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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Neuer Verteidigungsminister bestätigt
       
       > Das ukrainische Parlament ernennt Umerow zum Verteidigungsminister. Durch
       > russischen Beschuss in Kostjantyniwka gab es mindestens 16 Tote.
       
   IMG Bild: Umerow in Zivilkleidung
       
       ## Mindestens 16 Tote auf Marktplatz in ostukrainischer Stadt
       
       Durch russischen Beschuss eines Marktplatzes in der ostukrainischen Stadt
       Kostjantyniwka sind offiziellen Angaben zufolge mindestens 16 Menschen
       getötet worden. „Darunter ist auch ein Kind“, teilte Ministerpräsident
       Denys Schmyhal am Mittwoch auf Telegram mit. Mehr als 30 weitere Menschen
       wurden laut Angaben der Behörden verletzt.
       
       Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte den
       russischen Angriff und die vielen Todesopfer in der Stadt im Gebiet Donezk.
       „Ein normaler Markt. Geschäfte. Eine Apotheke. Menschen, die nichts
       Falsches getan haben“, schrieb er und sprach den Angehörigen der Opfer sein
       Beileid aus. Die Zahl der Opfer könne noch weiter steigen. Selenskyj sprach
       von der „Unverschämtheit des Bösen“.
       
       Der Staatschef veröffentlichte auch ein kurzes Video, das den Moment der
       Explosion in dem belebten Viertel zeigen soll. Außerdem zeigte er Fotos von
       beschädigten Häuserfassaden, Blutlachen auf dem Boden und Rettungskräften,
       die Flammen löschen. Was genau für ein Geschoss einschlug, war zunächst
       unklar. Einige lokale Medien gingen von einer S-300-Rakete aus.
       
       Kostjantyniwka liegt nur knapp 20 Kilometer südwestlich der Stadt Bachmut,
       die die Russen im Zuge ihres Angriffskriegs vor wenigen Monaten besetzt
       haben, und wurde immer wieder zum Ziel russischer Angriffe. Erst im Juli
       warf die Ukraine Russland einen Streubombeneinsatz in Kostjantyniwka vor,
       bei dem ein Kind getötet wurde. Auch davor wurden in der ukrainisch
       kontrollierten Stadt immer wieder Zivilisten durch russische Angriffe
       getötet. (dpa)
       
       ## Neuer ukrainischer Verteidigungsminister bestätigt
       
       Das ukrainische Parlament hat der Ernennung von Rustem Umerow zum neuen
       Verteidigungsminister des Landes zugestimmt. Das Parlament habe mit großer
       Mehrheit den Vorschlag von Präsident Wolodymyr Selenskyj angenommen, teilte
       ein Abgeordneter am Mittwoch mit. Der bisherige Leiter des wichtigsten
       Privatisierungsfonds der Ukraine löst Olexij Resnikow ab, der von Selenskyj
       entlassen worden war.
       
       Der 41-jährige Umerow gilt als geschickter Verhandlungsführer und war auch
       an den Gesprächen über das von der Türkei und den Vereinten Nationen (UN)
       vermittelte Schwarzmeer-Getreideabkommen beteiligt, das von Russland im
       Juli allerdings aufgekündigt wurde. Auch an den Verhandlungen mit Russland
       einen Monat nach Beginn des Angriffskriegs im März 2022 sowie über den
       Austausch von Kriegsgefangenen nahm er teil, einschließlich zum Schicksal
       der Kämpfer im Asow-Stahlwerk im russisch besetzten Mariupol.
       
       Umerow gehört zur Volksgruppe der Krim-Tataren und stammt aus einer
       muslimischen Familie. Seine Vorfahren waren von der Sowjetunion in den
       1940er Jahren nach Usbekistan deportiert worden, wo Umerow geboren wurde.
       Seit dem Jahr 2020 gehört er einer Taskforce der ukrainischen Regierung an,
       die an Strategien arbeitet, um die völkerrechtswidrige Annektion und
       Besetzung der Krim durch Russland zu beenden.
       
       Im Parlament in Kiew sitzt Umerow für die proeuropäische Partei Holos. Im
       September 2022 wurde er Chef des Privatisierungsfonds, der staatliche
       Vermögenswerte an private Investoren veräußert. Zugute geschrieben wird
       ihm, dass er in seiner Amtszeit den von zahlreichen Korruptionsskandalen
       geplagten Fonds reformiert hat. Zudem hat die Privatisierung unter ihm
       zugenommen, was auch während des Krieges zu Rekordeinnahmen für die
       Staatskasse gesorgt hat. Begonnen hat Umerow seine Karriere im
       Privatsektor. 2013 gründete er eine eigene Investmentfirma. Er hat einen
       Universitätsabschluss in Wirtschaft und Finanzen. (rtr)
       
       ## Blinken ist in Kyjiw
       
       US-Außenminister Antony Blinken ist am Mittwoch zu einem Besuch in der
       ukrainischen Hauptstadt Kyjiw eingetroffen. Blinken wolle bei der vorab
       nicht öffentlich angekündigten Visite weitere Hilfen für die Ukraine in
       Höhe von 1 Milliarde Dollar (930 Millionen Euro) ankündigen, sagte ein
       Vertreter des US-Außenministeriums.
       
