# taz.de -- 29-Euro-Ticket in Berlin: Giffeys Abo-Falle
> Der VBB gibt grünes Licht für das Revival des 29-Euro-Tickets.
> Gleichzeitig werden die Preise für Einzelfahrscheine massiv erhöht.
IMG Bild: SPD-Landeschefin Franziska Giffey hatte sich schon bei der Erstauflage des 29-Euro-Tickets gefeiert
Berlin taz | Die Berliner SPD hat ihren Willen bekommen: Das Ende April
eingestellte 29-Euro-Ticket für alle wird wieder eingeführt. Am
Donnerstagnachmittag hat der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds
Berlin-Brandenburg (VBB) den Weg freigemacht für das von etlichen Seiten
[1][scharf kritisierte Berliner Sonderticket].
Wie das vor gut einem Jahr erstmals eingeführte Vorgängerticket ist auch
die Neuauflage auf den Tarifbereich AB beschränkt. Neu ist, dass das Ticket
nicht monatlich gekündigt werden, sondern nur mit einer
Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten erworben werden kann. Ein genauer
Termin, wann das Konkurrenzangebot zum bundesweit gültigen 49-Euro-Ticket
und zur VBB-Umweltkarte in modifizierter Form auf den Markt zurückkehrt,
wurde nicht genannt. Die Senatsverkehrsverwaltung spricht vage vom
„Frühsommer“, der VBB noch vager vom 1. Halbjahr 2024.
Die Fortsetzung des 29-Euro-Tickets war letztlich das einzig zentrale
Wahlkampfversprechen der Hauptstadt-SPD. Nun ist es also auch gegen alle
Widerstände aus Brandenburg durchgeboxt worden. Dementsprechend zufrieden
zeigten sich am Donnerstag die Sozialdemokrat:innen.
„Die SPD liefert“, bediente SPD-Landeschefin Franziska Giffey fast
vergessene Wahlkampfparolen. Das Berliner Inselticket sei auch keine
Konkurrenz zum 49-Euro-Ticket, sondern eine Ergänzung. Beides zusammen „mit
einem ambitionierten Streckenausbau“ mache „den Umstieg auf den ÖPNV
möglich – für eine moderne Mobilität, [2][mehr Klimaschutz] und auch für
mehr soziale Teilhabe“, so Giffey weiter.
## Harsche Kritik von Linken, Grünen und BUND
Genau diesen Mehrwert bezweifelt die Opposition. Der Verkehrsexperte der
Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Kristian Ronneburg, nannte den
VBB-Beschluss „verkehrs- und finanzpolitisch falsch“. Das 29-Euro-Ticket
könnte nicht nur bis zu [3][335 Millionen Euro] im Jahr kosten. Zusätzlich
muss das Land Berlin auch noch jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag
als Eigenanteil für das 49-Euro-Ticket des Bundes begleichen.
Auch die Grünen lassen kein gutes Haar an dem Beschluss. „Das Geld für
diesen unnötigen Alleingang wird für dringend benötigte Verkehrssicherheit
und bessere Taktungen im ÖPNV in den Stadtrandlagen schmerzlich fehlen“,
sagte die mobilitätspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Oda
Hassepaß.
Der Umweltverband BUND weist auch Giffeys Loblied auf den Klimaschutzeffekt
des Tickets zurück. Im Gegenteil, angesichts der Haushaltslage Berlins sei
das Angebot „klimapolitisch kontraproduktiv“, erklärte BUND-Geschäftsführer
Tilmann Heuser. Um mehr Autofahrer:innen für den ÖPNV zu gewinnen,
müsse zuvorderst das Angebot ausgebaut werden. „Dazu gehört die Gewinnung
von mehr Personal ebenso wie die Anschaffung von Fahrzeugen und die
Investitionen in die Schienenstrecken“, so Heuser.
Unterdessen hat der VBB nicht nur das 29-Euro-Ticket beschlossen, sondern
auch saftige Preiserhöhungen für Einzeltickets. So wird das Ticket AB ab 1.
Januar 3,50 Euro kosten, 30 Cent mehr als bisher. Der Preis für ein Ticket
ABC steigt um 40 Cent auf 4,40 Euro. Dazu sagte Franziska Giffey freilich
nichts.
28 Sep 2023
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## AUTOREN
DIR Rainer Rutz
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