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       # taz.de -- Klimaplan für Frankreich: Ökologie à la française
       
       > Emmanuel Macron stellt vor, mit welchen Maßnahmen er die globale
       > Erhitzung bekämpfen will. Was unterscheidet seine Pläne von den
       > deutschen?
       
   IMG Bild: Mehr E-Autos und mehr Vorort-Züge: Das ist der Beitrag des Verkehrssektors zum Klimaprogramm
       
       Paris taz | Als Emmanuel Macron sich im vergangenen Jahr um seine
       Wiederwahl als Präsident Frankreichs bewarb, [1][setzte er auf das bis
       dahin vernachlässigte Thema Umwelt.] „Die zweite Amtszeit wird ökologisch
       sein oder sie wird gar nicht stattfinden“, sagte er im Wahlkampf. Am Montag
       kündigte der Präsident nun eine ganze Latte von Maßnahmen an, um die
       Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990
       zu verringern. Ein Ziel, das [2][die EU mit ihrem Programm „Fit for 55“
       vorgegeben] hat, und das Frankreich in den vergangenen Jahren verfehlte,
       weil die Emissionen nicht im nötigen Takt gedrosselt wurden.
       
       Es besteht also Handlungsbedarf, wie Macron bei der Vorstellung seiner
       „ökologischen Planung“ selbst sagte. „Wir sind die Hälfte des Weges
       gegangen. Das bedeutet, dass wir in der Periode von 2022 bis 2030
       zweieinhalb mal schneller vorankommen müssen.“
       
       Der einstige Wirtschaftsminister wirbt für eine Ökologie „à la française“,
       die wirtschaftliche Interessen mit Klimaschutz verbinden soll. So sollten
       2027 eine Million Elektro-Fahrzeuge gebaut werden, kündigte Macron an, der
       am Sonntag seine bedingungslose Liebe zum Auto bekundet hatte.
       
       Ein „Sozial-Leasing“ soll es einkommensschwachen Familien ermöglichen, ein
       E-Auto für 100 Euro im Monat aus europäischer Produktion zu erwerben.
       Mehrere zehntausend Fahrzeuge sollten so 2024 finanziert werden.
       Gleichzeitig will der Präsident 13 Projekte von [3][Vorortzügen in den
       großen Städten des Landes] anschieben, für die im kommenden Jahr 700
       Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden sollen.
       
       ## Ende der Kohle
       
       Eine weitere Maßnahme ist die Produktion von Wärmepumpen, die verdreifacht
       werden soll, um 2027 auf eine Million Einheiten zu kommen. Anders als
       ursprünglich angedacht sollen aber die Gasthermen nicht verboten werden.
       „Wir haben uns zu einer Politik des Ansporns entschlossen“, sagte Macron,
       der damit offenbar auch auf den [4][deutschen Streit um das Heizungsgesetz]
       reagierte.
       
       Bereits am Sonntag hatte der Präsident angekündigt, die beiden letzten
       Kohlekraftwerke des Landes 2027 zu schließen. Ursprünglich war das Aus der
       Anlagen schon 2022 vorgesehen gewesen. Wegen des Krieges in der Ukraine und
       der damit verbundenen Energiekrise blieben sie jedoch länger in Betrieb.
       
       Zurückhaltend zeigte Macron sich bei der Gebäuderenovierung, obwohl der
       Gebäudesektor 28 Prozent der Treibhausgasemissionen ausmacht. Eine
       Strategie für den sozialen Wohnungsbau soll im Oktober vorliegen, die
       Finanzhilfen für die Renovierung sollen dann im November vorgestellt
       werden. Bisher bleibt Frankreich bei den Renovierungen deutlich hinter dem
       selbst gesteckten Ziel von 500.000 Wohnungen jährlich zurück.
       
       Auch auf die [5][Verringerung des CO2-Ausstoßes der Landwirtschaft, die
       immerhin für rund 20 Prozent der Emissionen verantwortlich] ist, ging der
       Präsident nicht ein. „Der Präsident spricht von der Ökologie à la
       française, aber wir haben den Eindruck, dass diese Ökologie bedeutet,
       nichts zu ändern“, kritisierte Grünen-Chefin Marine Tondelier im
       Radiosender France Info.
       
       ## Allzweckwaffe Atomkraft
       
       Der Klimaforscher François Gemenne begrüßte den Ansatz einer ökologischen
       Planung, die andere Länder bisher kaum verfolgten. Gleichzeitig
       [6][verweise Frankreich beim Klimaschutz aber zu schnell auf seine CO2-arme
       Atomindustrie], sagte Gemenne der Zeitung Le Parisien. Darüber würden
       Maßnahmen im Bereich Verkehr, Landwirtschaft und Gebäudeisolierung
       vernachlässigt. „Frankreich hat die Tendenz, sich auf seinen Lorbeeren
       auszuruhen.“
       
       Die Regierung Macron fährt ein gigantisches Investitionsprogramm für
       Atomkraft und hat die ursprüngliche Marke für das Ziel, nur noch zu 50
       Prozent von Kernenergie abhängig zu sein, schon im Frühsommer aus ihrem
       Energieprogramm gestrichen. Allerdings war der AKW-Park in den vergangenen
       Jahren immer wieder wegen Inspektionen und Defekten teilweise außer
       Betrieb.
       
       26 Sep 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christine Longin
       
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