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       # taz.de -- Haushaltsverhandlungen in Berlin: Es quietscht weiter
       
       > Nach der Haushaltssperre in Friedrichshain-Kreuzberg zeichnen sich auch
       > in Neukölln Finanzierungsprobleme ab. Grüne mahnen Finanzplan des Senats
       > an.
       
   IMG Bild: Protest gegen Sparmaßnahmen im sozialen Bereich in Neukölln
       
       Friedrichshain-Kreuzberg ist nicht der einzige Bezirk, für den es
       finanziell gerade sehr knapp wird. Dessen Bezirksbürgermeisterin Clara
       Herrmann (Grüne) hatte am Dienstag eine Haushaltssperre verhängt. Auch das
       Bezirksamt von Neukölln prüft nach eigenen Angaben aktuell, wie sich die
       Einnahmen und Ausgaben bis Ende des Jahres entwickeln werden.
       
       [1][Angesichts des kommenden, noch nicht beschlossenen Haushalts] und auch
       „angesichts der Ausgabensteigerungen“ sei eine Haushaltssperre in Neukölln
       „sowohl für das laufende Haushaltsjahr als auch mit Inkrafttreten des neuen
       Haushalts 2024/2025“ eine „konkrete Option“, teilte der Sprecher des
       Bezirks auf Nachfrage der taz mit. Eine Entscheidung sei noch nicht
       gefallen. Aber: „Wir müssen verhindern, dass wir mit einem Defizit ins neue
       Haushaltsjahr starten“, heißt es.
       
       Neben Friedrichshain-Kreuzberg hatten bereits im Juni die Bezirke
       Marzahn-Hellersdorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und [2][Mitte]
       Haushaltssperren verhängt. Sie sind für [3][Bezirke das letzte Mittel],
       wenn absehbar ist, dass sie auf ein Minus zusteuern. Damit sollen Ausgaben
       begrenzt werden, um doch noch auf einen ausgeglichenen Haushalt
       hinzuwirken. Konkret bedeutet es, dass ein Bezirk keine neuen finanziellen
       Verpflichtungen eingehen kann. Laufende Aufgaben und Verträge und die
       Finanzierung von Regelaufgaben bleiben davon unberührt, auch Bauvorhaben
       laufen weiter. Es ist kein Beschluss der BVV nötig.
       
       Allerdings ist die Wirkung von Haushaltssperren begrenzt: Nach
       [4][Einschätzung des kommunalpolitischen Forums] blieben der Erfahrung nach
       bei Haushaltssperren etwa 1 Prozent der Ausgaben „ungetätigt“. Welche
       Maßnahmen und Dienstleistungen in Friedrichshain-Kreuzberg konkret
       betroffen seien, müsse nun durch die Ämter und Serviceeinheiten in eigener
       Verantwortung geprüft werden. Betroffen seien etwa Anschaffungen zur
       Büroausstattung oder Aus- und Fortbildungen, schreibt eine Sprecherin des
       Bezirks auf Nachfrage. Sperren seien dabei auch kein geeignetes Instrument
       der Bezirke, auf die Haushaltsverhandlungen im Abgeordnetenhaus politischen
       Druck aufzubauen, heißt es aus Xhain und Neukölln.
       
       ## 9 Millionen minus
       
       Im Fall von Friedrichshain-Kreuzberg drohen nach einem Schreiben der
       Bezirksbürgermeisterin 9 Millionen minus zum Ende des Jahres. „Herrmann
       hatte uns im Ältestenrat mitgeteilt, dass die Finanzen aus dem Ruder
       laufen“, sagt Frank Vollmert, Fraktionsvorsitzender der SPD in der dortigen
       Bezirksverordnetenversammlung und Mitglied im Haushaltsausschuss.
       
       Jörn Oltmann, grüner Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, sieht
       für seinen Bezirk derzeit keine „haushaltsrechtliche Notwendigkeit“ für
       eine Sperre. Auch sie hätten höhere Ausgaben, teils inflationsbedingt,
       teils wegen steigender Energiekosten. Doch habe das Land den Bezirken dafür
       schon Hilfe zugesichert. Die [5][Haushaltssituation sei in den Bezirken
       sehr unterschiedlich].
       
       „Wenn sich an der Regelfinanzierung nichts strukturell ändert, werden wir
       2026 auch in Tempelhof-Schöneberg mit dem Rücken zur Wand stehen“, sagt
       Oltmann allerdings. „Der Bedarf ist sehr viel größer als das, was zur
       Verfügung steht.“ Den Bezirken sei es dann nicht mehr möglich, neben den
       Regelaufgaben [6][politische Schwerpunkte zu setzen], etwa in
       Verbesserungen bei der Unterbringung von wohnungslosen Menschen.
       
       Währenddessen kritisierte die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dass der
       Senat noch keinen Finanzplan für die kommenden fünf Jahre vorgelegt hätte,
       für Donnerstag aber eine [7][erste Lesung des Haushaltsplans] angesetzt
       habe. „Der Senat möchte mit einem Schuldenhaushalt allen alles versprechen,
       verbraucht alle Ersparnisse“, sagte Bettina Jarasch. Bei einem „derart
       aufgeblähten Haushalt“ müsse der Senat auch über langfristige Folgen
       informieren und „aufzeigen, wie Berlin da wieder rauskommen kann“, sagte
       sie.
       
       6 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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