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       # taz.de -- Pharmazeutin über die Klimakrise: „Medikation aktiv ansprechen“
       
       > Wer Medikamente einnimmt, sollte sich über die Wirkung bei hohen
       > Temperaturen informieren. Sonst drohen Gesundheitsgefahren.
       
   IMG Bild: Bei 34 Grad im Schatten sollten die Nebenwirkungen mancher Medikamente beachtet werden
       
       taz: Frau Schuster, Hitze wird durch die Klimakrise [1][häufiger sowie
       intensiver] und belastet den Körper sehr. Muss man das auch bei der
       Einnahme von Medikamenten beachten? 
       
       Elisabeth Schuster: Medikamente können zum Beispiel die [2][natürliche
       Temperaturregulierung des Körpers] im Gehirn verändern, was die Abkühlung
       erschwert. Sie können Schwitzen hemmen oder die Wahrnehmung verändern,
       sodass man schläfrig wird und weniger der Hitze entgehen kann. Wenn man zu
       wenig trinkt und dehydriert, können Arzneimittel deutlich toxischer werden.
       
       Für welche Medikamente gilt das besonders? 
       
       Insbesondere für solche, die das Herzkreislaufsystem beeinflussen, etwa
       Blutdruckmittel oder sogenannte Wassertabletten für Herz- oder
       Nierenprobleme. Antidepressiva, Antipsychotika und Antihistaminika in
       Schlaftabletten haben Einfluss auf die Wahrnehmung; manche Abführmittel
       können die Wassermenge im Körper verringern. Und von wirkstoffhaltigen
       Pflastern nimmt der Körper bei Hitze durch eine erhöhte Durchblutung mehr
       von dem Wirkstoff auf als normalerweise.
       
       Wo kann man sich darüber informieren, wie sich die Hitze auf die eigene
       Medikation auswirkt? 
       
       In der Apotheke können alle, die mehr als fünf Medikamente nehmen, einen
       von der Krankenkasse bezahlten Medikamentencheck machen lassen. Aber auch
       bei weniger Medikamenten kann man in die Apotheke oder zur Arztpraxis
       gehen, die eigene Medikation und Hitze aktiv ansprechen und nachfragen.
       
       Für wen ist die Hitze besonders gefährlich? 
       
       Natürlich für diejenigen, die besonders viele Medikamente nehmen – da ist
       oft das Alter ein Thema, weil die Menschen dann häufig mehr Medikamente
       nehmen. Aber auch unabhängig davon haben ältere Menschen einen anderen
       Kreislauf und weniger Durstgefühl. Das heißt, sie merken bei Hitze
       langsamer, dass sie zu wenig trinken. Auch Schwangere und Kinder sind
       besonders betroffen, weil ihr Wasserhaushalt anders ist. Und Menschen, die
       durch ihre Arbeit draußen extremer Hitze ausgesetzt sind oder in
       aufgeheizten Wohnungen wohnen müssen, können weniger gegen die Hitze
       unternehmen.
       
       Ist die Bevölkerung ausreichend über die Gefahren durch Hitze informiert? 
       
       Nein, das ist ein Thema, bei dem nur wenige aktiv nach Informationen
       suchen. Da müsste es mehr aktive Informationskampagnen, Hitzeschutzpläne
       und öffentliche Werbung geben, etwa für Kälteorte.
       
       Ist das [3][in der Fachwelt] ein Thema? 
       
       Im Medizin- oder Pharmaziestudium spielt das Thema Hitze meist keine Rolle.
       In pharmazeutischen Zeitschriften gibt es aber im Sommer öfter Artikel zu
       dem Thema, und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat gerade
       in diesem Jahr mehr dazu informiert. Für gute Übersichten zu Auswirkungen
       auf einzelne Medikamente musste ich allerdings länger recherchieren.
       
       Redaktioneller Hinweis: Das Gespräch wurde im Rahmen eines
       Rechercheprojekts zu Klimawandel und Gesundheit geführt, das von der
       [4][taz Panter Stiftung] unterstützt wird.
       
       13 Sep 2023
       
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