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       # taz.de -- Flüssiggas für Deutschland: Flutlicht im Urlaubsparadies
       
       > Die LNG-Terminals an Nord- und Ostsee sorgen für Ärger bei Menschen, die
       > dort leben oder Urlaub machen. Lärm und Lichtverschmutzung stören sie.
       
   IMG Bild: Tag und Nacht beleuchtet: die LNG-Terminals vor Deutschlands Küsten
       
       Berlin taz | Beim abendlichen Spaziergang über den Wangerooger Deich
       beobachtete der Urlauber Gunter Heim etwas Unerwartetes. Er beschreibt es
       gegenüber der taz als „brutales Flutlicht“, welches von der „Höegh
       Esperanza“, einem mit Flüssiggas, kurz LNG, beladenen Transportschiff, über
       das dämmrige Wattenmeer auf die Urlaubsinsel hinüberstrahlte.
       
       Die hohe Lichtintensität bestätigt auch die Naturschutz- und
       Forschungsgemeinschaft Mellum-Rat der taz. Das Schiff liegt seit Ende
       vergangenen Jahres am 20 Kilometer entfernten Terminal vor Wilhelmshaven
       und wandelt auf minus 162 Grad heruntergekühltes Erdgas wieder in seine
       Ursprungsform zurück.
       
       Es ist Teil einer ganzen Serie von bereits gebauten oder geplanten
       LNG-Terminals, mit denen die Versorgungssicherheit in Deutschland und den
       Nachbarländern nach dem Wegfall der Gaslieferungen aus Russland
       sichergestellt werden soll. Kritiker bemängeln dagegen eine
       überdimensionierte Planung der Anlagen. Und, dass hier fossile
       Infrastruktur für die kommenden Jahrzehnte bereitgestellt wird, welche die
       deutschen Klimaziele torpedieren kann.
       
       Doch für die Menschen vor Ort haben die Terminals ganz konkrete
       Auswirkungen: Sie sind Quelle einer starken Lichtbelastung. Verdunkeln
       könne man die Terminals aus Sicherheitsgründen nicht, da diese rund um die
       Uhr in Betrieb seien, sagte Jerzy Gohlke, Leiter des Gewerbeaufsichtsamts
       Oldenburg, dem [1][lokalen Blog Hooksiel-life]. Die Lichtstärke und der
       Aufhellungseffekt des Schiffs seien jedoch mit dem Immissionsschutzgesetz
       vereinbar und genehmigt worden, heißt es weiter.
       
       ## Klage gegen Lärmbelästigung
       
       Gegen eine solche Genehmigung in der knapp 450 Kilometer entfernten
       Ostseegemeinde Lubmin klagte Anfang August die [2][Deutsche Umwelthilfe
       (DUH)]. Die Umweltauswirkungen des LNG-Terminalschiffs „Neptune“, welches
       dort seit Anfang dieses Jahres vor der Küste liegt, seien „keiner
       [3][umweltrechtlichen Genehmigung] unterworfen worden“, so die DUH.
       Anwohnende beschweren sich zudem [4][seit Monaten] über starke
       Lärmbelästigung, die von dem Schiff ausgehe.
       
       Neben einem ständigen penetranten Brummen wurde auch von vereinzeltem
       lauten Knallen berichtet. „Das passiert, wenn sich das tiefgekühlte
       Flüssiggas erwärmt“, erklärt Jürgen Zier, pensionierter Kapitän. Er hat vor
       seiner Pensionierung internationale Handelsschiffe gesteuert und das
       Lubminer LNG-Schiff bei einer Besichtigung kennengelernt. „Da entsteht dann
       ein Überdruck, der durch ein sogenanntes Überlastventil ausgeglichen wird.
       Das verursacht einen lauten Knall.“
       
       Es handele sich dabei jedoch um Ausnahmefälle, sagt ein Sprecher des
       mecklenburgischen Umweltministeriums der taz. In der Regel sollte ein
       solcher Vorgang aus ökonomischen und Klimaschutzgründen nicht erfolgen.
       Bezüglich der Lärmbelästigung sollten im Laufe der Woche Schalldämpfer
       installiert werden, sagt der Sprecher.
       
       ## Auswirkungen auf die Umwelt
       
       Die andauernde nächtliche Beleuchtung hat auch Auswirkungen auf die Umwelt.
       Gerade in sonst dunklen Gegenden sei eine plötzliche grelle Beleuchtung
       problematisch, erklärt Christopher Kyba vom Deutschen Geoforschungszentrum
       in einem Interview mit der [5][Wissensplattform Erde und Umwelt] der
       Helmholtz-Gemeinschaft: „Wenn Licht in der Nähe eines Ortes installiert
       wird, der vorher unbeleuchtet war, wie zum Beispiel an einem Gewässer oder
       in einem Wald, dann hat das eine viel größere Wirkung als ein neues Licht
       in der Stadt“, so der Geoforscher.
       
       „Viele Tiere werden in ihrem Instinkt getäuscht“, sagt DUH-Meeresexpertin
       Katja Hockun. Der Tag-und-Nacht-Rhythmus von nachtaktiven Tieren würde
       dadurch gestört. „Tagaktive Tiere bekommen wiederum nicht genügend Schlaf
       und sind geschwächt“, sagt sie. Der Lärm wirke sich auch auf die Meereswelt
       aus: „Der Schweinswal zum Beispiel, Deutschlands einziger heimischer Wal,
       fühlt sich durch den Lärm gestört“, so Hockun.
       
       Zu Licht und Lärm kommt eine weitere Folge der Terminals: Kritiker
       bemängeln, dass die verstärkte Wellenbewegung durch die An- und Abfahrt der
       Schiffe etwa gesamte Strand- und Küstenregionen verändere, indem sie den
       Sand abtragen würden. Die Baumaßnahmen einer geplanten Pipeline vor Rügen
       wäre für den Ostseehering „ein Todesstoß“, so Hockun. Denn diese zerstörten
       die Laichgebiete der bereits bedrohten Fische.
       
       28 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://hooksiel-life.de/hooksiel/lichtverschmutzung-auf-der-jade-lng-schiff-macht-nacht-zum-tag/
   DIR [2] /Klage-gegen-LNG-Terminal-in-Lubmin/!5949178
   DIR [3] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-klagt-gegen-lng-terminalschiff-neptune-in-lubmin-an-der-ostsee/
   DIR [4] https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Anwohner-klagen-LNG-Terminal-noch-immer-zu-laut,lng812.html
   DIR [5] https://gfzpublic.gfz-potsdam.de/rest/items/item_5000965_2/component/file_5000966/content
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tabea Kirchner
       
       ## TAGS
       
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