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       # taz.de -- Gegen drei US-Autobauer auf einmal ​: Alle Fließbänder stehen still
       
       > In den USA lässt die Gewerkschaft United Auto Workers die Muskeln
       > spielen: Erstmals werden Werke aller drei großen Autobauer auf einmal
       > bestreikt.
       
   IMG Bild: Tasha Johnson, Mitglied der United Auto Workers (UAW), führt eine Kundgebung in Detroit an
       
       Washington taz | Knapp 13.000 Arbeitnehmer aus der US-Autoindustrie haben
       am Freitag die Arbeit niedergelegt, um für eine bessere Bezahlung, kürzere
       Arbeitszeiten und mehr Mitspracherecht zu protestieren. Die von der
       Gewerkschaft UAW ausgerufenen Streiks haben bislang zu Produktionsstopps in
       drei Fabriken der amerikanischen Hersteller General Motors, Ford und
       Stellantis geführt.
       
       Es ist das erste Mal in der fast 90-jährigen Geschichte der UAW, dass diese
       zu simultanen Streiks gegen alle drei namhaften US-Hersteller ausgerufen
       hat. Experten befürchten, dass eine Ausweitung der Streiks sowie eine lange
       Verweildauer gravierende Folgen für die gesamte US-Wirtschaft haben könnte.
       Trotz anhaltender Verhandlungen zwischen der UAW und den drei Herstellern
       scheint eine Einigung aktuell noch in weiter Ferne.
       
       Die Gewerkschaft fordert eine Gehaltssteigerung von 36 Prozent über vier
       Jahre und eine Viertagewoche mit einer Arbeitszeit von 32 Stunden. Die
       Hersteller kontern aktuell mit Angeboten von bis zu 20 Prozent mehr Gehalt.
       Aus den Führungsetagen aller drei Autobauer ist zu hören, dass die
       Forderungen der Gewerkschaft die Wettbewerbsfähigkeit der Konzerne stark
       einschränken würde. „Hätten wir den UAW Forderungen zugestimmt […], hätten
       wir 15 Milliarden Dollar verloren und wären in Konkurs gegangen“, sagt Ford
       CEO Jim Farley in einem Interview mit dem Wirtschaftssender CNBC. Die UAW
       verweist auf die hohen Gewinne, die die drei Autobauer erwirtschaftet
       haben, und auf die Millionengehälter der jeweiligen Manager. „Die großen
       drei können es sich leisten, uns umgehend unseren fairen Anteil zu geben“,
       sagte Gewerkschaftspräsident Shawn Fain.
       
       Unterstützung erhielten Fain und die Gewerkschaftsmitglieder auch aus dem
       Weißen Haus. US-Präsident Joe Biden, der von sich selbst gern behauptet,
       der gewerkschaftsfreundlichste Präsident der Geschichte zu sein, erklärte,
       dass es UAW-Arbeiter gewesen seien, die den Konzernen zu Rekordgewinnen in
       den vergangenen Jahren verholfen hätten. „Die Rekordgewinne wurden meiner
       Meinung nach nicht fair mit diesen Arbeitern geteilt“, sagte Biden während
       einer Ansprache am Freitag. Für Biden sind Gewerkschaften wie die UAW – mit
       ihren fast 150.000 Mitgliedern – im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen
       im kommenden Jahr äußerst wichtig. Um weitere vier Jahre im Amt zu bleiben,
       braucht Biden deren Unterstützung, vor allem in wichtigen “Swing States“
       wie Michigan, wo alle drei großen US-Autobauer zu Hause sind.
       
       ## Renaissance der Arbeiterbewegung
       
       Der aktuelle Streik fällt in eine Zeit des Umbruchs in der Autoindustrie.
       Ford, GM und Stellantis haben in den vergangenen Jahren
       Milliardeninvestitionen in die Entwicklung und Fertigung von Elektroautos
       bekannt gegeben. Gleichzeitig gibt es in den USA gerade [1][eine
       Renaissance der Arbeiterbewegung]. Der UAW-Arbeitskampf ist laut Daten der
       Cornell University bereits der 17. Streik in diesem Jahr, in dem mindestens
       2.000 Arbeiter involviert sind. [2][In Hollywood streiken] beispielsweise
       noch immer die Drehbuchautoren und Schauspieler. Viele [3][andere
       Gewerkschaften] haben mit Streik gedroht und dadurch wichtige Siege
       errungen.
       
       Ob der UAW Ähnliches gelingen wird, bleibt abzuwarten.
       Gewerkschaftspräsident Fain machte klar, der Versuch, durch Entlassungen
       von Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern die UAW zu einem Kompromiss zu zwingen,
       werde nicht aufgehen. „Wir werden einen Tag länger durchhalten, als sie
       [die Auto-Konzerne] das können“, sagte Fain in Bezug auf die
       vorübergehenden Entlassungen von etwa 2.600 Arbeitern in zwei vom Streik
       betroffenen Produktionsstätten.
       
       17 Sep 2023
       
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