URI: 
       # taz.de -- Extrem-Bergsteigen in Pakistan: Hassans Tod am „Flaschenhals“
       
       > Ein Gepäckträger verunglückt tödlich auf dem K2. Bergsteiger:innen
       > liefen an ihm vorbei. Hätten sie ihn retten können?
       
   IMG Bild: Der K2 im Karakorumgebirge in Kaschmir, der schwierigste Berg unter den Achtausendern
       
       Delhi taz | Mohammed Hassan – das ist der Name des ersten Todesopfers in
       dieser Saison am [1][K2, dem zweithöchsten Berg der Welt], in der
       pakistanischen Provinz Gilgit-Baltistan. Der junge Mann stürzte in der
       Nacht des 27. Juli ab, während sich dutzende Bergsteiger:innen Richtung
       „Flaschenhals“ drängten.
       
       Der „Flaschenhals“ ist ein schmales Couloir – eine Art Korridor zwischen
       Felsvorsprüngen –, das sich etwa 400 Meter unter dem Gipfel befindet und
       von einsturzgefährdeten Türmen aus Gletschereis überragt wird. Auf dem K2
       gilt der „Flaschenhals“ als der wohl gefährlichste Teil des Aufstiegs, auf
       einer Höhe von 8.200 Metern.
       
       Am Tag, als Mohammed Hassan starb, gingen außerdem mehrere Lawinen ab,
       bestätigt Abu Zafar Sadiq, Präsident des pakistanischen Alpenvereins. Nach
       dem Unglück wurden Videos öffentlich, die zeigen, dass Hassan nach seinem
       Absturz zunächst noch lebte. Es sei bedauerlich, dass niemand angehalten
       habe, um dem sterbenden Mann zu helfen, so Sadiq.
       
       [2][Immer wieder verunglücken Bergsteiger:innen und ihre
       Begleiter:innen], Sherpas genannt, sowie deren Gepäckträger:innen
       in Südasien. Meist sorgen die Meldungen kaum für Aufmerksamkeit – anders in
       diesem Fall.
       
       ## Bergsteigerin Harila stellte neuen Weltrekord auf
       
       Denn just an dem Tag, als Hassan verunglückte, stellten der Nepalese Tenjin
       Sherpa und die norwegische Extrembergsteigerin Kristin Harila einen neuen
       Weltrekord auf: Sie erklommen 14 Achttausender (Berge, die über 8.000 Meter
       hoch sind) in 92 Tagen. Harila wird nun vorgeworfen, auf der Jagd nach dem
       K2-Rekord an dem sterbenden Hassan vorbeigewandert zu sein.
       
       Die 37-Jährige verteidigt sich: Ihr Team hätte alles getan, um Hassan zu
       retten, doch die Bedingungen seien zu gefährlich gewesen, um ihn zu
       bewegen. Aufgrund der ausgerufenen Lawinengefahr habe sie den Aufstieg
       fortgesetzt, während Teile ihres Teams zurückblieben, um dem jungen Mann zu
       helfen. Erst nach dem Abstieg habe sie erfahren, dass er gestorben sei.
       
       Das österreichisch-deutsche Kletterduo Wilhelm Steindl und Philip Flämig
       war am 27. Juli ebenfalls auf dem K2, und filmte mit einer Drohne. In einem
       [3][Gespräch mit der österreichischen Zeitung Der Standard] erheben sie
       schwere Vorwürfe gegen Harila. Die Aufnahmen der beiden zeigen einen
       sterbenden Mann, dessen Oberkörper kurz nach Sonnenaufgang von einer Person
       massiert wurde – vermutlich um ihn bei Bewusstsein zu halten. Hassan hatte
       sich an der Spitze der Gruppe befunden, war abgestürzt und hing in einem
       Sicherungsseil fest, erzählen die beiden. Er gehörte nicht zu Harilas Team,
       sondern zu einer anderen Bergsteigergruppe.
       
