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       # taz.de -- Impfstart in den Hausarztpraxen: Auch Ärzt*innen sind impfmüde
       
       > Ab Montag gibt es den neuen Impfstoff, Risikogruppen sollen sich gegen
       > Corona boostern lassen. Doch viele Praxen impfen wohl erst einmal nicht
       > mit.
       
   IMG Bild: Kleine Flasche, großer Aufwand? Die Hausärzt*innen beschweren sich
       
       berlin taz | Ab Montag können Hausarztpraxen in Deutschland mit dem neuen,
       angepassten Corona-Impfstoff impfen. Doch während das
       Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit Millionen Impfwilligen rechnet,
       könnte die neue Impfwelle schleppend anlaufen – denn viele
       Hausärzt*innen haben offenbar gar nicht vor, den neuen Impfstoff zu
       bestellen.
       
       Das neue Vakzin von Biontech ist an die Omikron-Sublinie XBB.1.5 angepasst,
       soll laut Experten aber auch gegen andere kursierende Varianten wirken –
       etwa gegen die [1][Sublinie EG.5, auch „Eris“ genannt]. Das BMG rechnet für
       Herbst und Winter mit etwa 14 Millionen Dosen von Biontech sowie 10,6
       Millionen Dosen angepasstem Impfstoff von Novavax, wenn die Europäische
       Kommission die Zulassung erteilt.
       
       Die Ständige Impfkommission (Stiko) [2][empfiehlt die Auffrischungsimpfung]
       bislang nur für Menschen ab 60 Jahre oder mit Risikofaktoren, die einen
       schweren Covid-19-Verlauf begünstigen. Auch das Personal im Pflegebereich
       soll sich boostern lassen. Die letzte Impfung oder Erkrankung soll vor dem
       Booster mindestens ein Jahr zurückliegen.
       
       ## Zu aufwändig für die Praxen
       
       Für viele Hausärzt*innen sei es schlicht zu aufwändig, das Vakzin zu
       verimpfen, sagt Irmgard Landgraf, Hausärztin in Berlin und im Vorstand des
       Hausärzteverbands Berlin und Brandenburg, der taz. Der Apotheker, der sie
       beliefert, habe zu Hochzeiten der Pandemie etwa vierzig Praxen angesteuert.
       Für den neuen Impfstoff hätten sich bislang gerade mal drei oder vier
       Praxen gemeldet.
       
       Der Biontech-Impfstoff wird auch diesmal in Durchstechflaschen geliefert,
       aus denen bis zu sechs Impfdosen gezogen werden. Das Problem: Ist die
       Flasche einmal angebrochen, muss sie innerhalb von zwölf Stunden
       aufgebraucht werden, übrige Dosen landen im Müll.
       
       Allerdings dürfte es jetzt noch schwerer werden, die Impftermine
       vollzubekommen. „Wir haben in der ganzen Impfsaison keinen Impfstoff
       weggeworfen, weil wir das unverantwortlich fanden“, sagt Irmgard Landgraf.
       Ihre Arzthelfer*innen hätten deswegen viel herumtelefoniert. Vor der
       Spritze müssen Patient*innen aufgeklärt, anschließend überwacht und die
       Impfung an das Robert-Koch-Institut gemeldet werden.
       
       „Dieser Aufwand ist so enorm, dass viele Ärzte sagen: Das können wir uns
       zeitlich nicht leisten.“ Auch finanziell werde der Einsatz nicht
       kostendeckend vergütet. Sie erhalte zehn Euro für die Impfung und noch mal
       fünf für die Organisation und den bürokratischen Aufwand – weitaus weniger
       als zu Pandemiezeiten.
       
       ## Zurückhaltung auch auf dem Land
       
       „Bei uns auf dem Land impfen kaum noch Ärzte“, berichtet auch Hausärztin
       Diane Lorenz-Pferdmenges aus Weddingstedt in Schleswig-Holstein. „Die
       sagen, sie haben keine Lust mehr auf die Coronageschichte. Sie sind selber
       impfmüde.“ Dass der Corona-Booster wieder nicht als einzelne Dosis verimpft
       werden kann, ärgert sie: „Dieser Aufwand in der Pandemiezeit war furchtbar.
       Es hat einem keiner so richtig gedankt.“
       
       Dennoch hat sich ihr Praxisteam dafür entschieden, den Biontech-Impfstoff
       zu bestellen. „Ich mache das, weil ich das wichtig finde. Das ist eine
       wichtige Impfung, weil man dieses Virus nicht verstehen kann. Man weiß
       nicht, wie es sich jetzt entwickelt.“ Da sich viele ihrer Kolleg*innen
       den Aufwand nicht antun wollen, habe das örtliche Gesundheitsamt sie
       angefragt, ob sie auch Patient*innen aus anderen Praxen impfen würde.
       Auch unter den Menschen, die für den Booster infrage kommen, sieht
       Lorenz-Pferdmenges einen gewissen Verdruss: „Die Leute sind impfmüde.“
       
       Irmgard Landgraf aus Berlin kann eine Impfmüdigkeit dagegen nicht
       feststellen. „Wenn wir als Hausärztinnen sagen: Wir empfehlen Ihnen das,
       dann sind die Leute auch damit einverstanden. Wir haben jetzt schon
       Anfragen von Patienten, die ihre Impfung gegen Covid organisieren.“
       
       Der Impfstart dürfte sich in manchen Praxen aber noch hinauszögern – so
       etwa bei Hausärztin Claudia Kahle, aus dem niedersächsischen Celle. „Wir
       impfen momentan nicht, weil wir das mit der Grippeimpfung zusammen
       verabreichen wollen“, sagt sie der taz. Der hochdosierte Grippeimpfstoff
       für die über 60-Jährigen werde ihr aber voraussichtlich erst Ende September
       geliefert. „Es macht Sinn, die kombiniert zu impfen. Sonst haben Sie den
       Patienten noch mal in der Praxis.“ Zudem empfiehlt die Stiko die
       Grippeimpfung erst ab Oktober, damit das Vakzin zur Hochzeit der
       Infektionswelle wirkt.
       
       17 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Coronavariante-EG51/!5950356
   DIR [2] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/21/Art_01.html
       
       ## AUTOREN
       
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