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       # taz.de -- Neuer Fußball-Bundestrainer: Auf Flibbeck folgt Nagelsdaum
       
       > Julian Nagelsmann ist der neue Fußball-Bundestrainer der Männer. Der DFB
       > wagt damit ein Experiment. Aber eines, das Erinnerungen wachruft.
       
   IMG Bild: Soll den DFB stark machen: Julian Nagelsmann
       
       Zugegeben, die Einschätzung ist schon ein bisschen älter, aber bislang hat
       noch nichts diesen Satz erschüttert: „Julian ist keine Lichtgestalt.“ Es
       geht um [1][Julian Nagelsmann], und der Autor dieses Satzes war auch schon
       einmal zum Bundestrainer ausgerufen worden: [2][Christoph Daum].
       
       Tatsächlich lohnt ein Blick zurück auf dessen gescheiterte Inthronisierung
       im Jahr 2000, um die Berufung Nagelsmanns besser zu verstehen. Damals wie
       heute wollte der DFB einen Vereinstrainer ohne Verbandsstallgeruch, damals
       wie heute versucht der DFB zugleich, seine angeschlagene Macht nicht an die
       reichen Klubs abzugeben.
       
       Ausgangspunkt für Daum war ein verkacktes Turnier: Bei der EM 2000 war das
       DFB-Team als Gruppenletzter in der Vorrunde ausgeschieden. Bundestrainer
       war damals Erich Ribbeck, der erst zwei Jahre zuvor gekommen war. Im
       Gefolge der vermurksten WM 1998 hatte der DFB jemanden gesucht, der vor
       allem dank eines seriösen Images den öffentlichen Druck von der Nationalelf
       nimmt. Darüber hinaus war Ribbeck jemand gewesen, der sowohl als Assistent
       des Bundestrainers als auch als Vereinstrainer Erfolge aufzuweisen hatte.
       Im Grunde war er einer wie zwei Jahrzehnte später Hansi Flick.
       
       Ribbeck scheiterte, der DFB suchte nach einer ganz neuen Lösung. Einer der
       damals modernsten Trainer war Christoph Daum. Er war mit dem 1. FC Köln
       Vizemeister und dem VfB Stuttgart Meister geworden. Als er 2000 vom DFB
       umworben wurde, war er gerade dabei, mit Bayer Leverkusen einen starken
       Antipoden zum FC Bayern München aufzubauen. Leverkusen wollte ihn daher
       noch nicht freigeben, und man vereinbarte, dass für eine Übergangszeit Rudi
       Völler, damals Sportdirektor von Leverkusen, die Mannschaft betreuen
       sollte. Daum wäre dann 2001, nach Ende der Ligasaison, Bundestrainer
       geworden.
       
       ## Kokain und der gescheiterte Versuch
       
       Gegen Daum hatte sich ganz massiv Bayern München positioniert. Von Uli
       Hoeneß kolportierte Gerüchte, Daum nehme Kokain, bewirkten, dass dieser mit
       einer Haarprobe öffentlichkeitswirksam zeigen wollte, dass er clean sei.
       Bekanntlich belegte die Probe das Gegenteil, und zu einer ganz großen
       Weltkarriere des Fußballtrainers Daum kam es nicht mehr.
       
       Ganz nebenbei bewirkte der Skandal, dass das Experiment Daum damals nicht
       zur Anwendung kam: Ein junger, erfolgreicher Vereinstrainer, dem alle
       nachsagen, er verkörpere die Fußballmoderne, wurde dann doch nicht
       verpflichtet.
       
       Den Kokainskandal mal beiseite gelassen, sind die Parallelen zwischen Daum
       und [3][Nagelsmann] nicht zu übersehen. Beide widersprechen dem gängigen
       Muster einer Nationaltrainer-Verpflichtung, wonach der Kandidat entweder
       ein alt und grau gewordener Fußballlehrer oder ein nicht renommierter
       DFB-Trainer sein müsse. Wie Daum soll Nagelsmann nach einem verkackten
       Turnier antreten.
       
       Zwar wird seine Verpflichtung vom mächtigen FC Bayern nicht öffentlich
       kritisiert, aber dass der DFB zeitgleich mit dieser Bundestrainerpersonalie
       einen Geschäftsführer namens Andreas Rettig verpflichtet hat, den die
       reichsten Klubs der Liga nicht mögen, deutet an, dass die Kämpfe
       weitergehen. Der DFB versucht mit der Nagelsmann-Verpflichtung etwas, woran
       er 2000 noch gescheitert war: die Kompetenz der hochprofessionellen
       Klubtrainer für sich zu nutzen, ohne gleich die Macht an die Klubs
       abzutreten.
       
       22 Sep 2023
       
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