# taz.de -- Neue Asyldebatte: Populismus ohne Obergrenze
> Die neuen Vorschläge von Union und FDP sind reines Wahlkampfgetöse – sie
> wecken unrealistische Erwartungen. Profitieren dürfte nur die AfD.
IMG Bild: Wohnen in Containern: Aufbau einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern
Keine drei Wochen mehr, dann sind in Hessen und Bayern Landtagswahlen. Das
ist der Hauptgrund, warum die Debatte über Flüchtlinge [1][und „irreguläre
Migration“ jetzt wieder so hochkocht]. Union und FDP glauben, dass sie
SPD-Innenministerin Nancy Faeser und die Grünen mit diesem Thema in die
Ecke drängen und als naive Gutmenschen hinstellen können, denen die Ängste
und Sorgen der „normalen“ Menschen egal sind. Die aktuellen Bilder aus
Lampedusa spielen ihnen dabei in die Hände.
Tatsächlich kommen nicht nur in Italien, sondern auch in Deutschland wieder
mehr Flüchtlinge an. Manche Kommunen stellt das vor Probleme, weil es etwa
an Wohnraum fehlt; auch Schul- und Kitaplätze sind knapp. Das liegt aber
vor allem daran, dass Deutschland zuletzt mehr als eine Million
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen hat. Zum Glück fordert bisher
niemand, diese wieder zurückzuschicken – auch wenn das die Zahl der
Geflüchteten in Deutschland theoretisch senken würde.
Stattdessen dreht sich die Debatte um die – deutlich weniger – Menschen,
die derzeit aus anderen Ländern der Welt nach Europa kommen. Die meisten
der Vorschläge, die Union und FDP jetzt machen, um ihre Anzahl zu senken,
sind allerdings reines Wahlkampfgetöse. Eine Obergrenze für Asylanträge?
Rechtlich unmöglich. Sach- statt Geldleistungen für Asylbewerber:innen?
Eine Schikane, die nur den bürokratischen Aufwand erhöht und sich nicht
bewährt hat. Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der
Schweiz? Vor allem teure Symbolpolitik, die dem Tourismus, Pendler:innen
und dem Warenverkehr schadet. [2][Die Maghrebstaaten zu „sicheren
Herkunftsstaaten“ erklären?] Das mag Asylverfahren verkürzen, ändert aber
nichts daran, dass mehr Menschen von dort kommen.
## Es geht um besseres Management
So gesehen ist es ein geschickter Schachzug der Grünen-Vorsitzenden Ricarda
Lang, Nancy Faeser und die FDP daran zu erinnern, dass sie im
Koalitionsvertrag mal vollmundig eine [3][„Abschiebeoffensive“] angekündigt
haben, die auf sich warten lässt, weil sich das eben nicht so einfach
umsetzen lässt.
Genau das ist das Problem mit den ständig neuen Forderungen von Union und
FDP: Sie wecken Erwartungen, die sich nicht erfüllen werden – und darum zu
Enttäuschungen führen. Ehrlicher wäre es zu sagen, dass sich
Fluchtmigration nicht komplett verhindern, sondern nur besser managen
lässt. Ja, es gibt Probleme, aber keinen Grund zur Panik. Das aktuelle
Krisengerede und ein populistischer Überbietungswettbewerb um die härteste
Forderung nützen nur der AfD.
19 Sep 2023
## LINKS
DIR [1] /Fluechtlingspolitik-von-SPD-bis-CDU/!5958250
DIR [2] /EU-Migrationspolitik/!5961333
DIR [3] https://www.linksfraktion.de/parlament/reden/detail/bleiberecht-statt-abschiebeoffensive/
## AUTOREN
DIR Daniel Bax
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