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       # taz.de -- Haushaltswoche im Bundestag: Die Bremse ist gedrückt
       
       > Die Ampelregierung präsentiert ihren Haushaltsentwurf für 2024: Ausgaben
       > sinken, die Schuldenbremse funktioniert. Selbst die Union ist fast
       > zufrieden.
       
   IMG Bild: Mit dem Zweiten: Kanzler Scholz musste den Start der Haushaltswoche mit Augenklappe verfolgen
       
       BERLIN taz | Zu den heiklen Aufgaben der Opposition gehört es, eine
       Regierungspolitik zu kritisieren, die man gar nicht schlecht findet. In der
       Debatte [1][über den Bundeshaushalt 2024] wählte Mathias Middelberg,
       Vizechef der CDU-CSU-Fraktion, diesen Weg: Er lobte Bundesfinanzminister
       Christian Lindner (FDP) für seine Finanzpolitik, erklärte aber
       gleichzeitig, SPD und Grüne trügen sie nicht mit. „Christian allein zu
       Haus“, fasste Middelberg am Dienstagvormittag im Bundestag zusammen.
       
       Tatsächlich entspricht der Entwurf des Etats der Ampelregierung aus SPD,
       Grünen und FDP für das kommende Jahr über weite Strecken dem, was die Union
       selbst traditionell fordert. [2][Die Schuldenbremse] wird eingehalten, die
       Ausgaben werden verringert, selbst einige Sozialausgaben gekürzt. Und
       Steuererhöhungen soll es nicht geben.
       
       446 Milliarden Euro soll der Bundeshaushalt 2024 umfassen, den der
       Bundestag nun in den nächsten Monaten beraten wird. Das sind 30 Milliarden
       Euro weniger als dieses Jahr. Die Neuverschuldung soll von 46 Milliarden
       Euro (2023) auf 16 Milliarden Euro (2024) zurückgehen. Damit würde zum
       zweiten Mal nach der Corona-pandemie und trotz des russischen Angriffs auf
       die Ukraine die Schuldengrenze im Grundgesetz eingehalten. [3][Laut
       Finanzplan der Regierung] könnte es bis 2027 auch so weitergehen.
       
       Alles in Ordnung also? Nein, Middelberg bemängelte, die Angeordneten der
       SPD und der Grünen hätten zum Vortrag des Bundesfinanzministers nicht genug
       geklatscht. Sozialdemokraten und Grüne wollten immer nur mehr Schulden
       machen, sagte der CDU-Politiker – und die FDP habe Mühe, ihren Sparkurs
       durchzusetzen.
       
       ## Von aufgestapelten StaatssekretärInnen und Bonsais
       
       Einige konkrete Kritikpunkte formulierte Middelberg aber auch. Die Ampel
       baue die Bürokratie nicht ab, sondern aus. 1.700 neue Ministeriumsstellen
       seien eingerichtet worden. Wollten alle 37 [4][Parlamentarischen
       StaatssekretärInnen] der Koalition auf der Regierungsbank im Bundestag
       Platz nehmen, müsse man sie stapeln, weil die Sitze nicht ausreichten,
       polemisierte der Christdemokrat. Außerdem komme die Digitalisierung nicht
       voran, und die Steuererleichterungen für Unternehmen in Lindners
       Wachstumsgesetz seien nur eine „Bonsai-Variante“.
       
       An der Kritik stimmt, dass die Ampel heftig gestritten hatte, bevor sie
       ihren Haushaltsentwurf beschloss. So plädierte Wirtschaftsminister Robert
       Habeck (Grüne) für neue Subventionen zugunsten von Industrieunternehmen, um
       deren Stromkosten zu verringern. Weil Habeck dafür zusätzliche Kredite
       einplanen wollte, bremste Lindner ihn aus. Viele Ressorts protestierten
       gegen Kürzungen bei ihnen, etwa das Auswärtige Amt und das
       Entwicklungsministerium.
       
       Grundsätzlich unterstützte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seinen
       Finanzminister jedoch – sowohl beim Nein zu den [5][Stromsubventionen] als
       auch bei den Kürzungen und der Schuldenbremse. So handelt es sich nun um
       den gemeinsamen Haushaltsentwurf der Koalition.
       
       ## Ungefähr 100 Milliarden Investionen
       
       Die haushaltspolitischen Sprecher von SPD und Grünen, Dennis Rohde und
       Sven-Christian Kindler, stimmten dem Finanzplan in der Bundestagsdebatte
       brav zu und „freuten“ sich auf die folgenden Diskussionen in den
       Ausschüssen. An den Grundlinien werden diese aber nichts ändern. Meistens
       schieben die Abgeordneten nur ein paar Milliarden Euro hin oder her.
       
       Lindner betonte, Sparsamkeit sei jetzt angesagt, unter anderem, weil sich
       die Kosten der Verschuldung im Haushalt im Vergleich zu 2021 verzehnfacht
       hätten. In der Tat lagen diese vor zwei Jahren bei knapp 4 Milliarden Euro,
       jetzt bei 39 Milliarden Euro. Die Inflation und die Zinserhöhungen der
       Europäische Zentralbank lassen grüßen. Je mehr Geld der Bund für Zinsen und
       Tilgung ausgeben muss, desto weniger Mittel stehen aktuell zur Verfügung.
       
       Auf die Kritik, die Ampel spare nun zu viel und investiere zu wenig in die
       Zukunft, entgegnete der Bundesfinanzminister, die Investitionsquote liege
       2024 selbst im Kernhaushalt über dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Das
       stimmt, wenngleich sie im Vergleich zu 2023 deutlich sinkt.
       
       Zu den Investitionen im Kernhaushalt kommen allerdings noch die Ausgaben
       des Klima- und Transformationsfonds hinzu. Das ist ein zweckgebundenes
       Sondervermögen, mit dem unter anderem Investitionen in Klimaneutralität und
       Industrieansiedlungen finanziert werden. Sowohl Lindner als auch Rohde und
       Kindler argumentierten deshalb, die Investitionen 2024 beliefen sich
       insgesamt auf ungefähr 100 Milliarden Euro.
       
       5 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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