       Nach dem Unfall sei ein neues Seil an der Absturzstelle angebracht worden,
       so Flämig. Etwa 50 Menschen seien an Hassan vorbeigestiegen, während er um
       sein Leben kämpfte. Laut Fläming habe es etwa eine Dreiviertelstunde
       gedauert, bis der Mann aus dem Seil geborgen worden sei. Er sei dort
       „elendig verreckt“, sagen die beiden, weder Bergsteiger:innen noch
       deren Begleiter:innen hätten versucht, ihnen zu helfen.
       
       ## Hassan war wohl nicht für den Aufstieg qualifiziert
       
       An jenem Unglückstag machten sich rund 200 Personen auf den Weg zum Gipfel,
       trotz des durch die Lawinenwarnung stark eingeschränkten Zeitfensters für
       den Aufstieg. Steindl und Fläming befanden die Aufstiegsbedingungen als zu
       gefährlich, kehrten deshalb ins Basislager zurück.
       
       Für den 27-jährigen Hassan war es die erste und letzte Saison. Er sei für
       den Aufstieg nicht qualifiziert gewesen, erzählen die beiden im Standard.
       Die Firma, bei der er angestellt war, weigere sich außerdem, seiner
       hinterbliebenen Familie dessen Gehalt auszuzahlen. Nach eigenen Angaben
       besuchte das Duo Hassans Familie, übergab ihr eine Geldspende und
       initiierte ein [4][Crowdfunding].
       
       11 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Extrembergsteigerin-wird-heute-50/!5737577
   DIR [2] /Coronakrise-im-Himalaya/!5674153
   DIR [3] https://www.derstandard.de/story/3000000182229/skandal-in-der-todeszone-auf-dem-k2-im-karakorum
   DIR [4] https://www.gofundme.com/f/3-kinder-brauchen-dringend-hilfe
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Natalie Mayroth
       
       ## TAGS
       
   DIR Pakistan
   DIR Bergsteigen
   DIR Himalaya
   DIR Sherpa
   DIR Unglück
   DIR Reiseland Japan
   DIR Kolumne Die Woche
   DIR Indien
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Mount Everest
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Unglück beim Bergsteigen: Olympiasiegerin Laura Dahlmeier ist tot
       
       Die frühere Biathletin verunglückte beim Bergsteigen in Pakistan schwer.
       Starke Winde und schlechte Sichtverhältnisse erschwerten die Bergung.
       
   DIR Bergtourismus in Japan: Stau der Kugelkletterer
       
       An Japans heiligem Berg Fuji-san drängeln sich die Touristen. Manche wollen
       den Massenansturm eindämmen, für andere gehört der Stau am Berg dazu.
       
   DIR Klima, Opern, China: Das Problem heißt Geisterwohnungen
       
       Unsere Kolumnistin findet, dass Tourismus für Reiche dazu gehört. Glaubt
       aber nicht, dass ohne Verzicht die Klimakatastrophe bewältigt werden kann.
       
   DIR Indien schränkt Reis-Ausfuhr ein: Exportverbot mit globalem Risiko
       
       Indien schränkt die Ausfuhr von Reis aus Angst vor Produktionsausfällen
       ein. Besonders in Afrika nimmt die Sorge vor Preisanstiegen deswegen zu.
       
   DIR Alpinist über tauenden Permafrost: „Der Klebstoff geht verloren“
       
       Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Berge aus. Angst vorm Bergsteigen
       braucht man nicht zu haben, sagt Michael Larcher. Er rät, wie man sich vor
       Gefahren schützt.
       
   DIR Mount-Everest-Besteiger Tenzing Norgay: Der gestohlene Triumph
       
       Vor 70 Jahren bestieg Tenzing Norgay Sherpa zusammen mit Edmund Hillary den
       Mount Everest. Doch im Westen wird vor allem Hillary gefeiert.