URI: 
       # taz.de -- EU-Verbot von Mikroplastik: Europas Öko-Selbstbetrug
       
       > Die EU will Mikroplastik verbieten. Aber das löst nur einen Teil des
       > Problems – das Gift wird es weiter geben.
       
   IMG Bild: Mikroplastik reichert sich in der Umwelt an und gelangt in die Nahrungskette
       
       Das Vorsorgeprinzip ist eines der Grundfesten europäischer Umwelt- und
       Verbraucherschutzpolitik. Es gehört zum Selbstverständnis der EU und gilt
       Kritikern als wichtiges Argument gegen Freihandelsabkommen mit den USA.
       Doch der Umgang mit Mikroplastik zeigt, dass das auf einem Selbstbetrug
       fußt.
       
       Mikroplastik wird entweder extra erzeugt, etwa für Granulat auf
       Sportplätzen. Oder es entsteht unbeabsichtigt etwa als Reifenabrieb oder
       beim Waschen von kunststoffhaltigen Textilien. Wenn [1][die EU nun im Laufe
       der nächsten acht Jahre den Verkauf extra hergestellter Mini-Partikel
       verbietet], dann reagiert sie mit der ihr eigenen Bombastik – „Wir
       verbieten den Schmutz, bäm!“ – auf ein Problem, [2][vor dem
       Wissenschaftler, Umwelt- und Ärzteverbände schon lange warnen].
       
       Mikroplastik reichert sich in der Umwelt an und gelangt in die
       Nahrungskette. Im menschlichen Körper kann es Entzündungen verursachen.
       Meerestiere verhungern mit vollem Bauch, weil sie ihn mit Mikroplastik
       gefüllt haben. Hätte das europäische Vorsorgeprinzip gegriffen, hätten die
       kleinen Partikel nie massenhaft hergestellt, verkauft und in der Umwelt
       verteilt werden dürfen, genauso wie all die anderen Stoffe, vor denen die
       Umweltverbände und Ärzte warnen. Abgesehen davon, dass das Problem [3][der
       unbeabsichtigt in die Umwelt gelangenden Partikel] mit dem Verbot nicht mal
       angegangen wird.
       
       In Deutschland könnte die Bundesregierung nicht deutlicher machen, wie
       unwichtig ihr das ist: Während in Bonn auf der UN-Chemikalienkonferenz die
       Umweltministerin Weltverbesserungsreden halten darf, regelt der Kanzler in
       Berlin das Wichtige mit der Chemielobby auf einem Gipfel. Dass es ihm
       darum gehen könnte, wie diese aus der Produktion schädlicher Stoffe
       aussteigt, erscheint fast lächerlich. Selbstverständlich geht es darum, wie
       die Energieversorgung der Unternehmen günstiger gestaltet werden kann.
       Solange Chemikalienpolitik aber bedeutet, stets nur die schlimmsten Folgen
       der größten Bedrohungen einzudämmen, ist Europas Vorsorgeprinzip nicht mehr
       als eine gute Idee.
       
       26 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Europaeischer-Umweltschutz/!5959784
   DIR [2] /Mikroplastik-im-Boden/!5770071
   DIR [3] /Mikroplastik-aus-der-Waschmaschine/!5759437
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
       ## TAGS
       
   DIR Meeresverschmutzung
   DIR Mikroplastik
   DIR Spanien
   DIR Plastikmüll
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Mikroplastik
   DIR Mikroplastik
   DIR Sri Lanka
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Mikroplastik im Atlantik: Plastik flutet Spaniens Strände
       
       Winzige Pellets gefährden Meereslebewesen, warnen Experten. Die Regierung
       in der spanischen Region Galicien sieht das anders.
       
   DIR Umweltverschmutzung im Globalen Süden: Afrika ertrinkt in Plastik
       
       In afrikanischen Ländern sterben Menschen bei Regen in Plastikfluten. Viele
       fordern ein globales Plastikverbot. Die Vereinten Nationen wollen handeln.
       
   DIR Biologe über Plastikverschmutzung: „Am Ende sind alle Meere vermüllt“
       
       Mikro- und Nanoplastik sind noch gefährlicher für Mensch und Umwelt als die
       sichtbaren Kunststoffberge. Aber wer kann und muss die Probleme lösen?
       
   DIR Europäischer Umweltschutz: EU verhängt Mikroplastikverbot
       
       Brüssel will die Verschmutzung der Umwelt mit Mikroplastik bis 2030 um 30
       Prozent reduzieren. Dafür wird der Verwendung ein Riegel vorgeschoben.
       
   DIR Gefahr für Meerestiere: So viel Mikroplastik fressen Wale
       
       Weil die Menschheit die Meere verschmutzt, nehmen Wale große Mengen an
       Kunststoff auf. Teils sind es zehn Millionen Teilchen – und zwar täglich.
       
   DIR Gesunkenes Schiff vor Sri Lanka: Mikroplastik und tote Meerestiere
       
       Ende Mai brach Feuer auf dem Containerschiff MV X-Press aus. Die Fracht aus
       Chemikalien, Kunststoff und Treibstoff bedroht nun Sri Lankas Küste.