# taz.de -- Streit um Kleidervorschriften an Schulen: Lieber mündige Individuen
> Der Bundeselternrat fordert angemessene Kleidung an Schulen. Die AfD
> dürfte begeistert sein. Besser wäre es, mal die Jugendlichen selbst zu
> fragen.
IMG Bild: Demnächst verboten?
Wie sich jemand in bestimmten Situationen kleidet, kann eine hochpolitische
Angelegenheit sein. Das gilt auch für die Frage, ob Kinder in der Schule
hierzulande anziehen dürfen, was sie wollen – oder eben nicht. Die
Vorsitzende des Bundeselternrats, des Gremiums, das die Belange der
gesamten Elternschaft in Deutschland vertreten soll, hat nun Folgendes
gesagt: Sie empfehle Schulen, „einen Konsens über eine Kleiderordnung zu
schließen“. Das Ziel: „unangemessene, lottrige, [1][zerrissene] oder
freizügige Kleidung“ von den Schulhöfen zu eliminieren.
„Lottrig“, das Markieren einer vermeintlichen Normabweichung: Wer so redet,
nutzt – ob beabsichtigt oder nicht – rechtes Vokabular. Die AfD dürfte über
den Vorschlag begeistert sein. Auf X, vormals Twitter, freuen sich die
rechten Kommentator*innen. Zumal die Elternvorsitzende auch noch schrieb:
Gerade Mütter würden sich morgens freuen, wenn Diskussionen mit den Kindern
ausblieben. Also noch eine Schippe Antifeminismus obendrauf gepackt.
Der Verband Bildung und Erziehung sah denn auch einen Eingriff in das
„Selbstbestimmungsrecht“ von Kindern und Eltern. Der Deutsche Lehrerverband
erinnerte an die jüngere deutsche Geschichte: Freiheit und Mündigkeit des
Individuums seien in diesem Land nicht umsonst besonders zu schützende
Werte.
Damit ist eigentlich auch alles gesagt. Die Halbwertszeit der aufgeregt
geführten Diskussionen bei diesen Themen ist erfahrungsgemäß kurz. Und es
gibt ganz sicher drängendere bildungspolitische Probleme, über die man
eigentlich reden muss.
Wenn demnächst doch mal wieder jemand nach Kleiderordnung in den Schulen
ruft: Es gibt durchaus Argumente, die man ernsthaft abwägen kann. Nimmt man
durch Einheitskleidung oder gar eine Schuluniform den [2][sozialen Druck]
raus für Kinder, [3][deren Eltern nicht so viel verdienen], die sich die
neuesten Adidas-Sneaker vielleicht nicht leisten können?
Aber: Wen man bei der ganzen Diskussion eigentlich zuerst fragen könnte:
die Kinder und Jugendlichen selbst, sie sollen schließlich mündige Bürger
werden.
7 Sep 2023
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## AUTOREN
DIR Anna Klöpper
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