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       # taz.de -- Spanien triumphiert im WM-Halbfinale: Knuddeln im Nieselregen
       
       > Im Halbfinale überwinden Spaniens Fußballerinnen gegen Schweden viele
       > Widerstände – und machen den ersten Einzug in ein WM-Finale perfekt.
       
   IMG Bild: Ausgelassener Jubel nach dem ersten Tor: Spanien siegt gegen Schweden
       
       Den letzten Ball im neuseeländischen Nieselregen schnappte sich Cata Coll
       mit der Entschlossenheit eines Panthers. Die spanische Torhüterin, beim FC
       Barcelona nur Vertreterin der weiterhin die Nationalelf boykottierenden
       Sandra Paños, stieg hoch in die Luft, um die letzte Flanke abzufangen.
       Sekunden später war erste Einzug Spaniens in ein WM-Endspiel nach dem
       schwer erkämpften 2:1 gegen Schweden perfekt.
       
       Siegtorschützin Olga Carmona sank weinend auf den Rasen im Eden Park von
       Auckland. Dass die mit der Kapitänsbinde betraute Linksverteidigerin von
       Real Madrid ein Halbfinale mit einem Finale furioso entschied, kam selbst
       den Siegerinnen surreal vor. Doch passte der Ball über die ausgestreckte
       Hand der schwedischen Torfrau Zecira Musovic in der 89. Minute genau unter
       die Latte.
       
       „Es ist ein historischer Moment. Wir freuen uns riesig. Wir haben mit
       ganzer Seele gespielt“, sagte Trainer Jorge Vilda nach dem Spiel voller
       Stolz. In der Pressekonferenz stellte der 42-Jährige heraus, „dass wir uns
       nach so vielen Jahren Arbeit im Verband und in den Vereinen belohnt haben“.
       Dass im vergangenen Spätsommer 15 Nationalspielerinnen gegen den Verband
       und Vilda selbst heftige Vorwürfe erhoben und fehlende Professionalität
       beklagten, hat ihn in seinem Ehrgefühl gekränkt. Vielleicht auch deswegen
       jubelt Vilda bei diesem Turnier viel überschwänglicher als früher. Er hat
       nur drei der Rebellinnen für die WM zurückgeholt. „Gänsehaut“ verspüre er
       vor dem Finale, betonte Vilda, der angeblich keine Präferenz hat, ob es
       gegen Australien oder England geht.
       
       Dass auch [1][der ausgedünnte spanische Kader] die WM-Trophäe gewinnen
       kann, ist allerdings kein so großes Wunder. Kaum eine Nation hat so viele
       befähigte Spielerinnen über mehrere Generationen ausgebildet: Die passende
       Mixtur wird fast auf dem Silbertablett serviert. Da sind erfahrene
       Korsettstangen wie Jennifer Hermoso oder Irene Paredes, die eine lange
       Karriere mit vielen Entbehrungen jetzt krönen möchten. Da gibt es
       erstklassige Kreativkräfte wie Aitana Bonmati im besten Alter. Und da
       wachsen tolle Talente wie Salma Paralluelo heran, denen die Zukunft gehört.
       
       ## Ein Frevel
       
       Wie schon im Viertelfinale gegen die Niederlande (2:1 n. V.) traf die
       19-Jährige auch diesmal wieder als Einwechselspielerin (81.). „Ich habe
       ganz große Emotionen. Wir haben eine tolle Mannschaft, die alles kann und
       eine Herausforderung nach der anderen geschafft hat“, sagte die zur
       „Spielerin des Spiels“ gewählte Salma, die in Jugendzeiten auch eine
       hoffnungsvolle Karriere als Leichtathletin verfolgte. Diese
       Himmelsstürmerin im Finale nicht aufzustellen wäre eigentlich ein Frevel.
       
       Gegen den Olympiazweiten Schweden hatte noch einmal Weltfußballerin Alexia
       Putellas den Vorzug erhalten, die in der ersten Stunde eines zähen Ringens
       ohne viele Torraumszenen kaum Akzente setzen konnte. Dass die Starspielerin
       nach nicht einmal einer Stunde für ihre junge Klubkollegin Platz machte,
       war folgerichtig. Erst mit Salmas Tatendrang und Tempo kam die „Selección“
       besser ins Rollen, nachdem zuvor die spielerischen Vorteile wie eine müde
       Welle an der neuseeländischen Küste im Sande verliefen. Doch Salmas satter
       Schuss zum 1:0 entschied die am Ende dramatische Partie vor 43.217
       Augenzeugen noch nicht.
       
       Es sprach für den unbeugsamen Willen und die taktische [2][Disziplin der
       Skandinavierinnen], dass ihr listiger Trainerfuchs Peter Gerhardsson noch
       einen Joker aus dem Ärmel zog. Eine Koproduktion der eingewechselten Lina
       Hurtig als Vorlagengeberin und Rebecka Blomqvist als Vollstreckerin führte
       prompt zum 1:1 (87.). Für die Verlängerung reichte dieser sehenswerte
       Ausgleich jedoch nicht. „Es ist gerade echt schwer. Ich weiß nicht, was ich
       sagen soll“, beschied mit Amanda Ilestedt die mit Abstand beste schwedische
       WM-Spielerin im ZDF.
       
       Während die in der Bundesliga gut bekannte Abwehrspielerin fast verzweifelt
       um die richtigen Worte rang, hatte die ebenfalls lange in Deutschland
       spielende Leistungsträgerin Fridolina Rolfö sich von ihren Teamgefährtinnen
       vom FC Barcelona zu einem Trikottausch überreden lassen, um gemeinsam mit
       den Spanierinnen ein harmonisches Schlussbild zu erzeugen.
       
       Die Schwedinnen müssen schließlich die Enttäuschung schnell aus den
       Kleidern schütteln, um das Spiel um Platz drei am Samstag in Brisbane als
       Versöhnung zu begreifen. Gegen wen auch immer.
       
       15 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Hellmann
       
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