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       # taz.de -- Frauenfußball im Nahen Osten: Saudische Versprechungen
       
       > Saudi-Arabien und Iran rühmen sich eines historischen Abkommens zur
       > Förderung des Frauenfußballs. Die Absichten sind wohl eher andere.
       
   IMG Bild: Die marokkanische Nationalspielerin und WM-Torschützin Ibtissam Jraïdi kickt in Saudi-Arabien
       
       Es ist eine schlichte Absichtserklärung, aber manche erkennen darin einen
       „historischen Schritt“. Saudi-Arabien und Iran nehmen nach acht Jahren
       Unterbrechung wieder Fußballkontakte auf. Sie wollen gemeinsame Trainer-
       und Schiedsrichterlehrgänge durchführen und, ja, doch, Saudi-Arabien und
       Iran haben tatsächlich angekündigt, gemeinsam den [1][Fußball von Frauen
       und Mädchen] zu fördern.
       
       Das irritiert, gibt es in Saudi-Arabien doch erst seit 2021 ein
       Nationalteam. Und im Iran dürfen Frauen immer noch nicht Stadien betreten,
       in denen Männer kicken. Doch es scheint, dass zumindest Saudi-Arabien auch
       in den Frauenfußball investieren will: [2][Ibtissam Jraïdi], marokkanische
       Spitzenspielerin, kickt bereits hier. Und Monika Staab, deutsche
       Nationaltrainerin Saudi-Arabiens, berichtete jüngst im
       Deutschlandfunk-Podcast [3][„Players“] von Gerüchten, „dass ungefähr vier,
       fünf Weltklassespielerinnen, die auch an der WM teilnehmen, nach
       Saudi-Arabien gehen“.
       
       Doch es gibt auch Rückschläge. Das Ziel, gemeinsam mit Griechenland und
       Ägypten die Fußball-WM 2030 auszurichten, ist zunächst geplatzt. Die Fifa
       verschob das Bewerbungsverfahren erst einmal, was die saudischen Chancen
       eher verschlechtert.
       
       Am saudischen Milliardeninvestment in Weltklassesport ändert das jedoch
       nichts. Es wird die Asiatischen Winterspiele 2029 ausrichten und forderte
       die weltbesten Schachspielerinnen zum Tragen eines Kopftuchs auf. In
       Saudi-Arabien fanden Wrestling- und Profiboxevents statt. Im Dezember gibt
       es hier die Fifa-Klub-WM der Männer, 2027 die Asienmeisterschaft, und ganz
       viel saudisches Geld steckt im europäischen Männerprofifußball. Und dann
       wurden ja noch Stars der Ex-traklasse verpflichtet: Cristiano Ronaldo,
       Benzema, Neymar …
       
       ## Abhängigkeit vom Öl minimieren
       
       Menschenrechtsorganisationen sprechen von Sportswashing: Aufpeppung des
       Ansehens in der Welt, indem man sich ans weltoffene, moderne Image des
       Sports ranwanzt. Doch der englische Politologe [4][James M. Dorsey],
       Experte für nahöstlichen Fußball, vermutet, dass die teure Sportpolitik in
       erster Linie gar nicht dem Wunsch entspringt, „die angeschlagene
       Menschenrechtsbilanz Saudi-Arabiens aufzupolieren“, sondern eher „das
       Bestreben von Kronprinz Mohammed bin Salman, die vom Ölexport abhängige
       Wirtschaft des Königreichs zu diversifizieren“ ausdrückt.
       
       Abkehr vom Öl, Orientierung auf andere Quellen sowohl des Reichtums als
       auch der kulturellen Macht – wozu sowohl das Megaprojekt der futuristischen
       Stadt Neom am Roten Meer als auch die Verpflichtung von Fußballstars zählt.
       Eine Art überdimensioniertes Monaco, so darf man sich das wohl vorstellen.
       Glamour muss her, und das künftige Sprechen über Saudi-Arabien soll doch
       bitte nicht von politischer Verfolgung oder fehlenden Menschenrechten für
       Frauen geprägt sein.
       
       Warum aber ertönt gerade jetzt dieses propagandistische Gepolter über ein
       historisches Abkommen zwischen saudischem und iranischem Fußballverband,
       das in Wirklichkeit kein allzu verpflichtendes Memorandum of Understanding
       ist? So schwer fällt die Antwort nicht: weil diese Machthaber ja nur an
       ihnen nutzender PR interessiert sind. Hauptsache, wohlgefällig die Macht
       genießen. Menschenrechte, zu denen auch das Recht auf Sport gehört, sind
       ihnen egal.
       
       6 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fussballerinnen-in-Saudi-Arabien/!5885718
   DIR [2] /!5947703/
   DIR [3] https://www.deutschlandfunk.de/entwicklungshelferin-monika-staab-was-der-dfb-von-saudi-arabien-lernen-kann-dlf-868f83b5-100.html
   DIR [4] https://www.academia.edu/104246994/A_successful_Saudi_sports_blitz_takes_more_than_money
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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