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       # taz.de -- Putins europäische Freundinnen: Zwischen Moskau und Italiens Senat
       
       > Irina Osipova ist in Russland gut vernetzt und Italiens neue
       > Parlamentsassistentin. Ihre Verbindungen zu Faschisten und Söldnern
       > scheinen nicht zu stören.
       
   IMG Bild: Kein Putin-Fan (mehr): Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
       
       Rom taz | Wenn der italienische Senat neue Parlamentsassistent*innen
       anheuert, interessiert das gewöhnlich keinen Menschen im Land. Doch jetzt,
       bei der letzten Einstellungsrunde für die zweite Kammer des Parlaments,
       widmeten sich plötzlich zahlreiche Zeitungen und Onlinemedien der Frage,
       wer denn da in Zukunft mit Sekretariats- und Verwaltungsaufgaben betraut
       sein wird.
       
       Die Antwort: Irina Osipova. Sie schaffte es im Ausschreibungsverfahren
       gegen gut 12.000 Mitbewerber*innen auf Platz 78 der Liste der
       „Geeigneten“, und soll zum 1. November den Dienst im Palazzo Madama, dem
       barocken Sitz des Senats im Zentrum Roms, antreten. Welche Aufgaben die
       35-Jährige im Senat übernehmen wird, ist bisher nicht bekannt.
       
       Bekannt ist sonst aber einiges, genug jedenfalls, um das Interesse an ihrer
       Einstellung zu rechtfertigen: Osipova wuchs in Italien als Tochter des
       früheren Leiters des Russischen Zentrums für Kultur und Wissenschaft in der
       Hauptstadt Rom auf. Sie spricht perfekt beide Sprachen und hat sowohl die
       russische als auch die italienische Staatsangehörigkeit.
       
       Kein Wunder daher, dass sie sich immer schon für die Verständigung zwischen
       beiden Völkern einsetzte – auf ihre Weise allerdings. Im Jahr 2012 gründete
       Osipova die Vereinigung „Rim – italo-russische Jugendliche“, die gegen die
       nach der [1][Krimannexion] über Russland verhängten Sanktionen
       protestierten. Im Oktober 2014 führt sie ein Interview mit dem
       italienischen Neofaschisten Andrea Palmeri. Wenige Tage später bricht der
       als Söldner in den Donbass auf, wo Russland gegen die Ukraine kämpft – auf
       russischer Seite natürlich.
       
       ## Als Übersetzerin mit Rechtspopulist Salvini nach Moskau
       
       In den sozialen Medien ist sie außerdem mit Vladimir Verbitchii befreundet,
       der an der Seite Palmeris prorussische Söldner in Italien anwirbt. Wenig
       überrascht da, dass Osipova bei einem Meeting der europäischen extremen
       Rechten in Petersburg dabei ist, zu dem auch Roberto Fiore, Chef der stramm
       faschistischen Kleinpartei [2][Forza Nuova], aus Rom angereist ist.
       
       Doch die junge Italo-Russin hat Kontakte weit über das faschistische
       Schmuddelmilieu hinaus. Schon 2014 arbeitet sie bei der „Vereinigung
       Lombardei-Russland“ mit. Deren Chef Ginaluca Savoini kümmert sich vorneweg
       um die Kontakte der rechtspopulistischen Lega unter dem Putin-Bewunderer
       Matteo Salvini mit Russland. Als Salvini und Savoini im Jahr 2015 nach
       Russland reisen, ist Osipova mit an Bord, als Dolmetscherin.
       
       Die Kontakte dürften rundum harmonisch verlaufen sein, nur wenige Jahre
       später nämlich wollte die Lega – so vermutet die Staatsanwaltschaft Mailand
       – unter Savoinis Federführung ein großes Ding drehen: Mit Russland wollte
       sie ein Erdölgeschäft in die Wege leiten, bei dem 49 Millionen Dollar für
       Salvinis rechtspopulistische und fremdenfeindliche Partei als „Provision“
       abfallen sollten. Schon 2016 verschoben sich aber Osipovas politische
       Präferenzen – von rechts nach weiter rechts, von Salvinis Lega zu Giorgia
       Melonis Fratelli d’Italia (FdI).
       
       Doch weder Salvini noch die – [3][von der Putin-Bewunderin zur
       Ukraine-Unterstützerin mutierte] – heutige Regierungschefin Meloni haben
       sie auf diesen Posten gehievt. Noch in der vergangenen Legislaturperiode,
       vor dem Wahlsieg der Rechten, stellte sich Osipova der Auswahlkommission.
       Dabei sei „alles regulär“ gelaufen, und selbstverständlich werde in der
       mündlichen Prüfung nicht „nach politischen Ideen“ gefragt, gab diese
       bekannt.
       
       18 Sep 2023
       
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