       Blinken hat die Ukraine seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022
       schon mehrfach besucht. Zuvor war er im September 2022 in Kyjiw und im
       April 2022 – gemeinsam mit Verteidigungsminister Lloyd. Die USA sind der
       wichtigste westliche Unterstützer des osteuropäischen Landes in seinem
       Abwehrkampf gegen Russland. (afp/dpa)
       
       ## Großbritannien will Wagner-Gruppe zu Terroristen erklären
       
       Gut anderthalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die
       Ukraine will Großbritannien die russische Privatarmee Wagner zu einer
       terroristischen Organisation erklären. Ein entsprechender Gesetzentwurf
       soll am Mittwoch dem Parlament in London vorgelegt werden, wie das
       Innenministerium mitteilte. Damit wird eine Mitgliedschaft bei der
       Söldnergruppe strafbar und ihr Vermögen kann beschlagnahmt werden.
       
       „Wagner ist eine gewalttätige und zerstörerische Organisation, die als
       militärisches Instrument des Russlands von (Präsident) Wladimir Putin im
       Ausland fungiert“, sagte Innenministerin Suella Braverman. „Wagner war an
       Plünderungen, Folterungen und barbarischen Morden beteiligt. Seine Einsätze
       in der Ukraine, im Nahen Osten und in Afrika sind ein Gefahr für die
       weltweite Sicherheit.“ Braverman betonte: „Sie sind Terroristen, ganz
       einfach.“
       
       [1][Wagner wurde vom Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin befehligt], der vor
       wenigen Wochen bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben kam. Die
       Gruppe spielte seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine im
       Februar 2022 eine wichtige Rolle. Ihr werden Kriegsverbrechen vorgeworfen –
       auch in anderen Ländern zum Beispiel in Afrika, in denen sie im Einsatz
       ist. (dpa)
       
       ## Ein Toter bei russischem Angriff auf Donau-Hafen Ismajil
       
       Bei einem russischen Drohnenangriff [2][auf den Donau-Hafen der Stadt
       Ismajil] in der südukrainischen Region Odessa ist nach Angaben der Behörden
       ein Mensch getötet worden. Während des fast dreistündigen Angriffs seien
       mehrere Agrar-Einrichtungen und Hafenanlagen beschädigt worden und Brände
       ausgebrochen, teilt Regionalgouverneur Oleh Kiper mit. Ein Mitarbeiter
       eines landwirtschaftlichen Betriebes sei schwer verletzt worden und später
       im Krankenhaus gestorben. Seitdem Russland im Juli aus dem von der Türkei
       und den Vereinten Nationen (UN) vermittelten Schwarzmeer-Getreide-Abkommen
       ausgestiegen ist, hat es verstärkt ukrainische Häfen angegriffen. Die
       Donau-Häfen sind mittlerweile zur wichtigsten Exportbasis der Ukraine für
       Getreide geworden. (rtr)
       
       ## Raketenangriff auf Kyjiw abgewehrt
       
       Russland hat die ukrainische Hauptstadt Kyjiw erneut aus der Luft
       angegriffen. Die Luftabwehr habe aber alle russischen Raketen bei dem
       Angriff am frühen Morgen abschießen können, bevor sie ihr Ziel erreichten,
       teilt die Militärverwaltung von Kyjiw über den Kurznachrichtendienst
       Telegram mit. Bisherigen Erkenntnissen zufolge gebe es keine Schäden und
       Opfer. „Ein weiterer Raketenangriff des Feindes auf eine friedliche Stadt
       mit dem Ziel, die Zivilbevölkerung zu töten und die Infrastruktur zu
       zerstören“, erklärt der Chef der Militärverwaltung, Serhij Popko. Der
       Luftalarm wurde nach einer Stunde wieder aufgehoben. (rtr)
       
       ## Selenski sichert Soldaten neue Ausrüstung zu
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat nach seinem Truppenbesuch
       in den umkämpften Regionen Donezk und Saporischschja den Soldaten einmal
       mehr neue Ausrüstung zugesichert. „Es wird neue Lieferungen geben“, sagte
       Selenski in seiner am Dienstagabend in Kyjiw verbreiteten Videobotschaft.
       Dabei berichtete er erneut von seinen Gesprächen mit Kommandeuren und
       Militärärzten während seiner Reise in die Nähe des Frontgebiets. Demnach
       besuchte Selenski 13 Brigaden. Er werde die Forderungen der Soldaten den
       Generälen, Regierungsbeamten und den Zuständigen für die internationalen
       Beziehungen übermitteln. Details nannte er nicht.
       
