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       # taz.de -- das portrait: Lucia Müllerist dem Soja in Niedersachsen auf der Spur
       
   IMG Bild: Ist selbst auf einem kleinen Bauernhof aufgewachsen: Agrar-Aktivistin Lucia MüllerFoto: Aktion Agrar
       
       „Moment, hier fährt gerade ein Riesentrecker vorbei“, entschuldigt sich
       Lucia Müller am Telefon. Sie bekommt gerade eine Führung auf einem
       Demeter-Hof, irgendwo in Niedersachsen. Mit einer Gruppe von 30 Menschen
       ist sie auf einer Radtour der Initiative Aktion Agrar e. V. durch
       Niedersachsen. Ziel: die Lieferkette von Futtersoja nachzuverfolgen und
       sich für eine nachhaltige Produktion in der Landwirtschaft einzusetzen. Die
       Soja-Produktion führe zu schwerer Naturzerstörung in vielen Anbaugebieten,
       sagt Müller. „Es ist aktueller denn je.“
       
       Die Gruppe ist bunt: ein Rentner, eine Klimaaktivistin, eine Künstlerin und
       auch Leute aus der Landwirtschaft sind dabei. Die Recherchereise hat am
       Montag in Bremen begonnen und führt über den Soja-Import-Hafen Brake und
       verschiedene Höfe bis hin zur morgigen Endstation in Vechta.
       
       Aufgewachsen ist Lucia Müller in einem Familienbetrieb im Schwarzwald. 16
       Hektar Ackerland und 30 Hektar Forst versorgten neun Personen: Großeltern,
       Eltern und fünf Kinder. Der Hof ist seit dem Dreißigjährigen Krieg im
       Familienbesitz. Doch damit könnte bald Schluss sein: „Ein Großteil der
       Betriebe in unserem Dorf ist einfach nicht mehr da“, erzählt die
       34-Jährige. Auch in der eigenen Familie fehle eine Perspektive: „Mein Vater
       hat den Betrieb gerade noch. Meine Großeltern sind in großer Sorge, dass er
       ihn jetzt aufgibt.“ In einem System der Großbetriebe ist die
       Bewirtschaftung des kleinen Hofs schlicht nicht rentabel.
       
       Müller hat diesen Wandel miterlebt und nach einer Ausbildung zur Landwirtin
       Politikwissenschaft studiert. Bei Aktion Agrar e. V. arbeitet sie seit
       zweieinhalb Jahren an Themen, die ihr am Herzen liegen: Eine Agrarwende hin
       zu einem nachhaltigen System, in dem es auch wieder „vielfältige, kleine
       bäuerliche Betriebe gibt“. Es geht auch um Diversifizierung statt
       Spezialisierung, um Einkommenssicherheit und Biodiversität zu erhöhen. Die
       Kriterien lauten „bäuerlich, sozial und ökologisch“. Unter solchen
       Bedingungen könnte sich Lucia Müller vorstellen, wieder selbst in einem
       Kleinbetrieb zu arbeiten.
       
       Heute besucht die Gruppe den Fleisch- und Wurstproduzenten Goldschmaus in
       Garrel. Soja wird hier an Mastschweine verfüttert. Müller sieht auch bei
       diesem regional agierenden Unternehmen Veränderungsbedarf: regionale
       Wertschöpfung gern weiterhin, „aber eben nicht mehr mit Fleisch“. Eine
       Umstellung auf Veggie-Würstchen wäre eine Lösung. Zur Mittagszeit empfängt
       die Geschäftsführung sie zu einem Treffen.Sven Bleilefens
       
       8 Sep 2023
       
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