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       # taz.de -- Donald Trump in Georgia angeklagt: Vier Anklagen und ein Ex-Präsident
       
       > In Georgia geht es erneut um Trumps Versuche, die Wahlergebnisse 2020 zu
       > beeinflussen. Doch im südlichen Bundesstaat sind ein paar Dinge anders.
       
   IMG Bild: Staatsanwältin Fani Willis hat Anklage gegen Ex-Präsident Trump und 18 seiner Verbündeten erhoben
       
       Washington/Atlanta dpa | Donald Trump ist im US-Bundesstaat Georgia
       angeklagt – es ist bereits die vierte Anklage wegen einer Straftat gegen
       den ehemaligen Präsidenten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sich mit
       Verbündeten verschworen zu haben, um dort das Wahlergebnis der
       Präsidentenwahl 2020 zu kippen. [1][Eine ähnliche Anklage gegen ihn gibt es
       bereits auf Bundesebene] in der Hauptstadt Washington. Doch die Anklage aus
       dem Südosten des Landes sticht heraus – und zeigt auf eindrückliche Weise,
       wie der Republikaner nach der Wahl die Demokratie ins Wanken brachte.
       
       Neben dem 77-Jährigen sind 18 weitere Personen angeklagt. Darunter bekannte
       Gesichter wie New Yorks einstiger Bürgermeister und [2][Trumps früherer
       Anwalt Rudy Giuliani].
       
       Anders als bei vorherigen Anklagen: Schon vor der Veröffentlichung war live
       im Fernsehen zu sehen, wie einem Richter die entscheidenden Papiere
       vorgelegt werden. TV-Kameras waren dabei, als eine Justizangestellte die
       Papiere durch die Flure des Gerichts trug. Möglich ist, dass bald auch live
       im Fernsehen übertragen wird, wenn Trump und die anderen Beschuldigten zur
       Anklageverlesung erscheinen müssen. In Georgia ist so etwas durchaus
       üblich.
       
       Die Anklageschrift hat fast 100 Seiten. [3][Auch der Name Shaye Moss findet
       sich darin]. Sie bekam im vergangenen Jahr nationale Aufmerksamkeit, als
       sie vor dem Untersuchungsausschuss zur Attacke auf das Kapitol im Kongress
       aussagte. Damals wirkte die junge Frau, als sei sie am Ende ihrer Kräfte.
       „Ich will nirgendwo mehr hingehen. Ich stelle alles infrage“, sagte sie
       völlig aufgelöst. Menschen hätten sie bedroht, ihr den Tod gewünscht. All
       das nur [4][wegen der „Lügen“ rund um die Wahl] und weil sie ihren Job
       gemacht habe.
       
       ## Es gibt eine Tonaufzeichnung vom Anruf
       
       Moss war Wahlhelferin in Georgia bei der Präsidentenwahl 2020. Trumps
       Verbündete behaupteten fälschlicherweise nach der Wahl, dass Helfer wie sie
       Wahlzettel für Trump weggeworfen und gefälschte Zettel für Biden gezählt
       hätten. Dabei gerieten Moss und ihre Mutter ins Visier von Trump-Anhängern,
       weil sie auf einem Video zu sehen waren, das in Umlauf gebracht wurde. Für
       beide Frauen wurden die Lügen über sie zu einem menschlichen Drama. Die
       Verleumdungen von Wahlhelfern sind nun ein Puzzlestück in der Anklage gegen
       Trump und seine Getreuen.
       
       Schlagzeilen machte damals aber vor allem ein Anruf, in dem Trump
       höchstpersönlich seinen republikanischen Parteikollegen – Georgias obersten
       Wahlaufseher, Brad Raffensperger – dazu aufrief, 11.780 Stimmen für ihn „zu
       finden“. Denn Trump hatte in Georgia nur ganz knapp gegen den Demokraten
       Joe Biden verloren.
       
       Es gibt eine Tonaufzeichnung von dem Anruf. Er ist heute berüchtigt und
       steht für Trumps schamlose Versuche, sich eine weitere Amtszeit im Weißen
       Haus zu erschleichen. Doch dieser Anruf ist nicht die einzige Anstrengung,
       die der damalige Präsident und seine Verbündeten der Anklage zufolge
       unternahmen, um in Georgia das Wahlergebnis zu kippen.
       
