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       # taz.de -- Pionier des grünen Kapitalmarkts: Ökoworld feuert Firmengründer
       
       > Der 76-jährige Vorstandschef Alfred Platow hatte im Mai angekündigt,
       > Strafen von Klimaaktivisten zu zahlen. Das dürfte ein Grund für den
       > Rauswurf sein.
       
   IMG Bild: Der 76-jährige Vorstandsvorsitzende Alfred Platow wird durch ein jüngeres dreiköpfiges Team ersetzt
       
       Freiburg taz | Die Mitteilung des Finanzdienstleisters Ökoworld AG
       [1][liest sich so geschmeidig], wie das in der Börsenwelt übliche Praxis
       ist: Man vollziehe einen „Generationenwechsel“ – was in der Sache
       zweifellos korrekt ist. Der 76-jährige Vorstandsvorsitzende Alfred Platow
       wird durch ein jüngeres dreiköpfiges Team ersetzt. So weit, so
       unspektakulär.
       
       Hinter den Kulissen muss es aber zuletzt hoch hergegangen sein. Das lässt
       sich daraus schließen, dass der Rauswurf des Firmenchefs unvermittelt und
       „mit sofortiger Wirkung“ geschieht. Auch der Dank des
       Aufsichtsratsvorsitzenden an den geschassten Manager fällt reichlich dünn
       aus.
       
       Denn der Rauswurf dürfte zu einem guten Teil mit einer [2][verunglückten
       Aktion des Firmenchefs und Firmengründers von vor drei Monaten]
       zusammenhängen, was sich dann in der unternehmerischen Floskelwelt so
       anhört: Es gebe „unterschiedliche Vorstellungen über die künftige
       Entwicklung des Unternehmens“.
       
       Anfang Mai hatte Platow verkündet, seine Firma komme für die Strafzahlungen
       für Blockierer der Letzten Generation auf. Ökoworld überweise das Geld auf
       das jeweilige Privatkonto gegen Nachweis des Strafzettels und
       Überweisungsbeleges. Damit wolle die Firma „ein Signal senden, wie wichtig
       es ist, für den Klimaschutz aufzustehen, auch wenn man sich dafür hinsetzen
       und festkleben muss“.
       
       ## Spenden an Besetzer von Lützerath
       
       Sympathien für die Klimaschutz- wie auch für die Anti-AKW-Bewegung hatte
       der Vorstandschef wiederholt kundgetan. Den Besetzern von Lützerath zum
       Beispiel spendete Ökoworld zuletzt 50.000 Euro für „Dinge des täglichen
       Bedarfs“, damit die Aktivisten „standhaft bleiben“ können, wie es im
       jüngsten Geschäftsbericht heißt.
       
       Die Zusage, nun auch Strafgelder zu übernehmen, ging dann aber nach hinten
       los. Zwar konnte die Letzte Generation noch kurzfristig triumphieren:
       „Durch diese Zusage fällt eine wichtige Hürde, um sich zukünftig an
       Protesten zu beteiligen“. Kritiker warnten jedoch umgehend, eine solche
       Praxis könne als Anstiftung zu Straftaten gewertet werden.
       
       Sofort [3][übernahm Platow „persönlich die alleinige Verantwortung“ und
       ruderte zurück]: Seine Aussagen seien „in dieser Form nicht angemessen“
       gewesen. Es sei nie seine Intention gewesen, „zu Straftaten anzustiften,
       einen Freibrief für Straftaten auszustellen oder das Gesetz zu
       relativieren“. Daher werde er nun „ausschließlich aus privaten Quellen“
       20.000 Euro in einen Umwelt-Treuhandfonds überweisen.
       
       Doch offenbar war Platow seither angezählt – was umso bemerkenswerter
       ist,als der Mann mit seinen stets etwas verstrubbelten Haaren und seinem
       Vollbart seit Jahrzehnten das weithin bekannte Gesicht von Ökoworld ist.
       Platow gründete das Unternehmen im Jahr 1975 zusammen mit einem Kompagnon
       als „kollektive Versicherungsagentur“, später hieß es Versiko, dann
       Ökoworld. Seit 1999 ist die AG börsennotiert.
       
       ## Umsatz und Gewinn schrumpften zuletzt deutlich
       
       Vermutlich kommt bei dem Rauswurf noch hinzu, dass es zuletzt nicht so gut
       lief für die Firma. Die Volumina der fünf Ökoworld-Investmentfonds sanken
       im Laufe des vergangenen Geschäftsjahres um 22 Prozent, der Aktienkurs des
       Unternehmens fiel in den letzten 12 Monaten um 42 Prozent, auch Umsatz und
       Gewinn schrumpften im Jahr 2022 deutlich.
       
       Ende Juni zur Hauptversammlung hatte Platow die Entwicklung noch mit der
       unternehmenseigenen „außerordentlichen Strenge und Konsequenz der
       Investmentkriterien“ begründet. Man praktiziere eben einen „strikten
       Nachhaltigkeitsansatz“.
       
       Auch wenn dieser „eine zuletzt ungünstige Phase“ durchlebte, weil man zum
       Beispiel bei den Fonds nicht von den Entwicklungen bei Apple oder Microsoft
       profitieren konnte, habe sich dieser Ansatz „langfristig bewährt“. Daher
       werde Ökoworld auch weiterhin an der „strikten ethisch-ökologischen
       Ausrichtung wie auch dem erfolgreichen Management- und Investmentstil“
       festhalten. Das aber wird die Firma nun ohne den bekannten Pionier des
       grünen Kapitalmarkts tun.
       
       7 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.cash-online.de/a/eilmeldung-oekoworld-trennt-sich-von-ceo-alfred-platow-und-etabliert-neue-fuehrungsspitze-656004/
   DIR [2] /Finanzielle-Hilfe-fuer-Letzte-Generation/!5932369
   DIR [3] /Solidaritaet-mit-Letzter-Generation/!5931625
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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