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       # taz.de -- Neue Militärhilfe: USA liefert Ukraine Uranmunition
       
       > Sie ist Teil eines 175-Millionen-Dollar-Rüstungspakets. Über die
       > Gefährlichkeit der Munition gibt es unterschiedliche Meinungen.
       
   IMG Bild: Ukrainische Kräfte schießen mit einem Panzer auf russische Stellungen in der Region Charkiw
       
       taz | US-Außenminister Antony Blinken und sein ukrainischer Amtskollege
       Dmytro Kuleba sitzen in einem Kyjiwer McDonalds und essen Pommes. So
       geschehen am Mittwoch während eines Überraschungsbesuchs Blinkens in der
       ukrainischen Hauptstadt. Die ungewöhnliche PR-Aktion soll wohl die
       freundschaftliche Zusammenarbeit der Ukraine und der USA symbolisieren,
       insbesondere deren Beständigkeit im Modus „[1][as long as it takes]“,
       schließlich ist die US-Fastfoodkette im vergangenen Jahr wieder in die
       Hauptstadt zurückkehrt – könnte aber auch von einer heiklen Waffenlieferung
       ablenken.
       
       Die USA haben der Ukraine ein umfassendes neues Rüstungspaket in Höhe von
       rund 175 Millionen US-Dollar zugesagt. Dazu zählt Ausrüstung zur
       Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigung, Munition für die
       Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und Artilleriemunition, aber auch
       sogenannte Uranmunition. Das umstrittene Kriegsgerät, im Fachjargon auch
       DU-Munition (kurz für depleted uranium) genannt, wird als panzerbrechende
       Munition gehandelt, die eine besonders hohe Durchschlagskraft haben soll.
       
       In den Projektilen ist abgereichertes Uran enthalten, quasi eine Art
       Abfallprodukt, das bei der eigentlichen Urananreicherung für den Einsatz in
       Atomkraftwerken oder für die Produktion von Atomwaffen entsteht. Im
       Vergleich zu Stahl oder Blei hat das Material eine höhere Dichte und sorgt
       somit dafür, dass auch härteres Gerät, wie etwa Panzer oder Bunkerbauten,
       zerstört werden können. Vorgesehen ist die Uranmunition für Panzer vom
       [2][Typ Abrams], die die USA der Ukraine bereits Anfang des Jahres zugesagt
       haben. 31 Stück davon sollen bis zum Herbst geliefert werden.
       
       Nach internationalem Recht ist der Einsatz der sogenannten DU-Munition
       nicht verboten – aber höchst umstritten. Das abgereicherte Uran gilt als
       rund 60 Prozent weniger radioaktiv als Uran im Urzustand, ist aber dennoch
       giftig und schädigend für Mensch und Natur.
       
       ## Bundesregierung sieht keine Gefahr
       
       Wie erwartet, verurteilte der Kreml die geplante US-Lieferung von
       Uranmunition an die Ukraine. Und wies dabei auf die erhöhte Gefahr von
       Krebserkrankungen und anderen tödlichen Leiden hin. Grundlage für die
       Kritik Russlands seien Daten, die angeblich nach der Bombardierung
       Ex-Jugoslawiens erhoben wurden. [3][Die umstrittene Munition kam in der
       Vergangenheit bereits im Kosovo, in Serbien, Montenegro, Bosnien und
       Herzegowina], Irak und Kuwait zum Einsatz.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass die Ukraine Uranmunition erhält. Bereits
       im Frühjahr sagte Großbritannien zu, der Ukraine im Kampf gegen Russland
       panzerbrechende Ausrüstung zu liefern. Auch damals hatte der Kreml
       protestiert, und der russische Präsident Putin drohte daraufhin, die
       eigenen Streitkräfte ebenfalls mit dieser Munition auszustatten. Anlässlich
       [4][einer Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag], die das
       sogenannte abgereicherte Uran mit dem russischen Narrativ einer „nuklearen
       Komponente“ in Verbindung brachte, [5][wies die Bundesregierung diese
       Deutung scharf zurück] – und zog die Einschätzungen des Umweltprogramms der
       Vereinten Nationen (UNEP) und der Internationalen Atomenergie-Organisation
       (IAEO) heran.
       
       Beide Organisationen hatten untersucht, wie es um die Umweltkontamination
       sowie die potentielle Strahlenexposition der Bevölkerung in den Gebieten
       steht, in denen die Munition eingesetzt wurde. „Die gemessenen
       Umweltkontaminationen waren im Hinblick auf die damit verbundene
       Radioaktivität gering“, heißt es dort. Dementsprechend seien laut den
       beiden internationalen Organisationen keine signifikanten
       Strahlenexpositionen der Bevölkerung zu erwarten. Allerdings müssten bei
       der Räumung der betroffenen Gebiete oder auch bei der Entsorgung der
       Munition oder des Geräts besondere Maßnahmen getroffen werden.
       
       Zu einer anderen Einschätzung kommt die ärztliche Friedensorganisation
       IPPNW – und sieht durchaus langfristige Umwelt- und Gesundheitsschäden. Der
       Einsatz dieser Munition führe zu toxischen und radiologischen
       Langzeitschäden. Konkret heißt dies Krebserkrankungen wie Knochentumore
       oder Leukämie. Die IPPNW fordert daher eine internationale Ächtung des
       Einsatzes von Uranmunition in allen Staaten.
       
       7 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Unterstuetzung-der-Ukraine/!5951003
   DIR [2] /USA-liefern-Kampfpanzer-in-die-Ukraine/!5907909
   DIR [3] /Nato-Luftangriffe-auf-Jugoslawien/!5580013
   DIR [4] https://dserver.bundestag.de/btd/20/065/2006522.pdf
   DIR [5] https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-948934
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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