht wieder. Wenn man auf dem afrikanischen Kontinent
       spielt, gibt es nur Nigeria, das höher steht. Wo soll man denn dann Punkte
       holen? In Europa ist es einfacher gegen hoch platzierte Länder zu spielen,
       dann steigt das Punktekonto. Das muss geändert werden, sonst wird der
       afrikanische Kontinent immer unterbewertet sein.“ Ellis hatte im Vorlauf
       der WM auch erklärt, dass es nach dem Gewinn der Afrikameisterschaft
       plötzlich einfacher gewesen sei, Verbände außerhalb Afrikas von für das
       Fifa-Ranking wertvollen Freundschaftsspielen zu überzeugen.
       
       Die Problematik ist klar: Das Ranking ist Basis für die Aufteilung der
       Lostöpfe für die Gruppen-Auslosung und hat damit einen ganz konkreten
       Einfluss darauf, wie vermeintlich leicht oder schwer eine solche Gruppe
       sein wird. Einen nicht unerheblichen Effekt hat das Ranking aber auch auf
       das Ansehen beim internationalen Publikum, das die einzelnen Spielerinnen
       vielleicht nicht gut kennt. Südafrika ging in die WM als 54. der
       Weltrangliste und war – vor Marokko auf Platz 72 – das am
       zweitschlechtesten bewertete Team im Achtelfinale.
       
       Auf den PKs vor dem Spiel gegen die Niederlande fiel in Zusammenhang mit
       den Afrikameisterinnen dann eben mehrmals das Wort „Underdog“. Bondscoach
       Andries Jonker zeigte sich sehr respektvoll, sprach aber auch ungelenk von
       einer „kleinen Nation“ – das wollte Ellis nicht auf sich sitzen lassen:
       „Wir werden nicht zum ersten Mal unterschätzt.“ Und: „Wir wissen, gegen wen
       wir spielen, aber sie wissen es nicht.“
       
       ## Dann passiert das
       
       Gegenüber ausgeschiedenen Nationen wie Brasilien und Deutschland klang der
       Vorwurf der Arroganz durch: „Der Fußball entwickelt sich. Wenn du
       hierherkommst mit dem Gefühl, es verdient zu haben, das Recht darauf zu
       haben, hier zu sein, und nicht deinen Job machst, dann passiert genau das.“
       
       Am Ende musste ihr Team sich den Niederlanden geschlagen geben, eine klare
       Angelegenheit war die Partie aber erst spät durch schwindende Kräfte und
       eine dringend nötige Leistungssteigerung bei Oranje. Bis zur nächsten WM
       brauche es unbedingt [2][eine professionelle Liga] und ernstzunehmende
       Sponsoren, so Ellis mehrmals deutlich. Nicht nur, um den „Underdog“-Status
       loszuwerden.
       
       7 Aug 2023
       
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