       Selenski kündigte einmal mehr auch eine neue Waffenproduktion sowie für das
       Land wichtige andere Entscheidungen an. Zuvor hatte der Präsident
       mitgeteilt, dass er den Chef der Militärverwaltung des Gebiets Donezk,
       Pawlo Kyrylenko, entlasse. Nach einem Bericht des Internetportals
       Ukrajinska Prawda soll Kyrylenko künftig das Kartellamt der Ukraine leiten,
       das Monopolbildung verhindern soll. Der Schritt gilt als Beförderung.
       Zunächst war unklar, wer den von der Ukraine kontrollierten Teil des
       überwiegend von russischen Truppen besetzten Gebiets Donezk künftig führen
       soll. (dpa)
       
       ## Ukrainischer Grenzschutz hindert 20.000 Männer an Flucht
       
       Seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als 18 Monaten hat der
       ukrainische Grenzschutz über 20.000 wehrpflichtige Männer an der Flucht
       gehindert. „Insgesamt haben die Grenzer seit dem 24. Februar vorigen Jahres
       etwa 14.600 Personen festgenommen, die illegal die Ukraine verlassen
       wollten“, sagte Grenzschutzsprecher Andrij Demtschenko am Dienstag im
       Nachrichtenfernsehen. Zusätzlich seien rund 6.200 Männer mit gefälschten
       Ausreisegenehmigungen erwischt worden.
       
       Viele Ukrainer versuchen sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Flüchtige
       seien an der „grünen Grenze“ vor allem zu Rumänien und der Republik Moldau
       aufgegriffen worden, sagte Demtschenko. Es gehe hauptsächlich um Männer im
       Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Von der Behörde war bereits mitgeteilt
       worden, dass allein im Grenzfluss Tyssa (Theiß) zu Rumänien und Ungarn
       mindestens 19 Männer ertrunken seien. Mehrere erfroren auch bei der Flucht
       durch die Karpaten.
       
       Bei Kriegsbeginn war eine Generalmobilmachung mit einem Verbot zur Ausreise
       von wehrpflichtigen Männern im Alter zwischen 18 und 60 Jahren angeordnet
       worden. Der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge sind in den 27 EU-Staaten
       und Norwegen, Schweiz und Liechtenstein allerdings [3][mehr als 650.000
       ukrainische Männer im Alter von 18 bis 64 Jahren als Flüchtlinge
       registriert].
       
       Von Kyjiw wird in Betracht gezogen, die Auslieferung von illegal
       ausgereisten Wehrpflichtigen unter anderem aus den EU-Staaten zu erwirken.
       Der Verkauf von Dokumenten für eine Freistellung vom Wehrdienst floriert in
       der Ukraine. Nach einer von Präsident Wolodimir Selenski angeordneten Welle
       von Razzien mit Festnahmen in den Einberufungsstellen liegt der Preis nach
       Justizangaben für derartige Papiere inzwischen bei über 10.000 Euro. (dpa)
       
       ## Belarus verbietet Passverlängerungen im Ausland
       
       Ein am Dienstag veröffentlichter Erlass der belarussischen Regierung von
       Präsident Alexander Lukaschenko versetzt Dissidenten in Sorge. Demnach
       werden auslaufende Pässe von im Ausland lebenden Staatsbürgern nur noch
       verlängert, wenn die Betroffenen dies innerhalb von Belarus beantragen. Der
       Erlass besagt, dass ein Ausweis von sich in einem anderen Land aufhaltenden
       Belarussen nur dort neu ausgestellt oder verlängert werden könne, wo der
       Antragsteller vor der Ausreise seinen registrierten Wohnsitz hatte. Die
       Maßnahme könnte viele der bis zu 300.000 Menschen, die Belarus in den
       letzten drei Jahren verlassen haben, um staatlicher Repression zu entgehen,
       zu einer Rückkehr zwingen.
       
       Die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die nach Litauen geflohen
       war, nachdem sie Lukaschenko bei den als manipuliert geltenden Wahlen 2020
       herausgefordert hatte, warnte ihre Landsleute: „Selbst wenn Ihr Pass
       abläuft, sollten Sie nicht in Ihr Heimatland zurückkehren, wenn Sie
       Verfolgung riskieren.“ Tichanowskaja sagte gegenüber der Nachrichtenagentur
       AP, dass Polen und Litauen Belarussen sogenannte Ausländerpässe ausgestellt
       hätten, die ihnen den Aufenthalt in diesen Ländern ermöglichten.
       
       Nach Angaben der belarussischen Menschenrechtsgruppe Viasna sitzen derzeit
       mehr als 1.500 Menschen als politische Gefangene in Gefängnissen ein. Vor
       allem kritische Journalisten und Aktivisten sind seit der Wahl im August
       2020 massiven Repressionen ausgesetzt. (ap)
       
       6 Sep 2023
       
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