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       # taz.de -- Krieg gegen die Ukraine: Die leuchtenden Lampen von Lwiw
       
       > Zehn Menschen starben, als Anfang Juli russische Raketen die Stadt in der
       > Westukraine trafen. Wie gehen die Menschen dort damit um?
       
   IMG Bild: Lwiw, Anfang Juli: Russlands Raketen haben ein Trümmerfeld hinterlassen
       
       Lwiw taz | Die Stryiska-Straße in der westukrainischen Stadt Lwiw:
       Bauarbeiter sind immer noch damit beschäftigt, Trümmer und Bauschutt
       wegzuschaffen. Anfang Juli waren hier zwei russische Raketen vom Typ
       „Kalibr“ eingeschlagen. Zehn Leichen waren aus den Überresten der Häuser in
       der dicht bebauten Straße geborgen worden, Dutzende Menschen erlitten
       Verletzungen.
       
       Am Eingang des Hauses haben Anwohner*innen ein kleines Denkmal
       errichtet. Neben den Fotos der Getöteten der russischen Attacke stehen
       viele Blumen, auch kleine Lampen leuchten dort. Das jüngste Opfer Anastasia
       Seniw war 33 Jahre alt. Auch ihre Mutter Miroslawa Sadowa überlebte den
       Angriff nicht. Swetlana Pikh, das älteste Opfer, war 70 Jahre alt.
       
       Olga Dsagania hingegen hat überlebt. Sie ist Ukrainerin, noch zu
       Sowjetzeiten in Russland geboren und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
       nach Lwiw gezogen. Als Krankenschwester ist sie [1][seit Beginn von
       Russlands Angriffskrieg] bereits dreimal mit Kollegen nach Pokrowsk in der
       Region Donezk gefahren, um Verwundeten zu helfen. In der Nacht zum 6. Juli
       [2][traf eine russische Rakete ihr Haus]. Sie reagierte sofort auf die
       Explosion, rannte in den Flur und blieb im Türrahmen stehen.
       
       Besagtes Haus mit 58 Wohnungen wurde 1930 erbaut. Es gehörte zu 16
       viergeschossigen Gebäuden im Stil des frühen Funktionalismus, die dicht
       nebeneinander in einem Halbkreis um einen geschlossenen Innenhof angeordnet
       waren. Hier wohnten hauptsächlich Lehrer und Professoren des Lwiwer
       Polytechnikums. Der Hauptzweck des Gebäudekomplexes bestand darin, den
       Bürger*innen günstige Wohnungen zur Verfügung zu stellen.
       
       ## Der Bürgermeister empörte sich über die Unesco
       
       „Der Innenhof dieses Hauses war für die Bewohner*innen eine echte Oase
       der Entspannung. Dieses gemeinsame Areal trennte das Haus von der Stadt“,
       sagt Tatjana Kasanzewa. Soweit sie wisse, ergänzt die Stadtführerin, seien
       alle hier einander freundschaftlich verbunden gewesen. „Es gab nie
       Konflikte auf dem Hof“. Früher brachte Kasanzewa Tourist*innen hierher,
       um über den architektonischen Baustil des frühen 20. Jahrhunderts zu
       sprechen.
       
       Das zerstörte Gebäude befindet sich in der Nähe der Militärakademie der
       Armee sowie in der sogenannten Pufferzone von Bauten des
       Unesco-Weltkulturerbes. Sie grenzt an die mittelalterlichen Gebäude von
       Lwiw. Die UN-Organisation verurteilte den Angriff. Doch Lwiws Bürgermeister
       Andrij Sadowyj war empört, dass sich in der Erklärung der Unesco kein Wort
       über die russische Armee fand, die auf das Haus geschossen hatte. Unter
       Folie liegen im Hof immer noch Sachen der Bewohner*innen – Möbel,
       beschädigte Kühlschränke und Waschmaschinen, die Rettungskräfte aus den
       Trümmern geholt hatten. Schweres Gerät ist im Einsatz, Kräne, Lastwagen und
       Bagger.
       
       „Hier gibt es noch ein paar Wochen etwas zu tun. Wir arbeiten sorgfältig,
       um die erhaltenen Mauern nicht zu beschädigen. An Stelle der zerstörten
       werden rekonstruierte Wohnungen entstehen“, sagt Mikhail Smus, ein
       Bauunternehmer. Die Behörden von Lwiw haben 40 Bewohner*innen des
       historischen Hauses vorerst umgesiedelt, die plötzlich kein kein Dach mehr
       über dem Kopf hatten. Für sie wurde im nahen Stryisky-Park eine
       Container-Siedlung wieder eröffnet. Diese war einst für Geflüchtete aus dem
       Osten und Süden des Landes errichtet worden.
       
       Aus dem Russischen: Barbara Oertel
       
       14 Aug 2023
       
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