# taz.de -- Zwischenlager für Atommüll: Aller Müll nach Niedersachsen
> Der Landshuter Landrat plädiert für ein einziges Zwischenlager statt 16.
> Gorleben eigne sich am besten, meint der Politiker der Freien Wähler.
IMG Bild: Das Graffiti an einer Mauer am Erkundungsbergwerk in Gorleben war wohl anders gemeint
Göttingen taz | Mit dem Ende der Atomkraft können sich viele in Bayern
nicht abfinden. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) regte kurz vor
Stilllegung der drei letzten deutschen Meiler im April sogar an, [1][das
bayerische AKW Isar-2 wieder anwerfen und in Eigenregie weiterbetreiben zu
wolle]n. Dabei liegt das gar nicht im Ermessen der Bundesländer.
Gleichzeitig möchte Bayern mit dem Atommüll nichts zu tun haben. Geeignete
Standorte für ein Endlager gebe es im Freistaat nicht, behauptet Söder
regelmäßig. Jetzt lässt der Landshuter Landrat Peter Dreier von den Freien
Wählern mit dem Vorschlag aufhorchen, die [2][16 deutschen Zwischenlager]
für hochradioaktiven Müll aufzulösen und zu zentralisieren. Und zwar im
niedersächsischen Gorleben, wo bereits eines dieser Lager steht.
Der unterirdische Salzstock gleich nebenan wurde jahrzehntelang als
einziger Standort auf seine Tauglichkeit als Endlager untersucht, 2020 flog
er aus dem neu aufgerollten Suchverfahren. Die Endlagersuche werde sich
noch über Jahrzehnte hinziehen, schrieb Dreier an Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD). Ein einziges Zwischenlager sei viel leichter zu überwachen und zu
schützen als 16 über ganz Deutschland verteilte Anlagen.
Dass Gorleben der Standort für dieses eine [3][Zwischenlager] sein soll,
begründet Dreier damit, dass dort bereits eine sogenannte
Pilotkonditionierungsanlage (PKA) errichtet wurde, in deren „heißer Zelle“
beschädigte Castoren repariert werden könnten. Die PKA wurde in den 90er
Jahren für rund 400 Millionen Euro gebaut. Hier sollten probeweise
abgebrannte Brennstäbe aus den großen Castoren in kleinere Behälter
verpackt werden, vorbereitend für die Endlagerung.
## In der Atomfrage nicht auf der Höhe der Zeit
Doch das hätte nur Sinn gemacht, wenn in Gorleben gleichzeitig das
Atommüllendlager eingerichtet worden wäre. Für die PKA bedurfte es also
einer neuen Daseinsberechtigung. Politik und Betreiber erklärten die Fabrik
deshalb zur Service- und Reparaturstation für defekte Castor-Behälter.
Atomgegner bringt das auf die Palme: „Wenn die Behälter unsicher sind,
dürfen sie gar nicht benutzt werden“, erbost sich die Bürgerinitiative (BI)
Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Dreier sei – wie Söder – in der Atomfrage
nicht auf der Höhe der Zeit, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Das „Argument“, in Gorleben gebe es für die Castoren eine
Reparaturmöglichkeit, sei falsch. Die PKA habe nie den „heißen Betrieb“
aufgenommen und solle abgerissen werden, so Ehmke. Dass ihre Tage gezählt
sind, bestätigen inzwischen sowohl Niedersachsens Landesregierung als auch
der Betreiber.
15 Aug 2023
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## AUTOREN
DIR Reimar Paul
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