       Trump und sein Team sollen auch andere Verantwortliche in dem Bundesstaat
       unter Druck gesetzt haben. Dem Republikaner werden ein Komplott mit Dritten
       sowie Falschaussagen über das Wahlergebnis zur Last gelegt.
       
       Trump-Loyalisten sollen sich außerdem fälschlicherweise als Wahlleute
       ausgegeben haben. Die New York Times nennt die Ereignisse in Georgia ein
       Porträt einer amerikanischen Demokratie, die an ihre Grenze gebracht wurde.
       Wie unter einem Brennglas zeigt sich hier, wie weit Trump bereit war, zu
       gehen – und mit welchen Methoden er sich an der Macht festklammerte.
       
       ## Georgia nicht zu unterschätzen
       
       Staatsanwältin [5][Fani Willis aus Fulton County in Georgia ermittelte mehr
       als zwei Jahre lang gegen Trump und seine Verbündeten]. Die Demokratin war
       kurz nach der Präsidentenwahl ins Amt gekommen. Die 52-Jährige wird seitdem
       von Trump heftig angegriffen und beleidigt.
       
       Auf den ersten Blick wirkt eine Anklage auf Bundesstaatenebene im Vergleich
       zu den Verfahren gegen Trump im Bund vielleicht weniger gewichtig – dort
       ist Trump wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs und der Aufbewahrung streng
       geheimer Dokumente in seinem Privatanwesen angeklagt. Doch die Anklage in
       Georgia ist nicht zu unterschätzen.
       
       Fachleuten zufolge könnte es für Trumps Team in Georgia deutlich
       schwieriger sein, das Verfahren maßgeblich zu verzögern. Selbst wenn er es
       schaffen sollte, einen Prozess in die Länge zu ziehen, bis er eines Tages
       möglicherweise selbst wieder im Weißen Haus sitzt, dürfte er die
       Ermittlungen nicht einfach abschütteln können. Denn auf Ebene eines
       Bundesstaats kann er nicht einfach beliebig einen neuen Staatsanwalt
       einsetzen, der die Anklage fallen lässt. Ähnlich sieht es beim Thema
       Begnadigung aus: Im Bund kann ein Präsident zwar Begnadigungen verfügen,
       womöglich auch für sich selbst, in einem Bundesstaat aber nicht.
       
       Die Anklage in Georgia sticht auch heraus, weil mit Trump noch viele
       weitere Verbündete angeklagt sind. Staatsanwältin Willis sagt, sie wolle
       allen 19 gemeinsam den Prozess machen. Das dürfte eine logistische
       Herausforderung werden – und ein großes Spektakel, noch dazu mitten im
       Wahlkampf.
       
       Trumps Anwälte versuchten in den vergangenen Monaten bereits, die
       Ermittlungen in Georgia mit juristischen Kniffen auszubremsen. Dabei zogen
       sie bis vor das oberste Gericht des Bundesstaats – ohne Erfolg. Willis
       machte weiter.
       
       Sollte Trump verurteilt werden, droht ihm wie bei den anderen [6][Anklagen
       eine mehrjährige Haftstrafe]. Und noch eines hat die Anklage in Georgia mit
       den anderen anstehenden Prozessen gemein: Sie ändert nichts daran, dass
       Trump sich wie gehabt für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner
       bewerben kann – und womöglich nach der Wahl 2024 noch einmal ins Weiße Haus
       einzieht.
       
       Trotz der Anklagen ist Trump im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur
       seiner Partei aktuell weiter der Favorit. Seine Anhänger stehen treu zu
       ihm, wie Umfragen belegen. Doch um die Wahl selbst im November kommenden
       Jahres zu gewinnen und dem Demokraten Joe Biden die Wiederwahl zu
       verwehren, müsste er auch Wähler der Mitte überzeugen. Dabei dürften die
       Anklagen, Prozesse und womöglich sogar eine Verurteilung eher ein schwerer
       Ballast sein.
       
       15 Aug 2023
       
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