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       # taz.de -- Militäreinsatz im Kongo: Ein Massaker, viele offene Fragen
       
       > Im Kongo suchen Familien nach Vermissten, in Goma kommt es zu Protesten.
       > Letzte Woche hatte die Armee in der Stadt mindestens 43 Menschen getötet.
       
   IMG Bild: Screenshot aus einem Video, das die Soldaten in Goma zeigen soll
       
       Kampala taz | Mehrere Tage nach einem [1][Massaker an über 40 Menschen] in
       Ostkongos Millionenstadt Goma suchen viele Familien noch nach Angehörigen.
       „Wir sind zum Militärgefängnis und bis zur Leichenhalle gelaufen“,
       [2][berichtet] eine Frau aus Goma im Radio. Sie habe ihren Sohn aber nicht
       finden können. Mittlerweile haben sich hunderte Familien in einem Stadion
       gegenüber dem städtischen Krankenhaus, in dem sich die Leichenhalle
       befindet, eingefunden, um ihre Suchaktionen zu koordinieren. Dort hängen
       Listen aus mit Namen der Toten und Verletzten. In der Stadt kam es am
       Sonntag zu [3][spontanen Protestaktionen].
       
       In der Nacht auf vergangenen Mittwoch hatte die Armee eingegriffen, um eine
       geplante Kundgebung von jugendlichen Milizionären der Sekte der Wazalendo
       (Patrioten) zu unterbinden, die am frühen Morgen gegen die
       UN-Friedensmission im Kongo protestieren wollte. Zuvor war die Gruppe gegen
       einen Polizisten vorgegangen, der später an seinen Verletzungen starb.
       
       Bei dem Armeeeinsatz wurden laut Regierungsangaben von Freitag 43 Menschen
       erschossen und über 50 verletzt, 158 wurden festgenommen. Unter den Toten
       ist auch ein Kleinkind, das von einer Kugel in den Bauch getroffen wurde.
       Nichtstaatlichen Quellen zufolge könnte die Zahl der Getöteten deutlich
       höher liegen.
       
       Was genau in den frühen Morgenstunden in dem Armenviertel am Stadtrand von
       Goma geschah, ist ungeklärt. Doch mittlerweile zirkulieren heimlich
       gefilmte Handy-Videos, die offenbar von Anwohnern aufgenommen wurden. Eines
       zeigt, dass Soldaten mit Sturmgewehren in die Menschenmenge schossen; in
       den Reihen der Jugendlichen sind keine Waffen sichtbar. Auf einem anderen
       Video sieht man Leichen und Schwerverletzte zwischen Holzhütten im Gebüsch
       liegen. Soldaten stiefeln durch die Leichenberge, um zu prüfen, wer noch
       lebt. Einige Jugendliche seien sogar auf der Flucht oder in Verstecken
       erschossen worden, meldeten Anwohner gegenüber dem [4][UN-Sender Radio
       Okapi]. Von einem regelrechten Massaker ist die Rede.
       
       Befehle „von oben“ 
       
       Während am Samstag die Festgenommenen dem Militärrichter vorgeführt wurden,
       verlangen zahlreiche nationale und internationale
       Menschenrechtsorganisationen Aufklärung. Kongos Armee ist bekannt für ihre
       Missachtung von Menschenrechten. Die Frage wird laut, wer den Einsatz
       angeordnet und befohlen hat. Nach taz-Informationen war in jener Nacht eine
       Spezialeinheit der Präsidentengarde zum Einsatzort geschickt worden. Kurz
       zuvor war diese in Israel an Taktiken der Aufstandsbekämpfung im Kampf
       gegen den Terror trainiert worden.
       
       Der Kommandant der Einheit, Oberst Mike Mikombe, sagte dem Magazin Jeune
       Afrique, er habe die Befehle von „oben“ erhalten. Laut dem Magazin hatte
       der Oberst vor dem Einsatz sowohl mit Militärgouverneur General Constant
       Ndima als auch mit dessen Vorgesetztem, Generalmajor Ephraim Kabi, in
       Kongos Hauptstadt Kinshasa telefoniert.
       
       In einem internen Operationsbericht der Armee, den lokale Journalisten
       zitieren, bezeichnete die Armeeführung die Wazalendo-Jugendlichen als
       „Hilfstruppe“ der von Ruanda unterstützten Rebellen der M23 (Bewegung des
       23. März). Die M23-Miliz hatte vergangenes Jahr weite Teile der Provinz
       nördlich von Goma erobert und mehrfach gedroht, auch die Millionenstadt
       einzunehmen.
       
       Am Samstag ist eine Delegation aus Kinshasa in Goma eingetroffen. Mit an
       Bord waren Kongos Verteidigungsminister, der Justizminister sowie der
       Minister für Menschenrechte. Sie sollen nun Licht ins Dunkel bringen, was
       genau in jener Nacht geschah.
       
       3 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Tote-bei-Armeeeinsatz-im-Kongo/!5957472
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?si=IonD2duvtE3mbfPc&v=VTxWrF1EP_M&feature=youtu.be
   DIR [3] https://twitter.com/Katsuva_R/status/1698273434747240694?t=vrLnuIVcjQOVKz8DJXnTFw&s=03
   DIR [4] https://www.radiookapi.net/2023/09/02/actualite/securite/tuerie-de-goma-certains-jeunes-ont-ete-tires-de-leurs-parcelles-avant
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
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