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       # taz.de -- Pekings Außenpolitik auf der Überholspur: Chinas diplomatischer Drahtseilakt
       
       > Demonstrative Freundschaft mit Moskau, positive Signale gegenüber
       > Washington: Pekings Außenpolitiker versuchen sich derzeit an einem
       > fragilen Spagat.
       
   IMG Bild: US Außenminister Antony Blinken und Chinas Vizepräsident Han Zheng in New York
       
       Peking taz | Es geht also doch: Als sich Chinas Vize-Premier Han Zheng und
       US-Außenminister Antony Blinken jetzt in New York trafen, begegneten sie
       sich freundlich und mit konstruktiver Rhetorik. So sagte der 69-jährige
       Han, dass man zusätzliche Anstrengungen unternehmen müsse, um „einander auf
       halbem Weg entgegenzukommen“.
       
       Eine passende Gelegenheit dafür dürfte das im November stattfindende
       Asien-Pazifik-Forum (Apec) in San Francisco bieten: Laut Medienberichten
       werden die Staatschefs Joe Biden und Xi Jinping dabei das persönliche
       Gespräch suchen.
       
       Fast zeitgleich besuchte jetzt Chinas Außenminister Wang Yi seinen
       Amtskollegen Sergej Lawrow in Moskau. Dabei pries Wang nicht nur die sich
       vertiefende Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern, sondern machte auch
       deutlich, dass man sich von keiner Drittpartei reinreden lassen würde.
       
       Die weltweite Präsenz der chinesischen Außenpolitiker ist überaus
       beeindruckend – zumal die noch vor wenigen Jahren vorherrschende Maxime
       war, sich in Zurückhaltung zu üben.
       
       ## Beziehungen zum Westen kitten, loyal zu Moskau stehen
       
       Längst hat sich Xi Jinpings Leitlinie ins Gegenteil verkehrt: Peking
       vertritt seine Interessen so selbstbewusst wie nie. Und zugleich
       verdeutlicht Chinas Auftreten in Moskau und New York den fragilen und teils
       widersprüchlichen Drahtseilakt, den die Volksrepublik vollbringen möchte:
       die Beziehungen zum Westen kitten und loyal an Moskaus Seite stehen.
       
       Teil dieses chinesischen Mittelweges ist auch [1][das sogenannte
       12-Punkte-Papier], das Wang Yi im Februar bei der Münchner
       Sicherheitskonferenz präsentierte. Darin stellt Peking seine Vision für
       eine politische Lösung des Ukraine-Kriegs vor.
       
       [2][Die meisten europäischen Staatschefs waren damals enttäuscht] von dem
       substanz- und zahnlosen Papier. Wenn sich daraus überhaupt etwas Konkretes
       herauslesen ließe, dann am ehesten die Forderung nach sofortigen
       Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine bei Beibehaltung der
       derzeitigen Grenzen, was Kyjiw aus guten Gründen ablehnt.
       
       Lob erhält Chinas Initiative nun vom Aggressor selbst. Das Positionspapier
       ziehe die Sicherheitsbedenken aller Seiten in Betracht, sagte Lawrow bei
       seinem Treffen mit Wang am Montag. Russland sei weiter offen für Dialog und
       möchte zu einer konstruktiven Lösung der Krise beitragen, heißt es weiter.
       
       ## China hat Russland längst als Partner gewählt
       
       Doch aus Sicht Brüssels gibt es wenig Zweifel, dass Peking sich zwar als
       Friedensmacht inszeniert, aber mitnichten neutral in diesem Konflikt ist.
       Stattdessen hat China seine Seite längst gewählt.
       
       So ist es auch kein Zufall, dass Russlands Präsident Wladimir Putin
       ausgerechnet seinen erste Auslandsreise nach Verhängung des internationalen
       Haftbefehls nach Peking machen wird. Im Oktober wird ihm dort beim
       sogenannten „Belt and Road“-Forum der rote Teppich ausgerollt.
       
       Zudem haben die Chinesen erst letzte Woche einen ihrer vier Vize-Premiers
       zu einem Treffen mit Putin geschickt. Dass die Wahl des Entsandten
       ausgerechnet auf Zhang Guoqing fiel, sollte im Westen die Alarmglocken
       schrillen lassen: Der 69-Jährige ist nämlich dafür bekannt, dass er als
       langjähriger Parteisekretär und späterer Hauptgeschäftsführer bei Norinco
       gedient hat – einem der weltgrößten Waffenproduzenten.
       
       Die Personalie legt nahe, dass die zwei Seiten Möglichkeiten zur
       militärischen Zusammenarbeit ausgelotet haben.
       
       ## Waffenlieferungen an Moskau bleiben tabu
       
       Offiziell hat sich Peking allerdings bislang deutlich positioniert: Man
       werde keine Waffen an die Kriegsparteien liefern. Denn man sei sich klar
       darüber, dass dies eine rote Linie für den Westen darstelle – und eine
       Missachtung massive wirtschaftliche Kosten nach sich ziehen würde.
       
       Insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt möchte man den Preis nicht zahlen:
       Chinas Wirtschaft steht schließlich vor den größten Herausforderungen der
       letzten Jahrzehnte.
       
       20 Sep 2023
       
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   DIR Fabian Kretschmer
       
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