# taz.de -- Kabinett beschließt Kindergrundsicherung: Viel Lärm um fast nichts
> In der Debatte um Kinderarmut ist die Ampelkoalition tief gesunken. Was
> jetzt beschlossen wurde, ist dürr. Aber mehr ist mit der FDP nicht drin.
IMG Bild: Die FDP hat erfolgreich verhindert, dass Kinderarmut wirksam bekämpft werden kann
Es gibt Momente unfreiwilliger Ehrlichkeit in der Politik. Zum Beispiel am
Mittwoch, als Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte: „Die
Kindergrundsicherung ist die Antwort der Bundesregierung auf die
Kinderarmut.“ Ja, genau, das ist die Antwort, und diese Antwort auf die
Kinderarmut ist karg.
Die versprochenen materiellen Verbesserungen sind Neuberechnungen beim
Existenzminimum, die für bestimmte Altersgruppen voraussichtlich um bis zu
28 Euro höhere monatliche Regelsätze ergeben. Zudem wird die Anrechnung von
Einkommen abgemildert. Beides hätte man aber auch einfacher haben können,
das Existenzminimum etwa wurde immer wieder mal neu berechnet,
Einkommensanrechnungen verändert.
Das Herzstück der Reform, die Auszahlung der Kindergrundsicherung durch
neue Familienservicestellen, ist riskant, denn [1][das bedeutet einen
gigantischen Verwaltungsumbau]. Behördenvertreter:innen warnen, dass
der Umbau die Antragstellungen für Familien im Bürgergeldbezug
verkomplizieren könnte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein
„Bürokratieabbau“ nach hinten losgeht, weil die „Vereinfachung“ erst mal
aufwendig organisiert werden muss und Nebenwirkungen zeitigt.
Der politische Streit [2][befeuerte Diskriminierungen]. Man solle
Alleinerziehenden, Familien im Bürgergeldbezug, darunter vielen mit
Migrationshintergrund, bloß nicht zu viele Sozialleistungen gewähren, damit
man keine „Erwerbsanreize“ mindere, [3][warnten FDP und Union]. Die FDP
setzte durch, dass man Flüchtlingskinder von der Kindergrundsicherung
entkoppelt und sie damit 20 Euro im Monat verlieren. Man wolle für
Asylbewerber:innen „keine falschen Signale“ senden, sagte
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Dass er sich mit solchen
Äußerungen nicht schäbig vorkommt, zeigt, wie tief man sinken kann in der
Debatte.
Man kann also nur hoffen, dass es mit dem neuen Gesetz ab 2025 für manche
Geringverdiener:innen tatsächlich einfacher wird, Sozialleistungen
für ihre Kinder zu beantragen. Mehr ist im Moment nicht drin.
27 Sep 2023
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## AUTOREN
DIR Barbara Dribbusch
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