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       # taz.de -- Zeitung stellt Tagesausgabe ein: Sparsamer Boulevard
       
       > Bei der „Hamburger Morgenpost“ droht eine Entlassungswelle. Die tägliche
       > gedruckte „Mopo“ soll Anfang 2024 eingestellt werden.
       
   IMG Bild: Journalisten arbeiten in den Redaktionsräumen der „Hamburger Morgenpost“
       
       Hamburg taz | Wenn die [1][seit 1949 erscheinende Hamburger Morgenpost] am
       16. September kommenden Jahres 75 Jahre alt wird, liegt an diesem Montag
       keine gedruckte Ausgabe an den Kiosken der Hansestadt. Die Boulevardzeitung
       muss massive Einsparungen vornehmen. Deshalb stellt die Mopo ihre tägliche
       Printausgabe ab dem kommenden Jahr ein, wie sie am Donnerstag bekannt gab.
       Nur noch eine Ausgabe zum Wochenende will die Mopo dann drucken lassen. Für
       die aktuell knapp 100 Mitarbeiter*innen in Verlag und Redaktion geht
       damit ein massiver Stellenabbau einher. Um rund 15 Prozent dürfte die
       Belegschaft schrumpfen.
       
       „Die Zeit der gedruckten Tageszeitungen nähert sich dem Ende“, zitierte die
       Onlineplattform Medieninsider am Donnerstagmittag [2][Arist von Harpe,]
       Geschäftsführer und Eigentümer. „Das von uns geplante Wochenprodukt hat
       deutlich geringere Fixkosten und einen höheren relativen Deckungsbeitrag,
       ist damit deutlich stabiler gegenüber dem weiteren Auflagenrückgang“, sagt
       von Harpe. Schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert kämpft das Blatt
       mit sinkender Auflage. Laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung
       der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) lag die verkaufte Druckauflage
       zuletzt, die verkaufsstärkste Samstagausgabe eingeschlossen, nur noch bei
       rund 16.000. Ende 2020 waren es noch 8.000 mehr.
       
       Dass die Mopo bald nicht mehr unter der Woche am Kiosk ausliegen würde,
       bestätigte die Mopo Ende Juni zumindest indirekt: „Richtig ist, dass wir
       uns mit der Entwicklung von Produkten beschäftigen, die die werktäglich
       erscheinenden Print-Ausgaben der Mopo ablösen könnten“, teilte die Mopo der
       Konkurrenz vom Hamburger Abendblatt auf Nachfrage mit. Das solle aber erst
       entschieden werden, nachdem es einen „intensiven Austausch mit unseren
       Lesern und Kunden“ gegeben habe. Nicht nur die sinkende Auflage, auch der
       seit Anfang vergangenen Jahres stark gestiegene Papierpreis hatte von Harpe
       seinerzeit als Ursache für die Transformation genannt.
       
       Dass die Entscheidung, die täglich gedruckte Mopo schon im ersten Quartal
       kommenden Jahres einzustellen, aber schon jetzt gefallen ist, überraschte
       dann auch die Belegschaft, die am Donnerstagmittag darüber informiert
       wurde. „Das ist für alle Beteiligten ein schwieriges und natürlich auch
       sehr emotionales Thema, das wir fair und um Ausgleich bemüht durchführen
       wollen“, erklärte von Harpe am Donnerstag.
       
       ## Versuch, mehr Geld zu verdienen
       
       Für von Harpe ist die Entscheidung die folgenreichste, nachdem er Anfang
       2020 das Hamburger Boulevardmedium gekauft hatte. Auch wenn er zuvor nicht
       im journalistischen Bereich tätig war – vorher war von Harpe Marketingchef
       der Karriereplattform Xing – nahm die Redaktion die Übernahme durchaus
       positiv auf und sah darin erstmals die Chance auf einen Neuanfang. Denn
       zuvor sah es so aus, dass der DuMont-Verlag das Blatt einstellen könnte.
       
       Seit Ende 2021 versucht das Blatt, mit seinem Online-Angebot mehr Geld zu
       verdienen: Da zog die Mopo eine Paywall vor einen Großteil ihrer
       Online-Artikel. Einher ging das auch mit einem Relaunch der Website, der
       allerdings intern als nicht gelungen betrachtet wird. Die Abozahlen für
       einen „Mopo+“-Zugang steigen aber seither dennoch.
       
       Von Harpe, der gebürtiger Düsseldorfer ist und seit 1999 in Hamburg wohnt,
       nannte rückblickend seinen Mopo-Kauf zwar als „Schnapsidee, die mir kam“.
       Aber er betonte, dass er mit der Redaktion eine höhere Qualität der
       Berichterstattung erreichen wolle. „Wir sehen uns nicht mehr als den
       klassischen, knalligen Boulevard, das Rabiate, das die Mopo früher war“,
       sagte er seinerzeit.
       
       Ob die Qualität nach der [3][Einstellung der werktäglichen] Mopo gehalten
       werden kann, ist angesichts des damit einhergehenden Stellenabbaus
       zumindest fraglich. Nicht nur Jobs, die für die Herstellung der täglichen
       Printausgabe etwa im Layout nötig sind, sollen wegfallen. Auch in der
       Redaktion kommt es zu Kürzungen. „Im lokalen redaktionellen Kernteam wird
       es keinen Abbau geben, die publizistische Power soll auf keinen Fall
       leiden“, sagt von Harpe jedoch.
       
       29 Sep 2023
       
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