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       # taz.de -- WM im Cathy Freeman Park in Sydney: Schallmauer durchbrochen
       
       > Cathy Freeman war die erste Aboriginal Person, die Gold bei den
       > Commonwealth Games gewann. Auch auf ihren Schultern steht das
       > australische Fußballteam.
       
   IMG Bild: Cathy Freeman nach dem Gewinn der Goldmedaille bei Olympia, Sydney 2000
       
       Am Samstag stand ich mit Zehntausenden im Cathy Freeman Park beim Stadium
       Australia und verfolgte das Spiel der Matildas gegen Frankreich. Gesehen
       habe ich gleichzeitig sehr wenig und sehr viel. Das Spiel wurde auf
       mehreren Leinwänden gezeigt, alle über das Gelände verteilt. Trotzdem ragte
       immer irgendein Ast oder auf den Schultern getragenes Kind, ein Hut oder
       ein Kamera-Arm in meine Sicht.
       
       Manche kletterten deshalb sogar auf Bäume. Beim dramatischen Elferschießen
       konnte ich so wenig sehen, dass ich nach den lauten Reaktionen um mich
       herum gehen musste, aber ich möchte das Erlebnis nicht tauschen. Wer ein
       paar [1][Videos aus dem Getümmel] gesehen hat, versteht, warum.
       
       So ein Mitfiebern gibt es nicht oft. Eine Messlatte dafür ist in Australien
       bis heute ebenjene Cathy Freeman, nach der der Park mit der großen Wiese
       benannt ist, in dem die Massen nach dem entscheidenden Elfer von Cortnee
       Vine den ersten Halbfinaleinzug Australiens bei einer WM feierten.
       
       Die Aboriginal-Frau Cathy Freeman ist seit ihrem Goldmedaillengewinn im
       400-Meter-Sprint bei den Olympischen Spielen in Sydney im Jahr 2000 bis
       heute eine Ikone. Die Matildas trafen Freeman vor dem ersten WM-Spiel, sie
       sollte sie inspirieren. Den Medaillengewinn sahen hier damals rund 8,8
       Millionen Menschen im TV. Am Sonntag zeigten die vorläufigen
       Einschaltquoten deutlich: [2][Das Viertelfinale war das größte TV-Event
       seit Freemans Olympia-Gold].
       
       ## Stolen Generations
       
       Freemans Bedeutung ist aber größer als eine Quote, sie war mit 16 die erste
       Aboriginal Person, die Gold bei den Commonwealth Games gewann. Sie sprach
       später öffentlich über den Rassismus, dem sie in ihrem Leben immer wieder
       ausgesetzt war. Ihr bekanntester Erfolg fiel zudem in eine Zeit großer
       politischer Bedeutung.
       
       Im Jahr 2000 gab es landesweit Proteste, 250.000 Menschen liefen in Sydney
       über die Harbour Bridge und forderten eine Entschuldigung der Regierung an
       die Stolen Generations. Das sind die Aboriginal Menschen, die zwischen
       1800er bis 1969 als Kinder in einem rassistischen Verstoß gegen die
       Menschenrechte von der Regierung ihren Familien weggenommen wurden. Karen
       Menzies, die 1983 zur ersten indigenen Matilda wurde, gehört zur Stolen
       Generation, sie erfuhr davon mit 16.
       
       Auch das WM-Jahr 2023 ist von großer Wichtigkeit für die Belange der
       Aboriginal und Torres Strait Islander People, denn zwischen Oktober und
       Dezember wird es ein Referendum geben. In dem potenziellen neuen Kapitel 9
       der australischen Verfassung soll das Schaffen einer Institution geregelt
       werden, durch die Aboriginal und Torres Strait Islander bei der Regierung
       größeres Gehör finden sollen. Die Unterstützer*innen dieses Vorhabens
       tragen Buttons in den Farben der Aboriginal Flagge mit der Aufschrift „Vote
       Yes!“. Im Cathy Freeman Park habe ich zwar die Tore nicht gesehen, aber
       einige dieser Buttons an Trikots und Kappen.
       
       14 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=S6WfmL9GyRw
   DIR [2] https://7news.com.au/sport/fifa-womens-world-cup/matildas-smash-records-to-become-biggest-tv-sports-program-in-a-decade-c-11573024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Annika Becker
       
       ## TAGS
       
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