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       # taz.de -- Sieg gegen Holstein Kiel in der 2. Liga: St. Pauli entwirrt sich
       
       > Gegen starke Kieler gelingt dem FC St. Pauli ein 5:1-Befreiungsschlag.
       > Die zuletzt verpflichteten Stürmer wurden dafür nicht gebraucht.
       
   IMG Bild: Erleichtert nach seinem Tor zum 3:0: St. Paulis Oladapo Afolayan
       
       Hamburg taz | Wenn im Sport eine lange Durststrecke endet, ist oft von
       einem Knoten die Rede, der geplatzt sei. Worin die Fußballer des FC St.
       Pauli sich in der noch jungen Saison verheddert hatten, war aber mehr als
       ein Knoten, eher das, was Seeleute eine Wuhling nennen: ein unklar
       vertüdelter Haufen aus Tauwerk und Gerätschaften. Woche für Woche spielten
       sie ihre Gegner schwindelig, verloren darüber aber selbst das Ziel aus den
       Augen – das Schießen von Toren. Magere drei waren ihnen in fünf Spielen
       gelungen, im eigenen Stadion noch kein einziges. Das Grübeln darüber nahm
       im gleichen Maße zu wie die Entscheidungsfreude vor dem Tor ab.
       
       Eine Dynamik, die St. Pauli [1][zur Genüge kennt]: In der Vorsaison endete
       sie mit Abstiegsplatz 17 zum Ende der Hinrunde und dem [2][Aus für den
       beliebten Trainer]. Ein Hauch von Déjà-vu zog in den vergangenen Wochen
       durchs Stadion am Millerntor, zuletzt verstärkt durch die schwere
       Bänderverletzung, die sich Antreiber Jackson Irvine im Einsatz für
       Australiens Nationalteam zuzog.
       
       Und dann kam Holstein Kiel ans Millerntor, jene Überraschungsmannschaft,
       die nach durchwachsener Vorsaison komplett umgekrempelt wurde. Nach vier
       Siegen aus fünf Spielen hätten die Kieler, begünstigt durch den Ausrutscher
       des HSV beim Aufsteiger Elversberg, Tabellenführer werden können.
       Stattdessen platzte bei St. Pauli nicht nur ein Knoten, nein, die ganze
       Wuhling löste sich auf in Wohlgefallen. Nach sieben Minuten stand es schon
       2:0 durch Connor Metcalfe und Eric Smith. Die Heim-Fans hatten gut lachen:
       Als es aus dem Gästeblock „Scheiß St. Pauli, Scheiß St. Pauli, hey!“
       schallte, stimmten sie mit ein.
       
       ## Wochen der Nervosität enden
       
       Als auch noch Flügelstürmer Oladapo Afolayan sein Tor machte, der in den
       Vorwochen unter anderem als Aushilfs-Mittelstürmer Frust geschoben hatte,
       war die Welt auf St. Pauli wieder in Ordnung. Wie groß vorher die
       Nervosität im Club gewesen sein muss, zeigte der Blick auf die Ersatzbank:
       Dort saß mit dem 32-jährigen Simon Zoller der echte Mittelstürmer, den St.
       Pauli kurz vor Transferschluss verpflichtet hatte, neben dem noch ein Jahr
       älteren Neuzugang Andreas Albers; der in den vergangen Wochen im
       Sturmzentrum glücklos geblieben ist.
       
       Wie im Vorjahr tut St. Pauli sich schwer, den Abgang des besten Torschützen
       zu kompensieren. Der Verein, nach jahrzehntelangem Chaos so erzseriös
       geführt wie die Sparclubs in den Kneipen rund ums Stadion, stopft mit
       seinen Transfererlösen vor allem Löcher, die die Pandemie gerissen hat. Er
       scheut das Zahlen hoher Ablösesummen und bekommt deshalb kaum Stürmer, die
       sofort helfen und längerfristige Perspektiven haben. Stattdessen werden
       entwicklungsfähige Stürmer geholt – und obendrauf alte Haudegen, die ihnen
       nicht langfristig im Weg stehen. Innerhalb eines Jahres kamen so schon
       sieben neue Stürmer ans Millerntor. Das kann gutgehen, wenn auch mal
       Mittelfeldspieler treffen – wie nun Lars Ritzka zum 4:1 und Marcel Hartel
       zum 5:1.
       
       Dass Holstein stark mitspielte, gute Chancen hatte und zwischenzeitlich zum
       1:3 kam, spielte da schon keine Rolle mehr. Es macht diesen ersten Heimsieg
       für St. Pauli vielleicht sogar noch kostbarer.
       
       Im Text hatte es zunächst geheißen, Kiel habe vier Spiel in Folge gewonnen.
       Dazwischen lag aber eine Niederlage gegen Magdeburg. Wir haben die
       Textstelle entsprechend geändert.
       
       17 Sep 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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