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       # taz.de -- Bürgergeld und Lohnabstand: Neid muss ernst genommen werden
       
       > Wer arbeitet, hat deutlich mehr Geld als Bürgergeldempfänger:innen, sagen
       > neue Zahlen. Die Politik muss dennoch mit wachsender Missgunst umgehen.
       
   IMG Bild: Mit der Inflation steigt auch die Unzufriedenheit
       
       Die neueste Rechnung kommt vom WSI-Institut der gewerkschaftsnahen
       Hans-Böckler-Stiftung: Ein Single, der in Vollzeit zum Mindestlohn
       arbeitet, hat ab 2024 im Monat 532 Euro mehr zur Verfügung als ein Mensch
       in vergleichbarer Konstellation, der nur vom Bürgergeld lebt. Eine
       vierköpfige Familie mit einem Vollzeitverdiener zum Mindestlohn hat bis zu
       634 Euro mehr als ein vergleichbarer Haushalt im [1][Bürgergeldbezug.]
       
       Arbeit lohnt sich, auch noch 2024, auch noch zum Mindestlohn – das ist die
       Botschaft, die einige Sozialpolitiker:innen der Ampelregierung erst
       mal aufatmen lässt. Denn die relativ deutliche Anhebung der [2][Regelsätze]
       im Bürgergeld zum Jahr 2024, eine Folge der [3][Inflation], hat vielerorts
       die Befürchtung geweckt, jetzt könne sie wieder so richtig losgehen, die
       Debatte über die zu hohen Sozialleistungen, die angeblich Menschen zur
       Faulheit verleiten und Mindestlöhner mit Vollzeitjob als Trottel dastehen
       lassen. Dabei steigen mit dem Anheben der Regelsätze auch die Ansprüche von
       Erwerbstätigen auf aufstockendes Bürgergeld.
       
       Allerdings gibt es bestimmte Konstellationen, in denen die
       Einkommensunterschiede zwischen den Bezieher:innen von Sozialleistungen
       einerseits und den Erwerbstätigen andererseits nahezu wegfallen. Das kann
       etwa der Fall sein, wenn man Vergünstigungen wie kostenloses Schulessen,
       Beitragsfreiheit in der Kita und andere Erleichterungen verliert, sofern
       man bestimmte Einkommensgrenzen für Bürgergeld oder Kinderzuschlag knapp
       überschreitet. Diese Einzelfälle fördern die toxische Erzählung über die
       angeblich privilegierten Bürgergeldbezieher:innen.
       
       Mit solchen Narrativen werden wir uns künftig mehr herumschlagen müssen.
       Denn die Inflation triggert die Unzufriedenheit gerade auch der geringer
       verdienenden Mittelschichtmilieus über eine schwindende Kaufkraft, und das
       kann einen Sozialstaat zersetzen. Mit der Anhebung des Bürgergelds steigt
       daher auch der Druck, Löhne zu erhöhen und soziale Angebote breit
       zugänglich zu machen. Wie die Politik mit diesem Druck umgeht und die
       Unzufriedenen mitnimmt, ist die Frage der Zukunft.
       
       22 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hartziv.org/regelsatz/#Regelbedarf-wird-2024-erhoeht
   DIR [2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/arbeit-und-soziales/regelsaetze-erhoehung-2222924
   DIR [3] /Inflation-in-Deutschland-legt-wieder-zu/!5940390/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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