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       # taz.de -- Spanien gegen England: Das logische WM-Endspiel
       
       > Spanien und England spielen am Sonntag um den WM-Titel. Es sind die
       > Nationen, in denen das Spiel am nachhaltigsten professionalisiert wurde.
       
   IMG Bild: Die englische Nationalspielerin Jessica Carter von Chelsea London gibt die Richtung vor
       
       Sydney taz | Für eine WM, bei der beinahe täglich von gestürzten
       Favoritinnen, geschrumpften Leistungslücken und auftrumpfenden Underdogs zu
       lesen war, ist die Finalpaarung beinahe schon eintönig geraten: England
       gegen Spanien. Westeuropa gegen Westeuropa. Also doch kein australischer
       Außenseiter-Titelgewinn, doch keine Kolumbianerinnen im Finale, doch kein
       Triumphzug Nigerias. Dafür bleiben die finanzielle Ausbeutung und auch die
       sportliche Diskriminierung des Globalen Südens [1][(Stichwort:
       Fifa-Rangliste)] zu dramatisch. England gegen Spanien also. Es mag nicht
       die allererste Wette bei Tippspielen gewesen sein, aber es ist das
       logische, fast zwangsläufige Finale dieses Fußballjahrzehnts.
       
       Triumphiert haben letztlich die beiden Nationen, deren Klubs zuletzt am
       konsequentesten in Frauenfußball und in die eigene Liga investiert haben.
       In England von oben durch eine Art Planwirtschaft der Football Association,
       in Spanien vor allem durch den FC Barcelona und sehr aktivistische,
       widerständige Spielerinnen, die sich ihre Professionalisierung immer wieder
       durch Proteste erkämpften.
       
       Beide haben das Aufschließen Westeuropas zum Profisystem der USA maßgeblich
       vorangetrieben. Innerhalb weniger Jahre wurden ihre Ligen von
       vernachlässigbaren Amateurligen zu den beiden wohl bestfinanzierten Ligen
       der Welt hinter der US-Liga – mit einheimischen Stars, die fast alle in der
       Heimat beschäftigt sind.
       
       Die spanische Startelf ist gewissermaßen ein „Best of Barcelona“, und vor
       allem der hervorragenden Barça-Nachwuchsarbeit ist es zu verdanken, dass
       das spanische Team innerhalb weniger Jahre von der Bedeutungslosigkeit in
       die Weltspitze aufstieg. Dort stehen inzwischen mehrere Generationen von
       Kurzpasskünstlerinnen, die zudem gemeinsam im derzeit vielleicht besten
       Team der Welt spielen. Zufall geht anders.
       
       Die englische [2][Women’s Super League (WSL)] wiederum ist wesentlich
       ausgeglichener und der Motor der europäischen Kommerzialisierung. Wenn ein
       Klub wie der FC Bayern es schafft, Georgia Stanway ins hinterwäldlerische
       Deutschland zu holen, gilt das inzwischen als mittlere Sensation. England
       gegen Spanien, das ist auch Ausweis der verschobenen Plattentektonik in
       Europa.
       
       In Deutschland reibt man sich jetzt verwundert die Augen. Jahrelang hatte
       es hierzulande geheißen: Ja, was in England und Spanien passiere, sei schon
       ganz nett. Aber die Bundesliga sei immer noch die beste Liga Europas, und
       ein so künstlicher Boom stehe doch mindestens auf tönernen Füßen.
       
       Nun, [3][vor dem eigenen Scherbenhaufen], beginnt man verschämt, Maßnahmen
       zu kopieren: Frauenfußball als Lizenzbedingung, Highlightspiele,
       TV-Verträge. Wie groß aber die Lücke ist, lässt sich daran erkennen, dass
       in England vor der WM eine Professionalisierung der zweiten Liga gefordert
       wurde. In Deutschland ist nicht einmal die erste Liga eine Vollprofiliga.
       
       Trotz allem, eine künftige England-Spanien-Dominanz auf Weltebene steht
       wohl nicht an. Keines von beiden Teams spielte durchweg überzeugend;
       England agiert angesichts der paradiesischen WSL-Zustände eher unter seinen
       Möglichkeiten. Die USA werden in die Weltspitze zurückkehren, die
       Japanerinnen haben sich eindrucksvoll zurückgemeldet, und auch Frankreich
       kann einen Titel holen, falls der Verband sich endlich entscheidet, bessere
       Strukturen zu schaffen.
       
       Nur Spanien hat durchaus das Zeug für eine längere Dominanz: Was dieses
       Team, das trotz des verkrusteten Verbands, trotz der streikenden
       Spitzenspielerinnen, [4][trotz des verhassten Jorge Vilda] im Finale steht,
       wohl erreichen könnte, wenn die Bedingungen nur ein bisschen gut wären?
       
       19 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.fifa.com/de/fifa-world-ranking/women?dateId=ranking_20230609
   DIR [2] /Womens-Super-League-in-England/!5657922
   DIR [3] /Deutsches-Ausscheiden-bei-der-WM/!5944198
   DIR [4] /Spanien-steht-im-Halbfinale/!5949853
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
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