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       # taz.de -- Đoković, Alcaraz und der Rest: Die sollen das große Tennis sein?
       
       > Die Werbung rund um die US Open suggeriert, es gebe nur noch zwei Stars:
       > Altmeister Đoković und den Neuen Alcaraz. Tennis können aber auch andere.
       
   IMG Bild: Schon im Wimbledon-Finale beinah auf Tuchfühlung: Carlos Alcaraz und Novak Đoković im Juli 2023
       
       Es war vor drei Wochen nach dem Finale von Cincinnati, einem der großen
       Masters-Turniere auf der Tennis-Tour, als sich der Administrator des
       offiziellen Twitter-Kanals der US Open etwas leichtfertig und unter dem
       Eindruck eines sagenhaften Endspiels zwischen Carlos Alcaraz und Novak
       Đoković zu einem Tweet hinreißen ließ. „Wir sehen uns hoffentlich im Finale
       von New York wieder.“ So stand es da.
       
       Der Tweet wurde tausendfach gelikt. Denn auch die Tennis-Bubble will dieses
       Match um jeden Preis noch einmal sehen. Am liebsten natürlich im Finale der
       Unites States Open, dem letzten der vier Grand-Slam-Turniere, das gerade in
       New York in die zweite Woche geht.
       
       Man wird in diesen Tagen das Gefühl nicht los, dass sich im Welttennis
       alles nur noch um das Duell Alcaraz gegen Đoković dreht. Die großen Banner
       auf den Zuwegen zur Anlage sind mit übergroßen Porträtbildern der beiden
       Tennisprofis bedruckt. Die amerikanischen TV-Kommentatoren ziehen bei jeder
       Gelegenheit Vergleiche zum Duo, selbst wenn die Nummer 1 und 2 der
       Männer-Weltrangliste mal gerade nicht spielen.
       
       Wer wird denn überhaupt eine Chance haben gegen Alcaraz und Đoković auf dem
       Weg durch ein langes Turnier, in dem sich der Spanier und der Serbe ja
       sowieso im Endspiel wieder treffen werden? Vorher können sich die beiden
       besten Spieler der Welt tatsächlich nicht auf dem Platz begegnen. Die
       Setzliste in New York wollte es so.
       
       ## Hype um das Generationenduell
       
       Der Hype um das Generationenduell [1][hatte seinen Ursprung in Wimbledon].
       Im Juli lieferten sie sich beim Rasenklassiker an der Church Road ein
       sagenhaftes Match. Das Endspiel wurde – natürlich – erst im fünften Satz
       entschieden. Es dauerte fünf Stunden. Alcaraz, der 20-jährige Super-Athlet,
       feierte am Ende seinen bisher größten Sieg. Er hat zwar schon die US Open
       2021 gewinnen können, im vergangenen Jahr war Đoković in New York wegen
       seines Impfstatus und einer damaligen Einreisesperre nicht dabei. Der Titel
       war also nur die Hälfte wert.
       
       Jetzt, in Wimbledon, hatte er den Dauersieger aber bezwungen. Viele sahen
       darin eine Zeitenwende im Herren-Tennis. Aber Đoković schaltete nur wenige
       Wochen später in Cincinnati wieder in den Beast-Modus und gewann die
       Revanche. Dabei wehrte er sogar Matchbälle ab. In beiden Matches spielten
       Alcaraz und Đoković Tennis wie vom anderen Stern. Es gab aberwitzige
       Ballwechsel fast im Minutentakt. Die Kontrahenten trieben sich gegenseitig
       zu Höchstleistungen an. Das war natürlich unterhaltend. Und am liebsten
       möchte man immer diese Art Tennis auch als Fan sehen. Insofern kann man
       diejenigen, die jetzt darauf hoffen, dass das Duell auch in New York
       gewissermaßen das einzige logische Finale am Ende des Turniers sein wird,
       auch verstehen.
       
       ## „Bisschen respektlos“
       
       Was aber auch richtig ist: Die restlichen Spieler der Männer-Konkurrenz
       können eben auch Tennis spielen. [2][Alexander Zverev], Deutschlands bester
       Tennisspieler, der aus gesunder eigener Einschätzung immer selbst zum
       Favoritenkreis bei den Grand-Slam-Turnieren zählt, kann schon verstehen,
       dass der Hype um Alcaraz und Đoković groß ist. „Sie haben sich den Status
       irgendwie auch verdient durch die tollen Matches.“ Andererseits sei es eben
       doch auch ein bisschen respektlos – den anderen gegenüber. Zverev verwies
       Anfang der Woche [3][auf Spieler wie Daniil Medwedew], der auch schon mal
       die US Open gewinnen konnte. Oder den jungen talentierten Italiener Jannik
       Sinner. Und klar, auf sich selbst natürlich auch.
       
       Zverev hat noch eine andere Erklärung für die Zuspitzung auf Alcaraz und
       Đoković: „Es ist von den Medien schon immer auch etwas gewollt, sich auf
       diese Sachen zu stürzen.“ Man wolle eben immer eine Rivalität haben. Früher
       war es die zwischen Nadal und Federer. Jetzt eben die zwischen Đoković und
       Alcaraz. Er sei lange im Geschäft dabei, sagte Zverev. Er kenne das. Der
       Deutsche hat am Donnerstag sein Zweitrundenmatch gegen Daniel Altmaier in
       vier Sätzen gewonnen. Alcaraz und Đoković sind in ihren Auslosungshälften
       bisher noch ohne Satzverlust. Ihre Darbietungen waren, wie man in
       Tenniskreisen sagt, „klinisch“. Glatt, sauber, makellos. Aber der
       Tennissport ist zu vielschichtig und kompliziert, als das man jetzt schon
       das Finale bei den US Open vorhersehen kann.
       
       Đoković, der 23-fache Grand-Slam-Sieger, sieht es übrigens ganz ähnlich. In
       New York sagte er diese Woche, dass er zwar gerne wieder Alcaraz im
       Endspiel treffen würde, dass dieser Gedanke aber in gewisser Weise auch
       nicht förderlich sei, dorthin erst mal zu kommen. „Ich mache es wie immer
       und sage zu mir selbst, dass jedes Match zunächst gespielt werden muss.“
       Der alte Meister weiß Bescheid.
       
       1 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Bellstedt
       
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