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       # taz.de -- Hamburgs Jobcenter kürzt Angebote: Nehmen von den Schwächsten
       
       > Hamburgs Jobcenter will Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose auf
       > 800 kürzen. Die Träger sagen, es gebe genug Geld, um 1.200 Plätze zu
       > retten.
       
   IMG Bild: Steht auch auf der Kürzungsliste: das Sozialkaufhaus in der Fuhlbüttler Straße in Hamburg-Barmbek
       
       Hamburg taz | In Hamburg droht ein Verlust vieler [1][Arbeitsgelegenheiten]
       (AGH) für Langzeitarbeitslose. In Projekten wie Cafés und Sozialkaufhäusern
       in armen Vierteln sorgen sie für Lebensqualität. Die
       Landesarbeitsgemeinschaft der Beschäftigungsträger (LAG) wirft dem
       Jobcenter Hamburg nun vor, „ohne Not“ den sozialen Arbeitsmarkt zu
       zerstören.
       
       Nur 800 von derzeit 1.600 AGH-Plätzen sollen bleiben. [2][Das kündigte das
       Jobcenter im Juli an], als [3][publik] wurde, dass die Ampel-Regierung in
       Berlin das Budget für Langzeitarbeitslose kürzt. Doch nach Berechnung der
       LAG würde das Hamburg verbliebene Geld reichen, um weiter 1.200 AGHs und
       1.500 sogenannte sozialversicherte Arbeitsplätze zu finanzieren.
       
       Die Rechnung geht von der politischen Prämisse aus, weiter 25 Prozent des
       Eingliederungs-Budgets für Langzeitarbeitslose für geförderte Beschäftigung
       auszugeben. Die Kalkulation habe man der Sozialbehörde vorgelegt, sagt
       LAG-Sprecher Bernd Schröder. Doch die habe es als „nicht finanzierbar“
       abgelehnt – ohne die eigenen Zahlen offenzulegen.
       
       In einem [4][offenen Brief fordert die LAG] die Stadt jetzt auf, ihre 50
       Prozent Stimmenanteil beim Jobcenter zu nutzen und eine „Lösung“ zu finden.
       Die Ampel hat auch das Budget für die Verwaltungen der Jobcenter gekürzt –
       und es sehe so aus, sagt die LAG, als wolle das Jobcenter diese Kürzungen
       ebenfalls bei den Maßnahmen für Arbeitslose realisieren. Also bei jenen,
       die die Unterstützung am dringendsten benötigten.
       
       Die Sozialbehörde erklärt selbst, dass „Umschichtungen“ zulasten der
       Arbeitsmarktpolitik nötig seien. Laut Ampel-Beschluss bekäme das Jobcenter
       2024 für beide Budgets sieben Prozent weniger Geld als 2023. Mit der
       [5][Bürgergeld-Einführung] seien die Anforderungen ans Personal so stark
       gestiegen, dass es „weder inhaltlich sinnvoll noch ohne weiteres rechtlich
       möglich“ sei, dort zu sparen.
       
       ## Sozial-Politiker aller Fraktionen in Sorge
       
       Das Thema beschäftigt am Mittwoch die Hamburger Bürgerschaft, wo die
       [6][CDU einen Antrag stellt]. „Wir wollen, dass die Kürzung nicht eins zu
       eins umgesetzt wird“, sagt CDU-Politiker Andreas Grutzeck. Hamburg solle
       einen Teil der Kosten übernehmen und nachrechnen, „ob Plätze erhalten
       werden können“. Die CDU verweist darauf, dass das Jobcenter 2021 und 2022
       gar nicht das ganze Bundesgeld ausgegeben und je 15 Millionen Euro
       zurücküberwiesen habe. „Die Kürzungen scheinen übertrieben.“
       
       Olga Fritzsche von der Linksfraktion hat dazu einen Zusatzantrag
       geschrieben, der unter dem Titel „Kürzungs-Hammer der Ampel gegen Arme“
       [7][auch zur „Aktuellen Stunde“ angemeldet] ist und ebenso wie der
       CDU-Antrag voraussichtlich in den Sozialausschuss überwiesen wird.
       Angesichts von 33.000 Langzeitarbeitslosen und wachsender Armutsgefährdung
       wäre die Kürzung ein „fatales gesellschaftliches Signal“, sagt Fritzsche.
       Hamburg solle 30 Millionen Euro von seinen Steuermehreinnahmen nehmen, um
       die Projekte abzusichern und dort sozialversicherte Stellen zu schaffen.
       
       Auch die grüne Arbeitsmarkt-Politikerin Filiz Demirel warnt: Kämen diese
       Kürzungen, wäre der Schaden enorm. „Es wäre daher sinnig, an den 25 Prozent
       für den sozialen Arbeitsmarkt festzuhalten.“ Nur so könne Hamburg die
       einschneidenden Wirkungen der Bundeskürzungen reduzieren und
       Langzeitarbeitslosen Teilhabe ermöglichen.
       
       Hamburgs SPD-Fraktion, sagt Jan Koltze, ihr Sprecher für Arbeit und
       Gewerkschaft, setze sich dafür ein, dass die bisher vom Bund lediglich
       geplanten Kürzungen „so nicht kommen“. Endgültige Klarheit gebe es darüber
       aber erst im November.
       
       13 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ende-fuer-Beschaeftigungs-Massnahme/!5433804
   DIR [2] /Hamburgs-Jobcenter-kuerzt-Angebote/!5945324
   DIR [3] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Weniger-Geld-fuer-Qualifizierung-von-Langzeitarbeitslosen,hamj137004.html
   DIR [4] https://www.lag-arbeit-hamburg.de/aktuelles/221
   DIR [5] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/82761/buergergeld_und_bundesfinanzhilfen_wann_kommt_das_geld_an_neue_notlagen_durch_arbeitsstau_in_der_verwaltung.pdf
   DIR [6] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/84770/neue_chancen_fuer_langzeitarbeitslose_die_schwaechsten_der_schwachen_am_arbeitsmarkt_nicht_als_manoevriermasse_betrachten_sondern_teilhabe_ermoegliche.pdf
   DIR [7] https://www.hamburgische-buergerschaft.de/contentblob/17335500/e50d79808378758acf8a3e2e6069ae29/data/73-to-dl.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
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   DIR Christian Lindner
       
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