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       # taz.de -- Offensivstarker VfB Stuttgart: Leichtfüßiges Spektakel
       
       > Im Derby verteidigen die Freiburger nicht bundesligareif. Der VfB
       > Stuttgart freut sich über fünf Treffer und den Verbleib seines Stürmers
       > Guirassy.
       
   IMG Bild: In bester Laune: Chris Führich (l.) bejubelt mit Woo-yeong Jeong seinen Führungstreffer
       
       Man hat dem Umfeld des VfB Stuttgart häufiger überzogene Ansprüche
       vorgeworfen. Doch die Freude über das 5:0 im badisch-schwäbischen Duell
       gegen den SC Freiburg, das zweite 5:0 im zweiten Heimspiel, die blieb
       absolut im Rahmen. „Die Nummer eins im Land sind wir“, sang die Cannstatter
       Kurve zwar, meinte dabei aber eindeutig das Bundesland, also das „Ländle“.
       Dass der nach dem peinlichen Auftritt der eigenen Mannschaft demoralisierte
       Freiburger Anhang, der bald ein paar Europa-League-Spiele sehen darf, noch
       einen mitbekam, gehört zur Folklore in ethnologisch aufgeladenen Duellen:
       „In Europa kennt euch keine Sau.“
       
       Dabei war das Problem des Sportclubs am Samstag nun wirklich nicht die
       europäische Perspektive. Denn was das Team, das die ersten beiden
       Saisonspiele gegen Hoffenheim und Bremen noch gewonnen hatte, in Stuttgart
       ablieferte, hatte in 80 von 90 Minuten nicht einmal Bundesliganiveau.
       Freiburg verlor nach ordentlichem Beginn fast alle entscheidenden
       Zweikämpfe und schien sich nach dem frühen 0:3-Rückstand nach nicht einmal
       20 Minuten nicht entscheiden zu können, ob es eine Aufholjagd anvisieren
       [1][oder noch Schlimmeres] verhindern wollte.
       
       Die Folge war ein einseitiges, fast demütigendes Spiel, in dem Stuttgart
       alle Räume bekam, um ein leichtfüßiges und effizientes Angriffsspiel
       aufzuziehen. „Der Gipfel der Nicht-Kommunikation war das 3:0“, ärgerte sich
       SC-Trainer Christian Streich: „Das sah aus wie zehn gegen null, ohne
       Gegenspieler.“ Die Länderspielpause komme nun zur Unzeit: „Wir müssten uns
       jetzt eingraben, schonungslos analysieren und ganz hart trainieren.“
       
       [2][Eine Spitzenmannschaft, wie in manchen Gazetten behauptet,] sei sein
       Team sowieso nicht. „Da lache ich mich tot.“ In den vergangenen Jahren habe
       es für den SC immer nur eine Richtung gegeben: „Immer den Berg rauf.“
       Intern habe man aber immer gewusst, woran man sei. Also offenbar eher im
       Mittelgebirge. Dass das Abwehrverhalten beim vierten und fünften
       Gegentreffer durch Enzo Millot nicht besser ausfiel, dürfte Streichs Laune
       dann auch nicht verbessert haben.
       
       ## Alleskönner im Strafraum
       
       Bestens aufgelegt war hingegen Stuttgarts Sportdirektor Fabian Wohlgemuth,
       der höflich behauptete, das Ergebnis sei vielleicht einen Tick zu hoch.
       Dabei hätte es noch deutlicher ausfallen können als 5:0 nach den beiden
       Toren von Serhou Guirassy (17./19.) und Chris Führich (8./62.) sowie Enzo
       Millot (75.). Guirassy hat nun schon fünf Saisontreffer auf dem Konto und
       so richtig können sie es beim VfB immer noch nicht fassen, dass
       ausgerechnet ihr wichtigster Mann in diesem Sommer nicht den Verein
       verlassen hat.
       
       Glaubt man den Beteuerungen von Sportdirektor Fabian Wohlgemuth und Trainer
       Sebastian Hoeneß, hat es in den Tagen vor Ablauf der Transferfrist nicht
       einmal ernsthafte Anfragen, beispielsweise aus der Premier League, gegeben.
       Was erstaunlich ist, schließlich suchen ja angeblich ein paar Dutzend
       Spitzenvereine den Typus Guirassy, der im Strafraum alles kann und darüber
       hinaus auch mitspielender, vergleichsweise mannschaftsdienlicher
       Zeitgenosse ist.
       
       Im Gegensatz zu den Führungsspielern Wataru Endo, Konstantinos Mavropanos
       und Borna Sosa, die allesamt in den vergangenen drei Wochen ins Ausland
       wechselten, ist der Franzose aber immer noch da. „Darüber habe ich mich vor
       sechs Wochen gefreut, vor vier auch, und jetzt freue ich mich immer noch“,
       sagte Wohlgemuth, der die Hochstimmung beim eigenen Anhang originell
       einordnete: „Wenn man zu unseren Spielen kommt, kann man sicher sein, dass
       man viele Tore sieht.“
       
       Die beiden hohen Heimsiege und die 1:5-Niederlage bei RB-Leipzig bescheren
       dem VfB nach drei Spielen das unorthodoxe Torverhältnis von 11:5.
       
       Und selbst wenn eines davon (nach einem Lapsus in Leipzig) auf das Konto
       von Alexander Nübel geht – der neue Keeper ist für den Stuttgarter
       Höhenflug mindestens genauso wichtig wie die spektakuläre
       Offensivabteilung. Sicher bei Flanken, gut im Stellungsspiel und
       zuverlässig auf der Linie – [3][der VfB hat nach zwei fürs wohlgesonnene
       Publikum nervenaufreibenden Jahren] endlich einen Torwart, der die
       Defensive stabilisiert und auf den er sich verlassen kann. Es deutet also
       einiges darauf hin, dass dem „richtig guten Saisonstart“, den Trainer
       Hoeneß bilanzierte, nicht zwangsläufig 31 miserable Stuttgarter Spiele
       folgen werden.
       
       3 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Ruf
       
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