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       # taz.de -- Nach dem Militärputsch in Gabun: Alter Besen soll neu kehren
       
       > Die Militärputschisten bestätigen den bisherigen Chef der Präsidialgarde
       > als neuen Übergangspräsidenten. Die Opposition sieht sich ausgebootet.
       
   IMG Bild: General Oligui lässt sich von seiner jubelnden Truppe als neuer Staatschef in den Himmel heben
       
       Berlin taz | Schon kurz nach dem [1][Putsch] hatte es sich abgezeichnet, am
       Mittwochabend wurde es offiziell: General Brice Oligui Nguema soll Gabun
       führen nach der Absetzung des bisherigen Staatschefs Ali Bongo durch das
       Militär. Die Militärjunta CTRI (Komitee für den Übergang und die
       Wiederherstellung der Institutionen) habe den Chef der Präsidialgarde
       „einstimmig“ zum „Übergangspräsidenten“ gekürt, [2][gab Sprecher Ulrich
       Manfoumbi in der Hauptstadt Libreville bekannt].
       
       „Ich verpflichte mich, die Demokratie durch Wahlen in der Zukunft
       wiederherzustellen“, [3][erklärte Oligui in seiner ersten Stellungnahme]
       als Übergangspräsident. Das CTRI gab bekannt, als Erstes würden die von der
       gestürzten Regierung abgeschalteten Übertragungen ausländischer Medien in
       Gabun wiederhergestellt. Die Bevölkerung möge Ruhe bewahren, während eine
       „neue Ära“ eingeleitet werde. Die nächtliche Ausgangssperre von 18 bis 6
       Uhr bleibt.
       
       Eine weitergehende Regierungsbildung stand zunächst noch aus. Es blieb auch
       unklar, wie lange Oligui „Übergangspräsident“ zu bleiben gedenkt, mit
       welchen Vollmachten und in welcher Beziehung zu anderen politischen
       Akteuren. Während Kader der bisherigen Dauerregierungspartei PDG
       (Gabunische Demokratische Partei) sich beeilten, dem neuen starken Mann zu
       gratulieren, hielt sich die politische Opposition bedeckt.
       
       Das Oppositionsbündnis Alternance 2023 (Wandel 2023), das zu den
       [4][Präsidentschaftswahlen vom 26. August] den Exminister Albert Onda Osso
       als gemeinsamen Kandidaten aufgestellt hatte, wiederholte am Donnerstag,
       Onda sei der wahre Wahlsieger. Die offiziellen Wahlergebnisse, die kurz vor
       dem Putsch am Mittwoch früh verkündet worden waren, hatten ihm 30 Prozent
       der Stimmen gegeben gegen gut 62 Prozent für Ali Bongo. Mit
       Unregelmäßigkeiten bei dieser Wahl hatten die Putschisten am Mittwoch
       morgen die Annullierung der Wahl und die Absetzung Bongos begründet.
       
       ## Oligui und die Familie Bongo
       
       Die Opposition will, dass die Wahl nicht annulliert, sondern mit einem Sieg
       ihres Kandidaten anerkannt wird. „Wir können von den Gabunern, die massiv
       für Onda gestimmt haben, nicht verlangen, aufzugeben“, [5][erklärte ein
       Sprecher des Bündnisses Alternance 2023] am Donnerstag. Er rief die
       Streitkräfte zu „Verantwortung und Patriotismus“ und zu Verhandlungen auf.
       
       Für viele Demokraten in Gabun ist General Oligui eher ein Rückfall in
       düstere Zeiten. Der heute 48-Jährige kommt aus derselben Ethnie und Region
       wie die [6][Familie Bongo] und war einst einer der engsten Mitarbeiter des
       Langzeitherrschers Omar Bongo, der Gabun von 1967 bis zu seinem Tod 2009
       absolut regierte und ausplünderte. Von 2005 bis 2009 war er Omar Bongos
       Adjutant, permanent an seiner Seite.
       
       Als Omar Bongo 2009 starb und sein Sohn Ali Bongo Präsident wurde, wurde
       Oligui kaltgestellt. Er blieb aber geschäftlich aktiv und soll teure
       Immobilien in den USA erworben haben. 2019 holte ihn Ali Bongo als
       Geheimdienstchef der Präsidialgarde zurück. 2020 stieg er zum Kommandanten
       der Präsidialgarde auf.
       
       In der Bongo-Familie hatte Oligui damit zuletzt zahlreiche Feinde: etwa Ali
       Bongos Halbbruder Frédéric Bongo, den er 2019 von seinem Posten verdrängt
       hatte, oder Ali Bongos Sohn Noureddin, der zugleich einen zum Kabinettschef
       des Präsidenten aufgestiegenen Schulfreund Oliguis abgesetzt und selbst
       Chefberater des Präsidenten geworden war.
       
       Noureddin Bongo ist nun das prominenteste Opfer der Verhaftungswelle, mit
       dem Gabuns Putschisten Angehörige der herrschenden Elite überziehen. In der
       Villa von Yann Ngoulou, Noureddine Bongos Kabinettschef, fanden Soldaten
       jetzt umgerechnet 6 Millionen Euro in bar und präsentierten dies vor den
       Kameras. Aber manche fürchten, Oligui könnte sich als die perfekte Figur
       erweisen, um zwar mit der Familie Bongo zu brechen, aber damit das System
       Bongo umso besser bewahren zu können.
       
       31 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Machtuebernahme-in-Gabun/!5957184
   DIR [2] https://twitter.com/Chris_LEG17/status/1697235577551097977
   DIR [3] https://twitter.com/BriceOligui/status/1696845456976888074
   DIR [4] /Afrikanischer-Oelstaat-Gabun/!5955850
   DIR [5] https://twitter.com/lengogha/status/1697239477675319552
   DIR [6] /Putsch-in-Gabun/!5957234
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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