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       # taz.de -- Durchsuchung in Hamburg: Hitler-Fan verzögert entwaffnet
       
       > Monate nach ihrer Information durch das bayerische LKA checken Hamburger
       > Beamte das Haus eines Verdächtigen. Sie entdecken ein Waffenlager.
       
   IMG Bild: Im Waffenlager des Hitler-Fans fanden sich auch Handgranaten ähnlich wie diese
       
       Hamburg taz | Bei einem 51-Jährigen Adolf-Hitler-Fan haben die Hamburger
       Behörden im August mehr als 30 Schusswaffen, 10.000 Schuss Munition, über
       100 Messer und Handgranaten gefunden. Jetzt hat sich herausgestellt: Den
       Hinweis auf den Mann hatte das bayerische Landeskriminalamt bereits im
       April gegeben. So steht es in einer Antwort des rot-grünen Senats auf eine
       Kleine Anfrage der Linken.
       
       „Der Ablauf des Verfahrens macht fassungslos“, sagt Deniz Celik, der
       innenpolitische Sprecher der Fraktion. Es sei nicht nachvollziehbar, dass
       eine Anfrage der Ermittlungsbehörden an die Waffenbehörde und eine
       Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nicht obligatorisch sei,
       wenn jemand eines Hassverbrechens beschuldigt werde.
       
       Stattdessen seien vier Monate vergangen, „in denen der Beschuldigte
       weiterhin legal Waffen horten konnte, weil behördenintern kein Austausch
       erfolgte“, kritisiert Celik. Dieser Umgang sei fahrlässig und zeuge von
       „fehlender Sensibilität für die Gefahren rechten Terrors“. Nazis müssten
       konsequent entwaffnet werden.
       
       Die Staatsanwaltschaft Passau hatte die Hamburger Behörden am 18. April
       darüber informiert, [1][dass der Mann aus Eidelstedt in einer
       Whatsapp-Gruppe ikonenhafte Hitler-Bilder verschickt hatte]. Am 12. Mai
       hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft ihren Durchsuchungsbeschluss fertig.
       Aber erst am 24. August durchsuchte die Polizei die Wohnung des Mannes und
       stellte die Waffen sicher.
       
       ## Waffenbesitz kein Thema
       
       In seiner Antwort an Die Linke weist der Senat darauf hin, dass in dem
       Hinweis des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) nicht von Verstößen gegen
       das Waffengesetz die Rede gewesen sei. Daher sei in „Ansehung der Tatzeit
       keine Priorisierung des Vorgangs“ erfolgt.
       
       Die Waffenbehörde sei informiert worden, teilt der Senat weiter mit. Wann
       genau könne er nicht angeben. Die Waffenbehörde habe dem Hitler-Fan zur
       Vorbereitung der Durchsuchung eine waffenrechtliche Erlaubnis entzogen. In
       Hamburg gehört die Waffenbehörde zur Polizei.
       
       Die Polizei möchte über den Vorgang unter Verweis auf laufende Ermittlungen
       nichts sagen. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass
       ihre Behörde keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Vollstreckung eines
       Durchsuchungsbeschlusses habe. „Dies obliegt der Einsatzplanung der
       Polizei“, sagt sie
       
       Die Sprecherin ergänzt, dass „eine besondere Eilbedürftigkeit aus Sicht der
       Staatsanwaltschaft aber nicht bestand“, da dem Beschuldigten lediglich die
       Verbreitung von zwei Adolf- Hitler-Bildern zur Last gelegt worden sei. Die
       Argumentation der Staatsanwaltschaft entspricht insofern der Position des
       Senats. Tenor: alles richtig gemacht.
       
       Die [2][Waffenbehörde hat den Betroffenen mehrfach überprüft]. Seit 2002
       besaß er einen Kleinen Waffenschein und mehrere Waffenbesitzkarten. In den
       vergangenen 20 Jahren überprüfte die Behörde den Waffen- und Hitler-Fan
       sechsmal auf dessen Zuverlässigkeit. „In keinem Fall kam es zu
       Beanstandungen“, heißt es in der Antwort des Senats. Auch bei einer
       anlassunabhängigen Aufbewahrungskontrolle fand die Behörde keinen Grund für
       Beanstandungen.
       
       [3][Seit dem Anschlag auf eine Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas am 9.
       März steht die Hamburger Waffenbehörde in der Kritik]. Bei dem Anschlag
       tötete Philipp F. sieben Menschen, verletzte neun Anwesende und tötete sich
       selbst. F. hatte seit Dezember 2022 eine Waffenbesitzkarte. Nach einem
       anonymen Hinweis zu F.s Radikalisierung rückte die Behörde zu einer
       unangekündigten Aufbewahrungskontrolle aus, stellte allerdings nichts
       Schwerwiegendes fest.
       
       Ein im Internet kursierendes Buch von F., „The Truth About God, Jesus
       Christ and Satan: A New Reflected View of Epochal Dimensions“, mit seinen
       Verschwörungs- und Vernichtungsideen wurde nicht berücksichtigt. Dabei
       hatte schon der Hinweisgeber vor der großen Wut F.s auf die Zeugen Jehovas
       gewarnt.
       
       Mit ihrer Kleinen Anfrage wollte die Linke auch mehr über eine mögliche
       Verankerung des 51-Jährigen in politisch-extremistischen Strukturen wissen.
       F. sei der Polizei und „anderen staatlichen Stellen“ [4][nicht in den
       Kreisen Rechtsextremer oder von Reichsbürger:innen aufgefallen],
       antwortete der Senat. Bei Querdenkenden ebenso wenig. Celik findet diese
       Antwort nicht beruhigend.
       
       18 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Waffenbesitz-in-der-rechten-Szene/!5956818
   DIR [2] https://www.polizei.hamburg/waffenrecht-a-553376
   DIR [3] /Schuesse-auf-Zeugen-Jehovas-in-Hamburg/!5922241
   DIR [4] /Gesetzentwuerfe-gegen-rechten-Terror/!5898972
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
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