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       # taz.de -- Abend mit Verve in der Elbphilharmonie: Die Sache mit den Konventionen
       
       > Beethoven skelettiert, Paukendonner und ein wenig Distinktionsgehuber:
       > Unter neuem Gastdirigenten eröffnet das Hamburger Ensemble Resonanz die
       > Saison.
       
   IMG Bild: Hauptsache, nicht an der falschen Stelle: applaudierende Konzertbesucher:innen-Hände
       
       Sicher, „Verve“ ist ein altmodisches Wort, so stand es nun auch im
       Programmheft. Andererseits: Wo sollten sich Leute zusammenfinden, die
       solche Vokabeln, solche Konzepte noch kennen – wenn nicht [1][im
       Konzertsaal]? „Verve“ also hatte das Hamburger [2][Ensemble Resonanz] sein
       Konzert zum Saisonbeginn überschrieben, und das war durchaus von dem
       gedeckt, was man am Mittwochabend zu spielen vorhatte.
       
       „boxen!“, eine Auftragskomposition des 1976 geborenen [3][Gordon Kampe],
       ging über in Beethovens Konzert für Violine und Orchester – beides mit viel
       Pauke und angelegt auf humoristische Effekte, unterschiedlich
       offensichtliche allerdings.
       
       Es war tatsächlich ein Übergang ohne Pause oder Umbau, bloß kam halt an
       entsprechender Stelle Soloviolinistin Alena Baeva hinzu; soll ja ein hartes
       Stück Arbeit sein, Beethovens Violinenpart, so gab es nachher auch
       Extra-Applaus.
       
       Nach der Pause folgte Jörg Widmanns Con-brio-Konzertouvertüre für
       Orchester, vom Komponisten selbst als eine Art skelettierter Beethoven
       bezeichnet: Offensiv spielt Widmann da mit wie seziert wirkenden Klischees,
       und als nun die Holzbläser – wie gefordert – nur „30% Ton“ ausstießen, aber
       „70% Luft“, da klang’s beinahe, als spielte der [4][Saxofon-Freigeist John
       Zorn] taktweise mit.
       
       ## Komponiermaschine Mozart
       
       Und schließlich Mozarts Sinfonie Nr. 36, die „Linzer“. Auch die setzt
       offensiv auf, ja: Floskeln, entstanden ist sie einst in weniger als einer
       Woche; mit so etwas mal eine Kompositions-KI zu betrauen, das wäre
       interessant.
       
       Nichts gegen Frau Baeva, aber der Star des Abends war eindeutig Ricardo
       Minasi, neuer „principal guest conductor“, „fester Gast-Dirigent“, des
       Ensembles. So alt wie der Elphi-Konzertbetrieb ist ja das – für
       entsprechend nach Distinktion Gierende – vermeintliche Übel, dass auch
       Leute sich Tickets kaufen können, die dann nicht mal wissen, dass zwischen
       Mozarts Sätzen spontan zu klatschen pfuibäh sei. Minasi nun nahm’s mit
       Humor; der prägte den Abend überhaupt mindestens so wie das altmodische
       Wort mit V.
       
       17 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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