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       # taz.de -- Kantersieg in der 2. Fußball-Bundesliga: Endlich mal Ruhe bei Hannover 96
       
       > Fußball-Zweitligist Hannover 96 ist bekannt für öffentliche Querelen und
       > einen übergriffigen Mäzen. Was da hilft, ist ein Sieg wie nun das 7:0.
       
   IMG Bild: Hatte keinen guten Tag: Osnabrücks Torwart Lennart Grill nach dem Tor zum 7:0 für Hannover 96
       
       Hannover taz | Das Schöne an [1][Hannover 96] steht viel zu häufig im
       Abseits. Wenn das heimische Stadion stattlich gefüllt ist und das
       Wesentliche im Vordergrund bleibt, kann dieser Fußballverein wirklich Spaß
       machen. Dumm ist, dass das Sportliche immer wieder durch hausgemachte
       Querelen überlagert wird. So hatte der bei Hannover 96 alles entscheidende
       Funktionär [2][Martin Kind] zum Start in die neue Zweitligasaison geätzt:
       „Wenn ich alles das sagen würde, was ich denke, dann hätten wir Krieg.“
       
       Gemeint waren der fehlende Erfolg und die Arbeit von 96-Cheftrainer Stefan
       Leitl. Herzlich willkommen mitten in einer Gemengelage, die Hannover 96 von
       herkömmlichen Profivereinen grundlegend unterscheidet – und die kein
       Wettbewerbsvorteil ist.
       
       Eigentlich will Hannover 96 eine schlaue Fußballfirma im Profigeschäft
       sein. Doch seit dem Abstieg 2019 staut sich das Bemühen auf, etwas Neues
       aufzubauen und dabei nicht auf kurzfristigen Erfolg zu schielen. Im Duell
       mit ambitionierten Konkurrenten wie Schalke 04, dem [3][Hamburger SV] und
       [4][Hertha BSC] Berlin müsste in Hannover etwas Nachhaltiges entstehen.
       Dass der wichtige Martin Kind in regelmäßigen Abständen die Geduld verliert
       oder sich im Ton vergreift, hat hier schon langjährige Tradition.
       
       Gesucht war also ein Trainer, der an so einem Chef nicht verzweifelt.
       Gefunden hat der Verein Stefan Leitl: Er bleibt angesichts der besonderen
       Streitkultur erstaunlich gelassen. Lediglich eine Saisonniederlage nach
       sieben Spieltagen sind – wenn man die hausgemachten Kinderkrankheiten
       bedenkt – eine gute Bilanz für die „Roten“ aus Hannover, wenn nicht sogar
       eine beachtliche.
       
       Aus sicherer Entfernung muss das alles sehr wundersam wirken. Bei anderen
       Nordvereinen wie Eintracht Braunschweig, Holstein Kiel oder dem VfL
       Osnabrück gibt es keine chronischen Querelen wie in Hannover. „Das werden
       harte Wochen. Aber das wussten wir“, sagt etwa VfL-Trainer Tobias
       Schweinsteiger, wenn er auf die spezifische Gemengelage in Osnabrück
       angesprochen wird: Der Aufsteiger steht mit einem einzigen gewonnenen Punkt
       am Tabellenende der 2. Liga.
       
       Der feine, aber wohl bedeutende Unterschied zu Hannover 96: Beim VfL
       Osnabrück liegen die Erwartungshaltung und das tatsächlich Erreichte sehr
       viel näher beieinander. Schweinsteiger darf bei seiner Arbeit auch Fehler
       machen, ohne gleich öffentlich abgewatscht zu werden.
       
       Auffällig am 6. Spieltag der Saison nun war: Hannover 96 wirkt unter der
       Regie von Leitl sehr gefestigt. Beim Heimspiel gegen das
       Tabellenschlusslicht aus Osnabrück war der Gastgeber am Sonntagnachmittag
       die Ruhe selbst. Torhüter Ron-Robert Zieler, Abwehrchef Marcel Halstenberg
       sowie die beiden Torjäger Havard Nielsen und Cedric Teuchert bilden ein
       erkennbar solides Gerüst für stabile Leistungen.
       
       Entsprechend routiniert konnte auch das Heimspiel gegen den VfL gestaltet
       werden. Hannover 96 profitierte bei seinem am Ende stattlichen 7:0-Erfolg
       von Nielsens Treffsicherheit – aber auch vom frühen Platzverweis gegen den
       Osnabrücker Niklas Wiemann; der Verteidiger bekam nach einem rüden
       Foulspiel die Rote Karte gezeigt.
       
       Der Rest des hannöverschen Siegs war einer guten Mischung aus Können und
       Routine zu verdanken. Auftritte wie der am Sonntag verschaffen Mannschaft
       und Trainer Ruhe, Tore schossen Havard Nielsen (2), Louis Schaub, Cedric
       Teuchert (2), Derrick Köhn und Andreas Voglsammer.
       
       Spannend bleibt die Frage, wie es auf lange Sicht weitergeht. Wann immer 96
       im oberen Drittel der Tabelle steht, wirkt die gesamte Region wie
       wachgeküsst, das Stadion ist voll. Stehen Rückschläge an, steigt wiederum
       Kinds Aufgeregtheit.
       
       Der maßgebliche Geld- und Impulsgeber, inzwischen 79 Jahre alt, hat
       Hannover 96 zwei Jahrzehnte lang nach seinem Gusto gestaltet. Wer sich nach
       ihm wird versuchen dürfen? Unklar. Angesichts eines umjubelten und
       deutlichen Heimsieges wie nun gegen Osnabrück rückt diese Personalie in den
       Hintergrund – bis Kind das nächste Mal öffentlich aneckt.
       
       18 Sep 2023
       
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