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       # taz.de -- Museum für Trostfrauen: Kampf für die Erinnerungskultur
       
       > Nur wenige hundert Meter von der Friedensstatue entfernt hat der
       > Korea-Verband in Moabit ein Museum der Trostfrauen eröffnet.
       
   IMG Bild: Denkmal zur Erinnerung an die „Trostfrauen“ im Ortsteil Moabit
       
       Berlin taz | Seit drei Jahren sitzt die kleine Frau allen Protesten der
       japanischen Regierung und der japanischen Botschaft in Berlin zum Trotz auf
       einem Stuhl in der Birkenstraße in Moabit. Ein Vögelchen sitzt auf ihrer
       Schulter, der Nachbarstuhl ist frei. Die Skulptur erinnert an fernöstliche
       Zwangsprostituierte, die im Zweiten Weltkrieg in japanischen
       Wehrmachtsbordellen sexuelle Zwangsarbeit leisten mussten.
       
       Aufgestellt hatte [1][die Statue] im September 2020 der Korea-Verband, ein
       deutsch-koreanischer Verein, der damit auf sexuelle Zwangsdienste in
       Kriegen aufmerksam machen will. Am Wochenende hat der Korea-Verband wenige
       hundert Meter von der Statue entfernt ein Museum der Trostfrauen eröffnet.
       
       „Das sind eigentlich unsere Büroräume, ergänzt um drei Ausstellungsräume“,
       sagt Nataly Jung-Hwa Han vom Korea-Verband der taz. „Wir mussten ohnehin
       umziehen, und da haben wir größere, ebenerdige Räume gesucht, um eine
       Dauerausstellung zu zeigen.“
       
       Die Ausstellung dokumentiert zur einen Hälfte die Geschichte der Statue in
       Berlin, von den Frauen liebevoll „Friedensstatue“ oder auch „Ari“ genannt.
       „Ari“ ist aber nicht koreanisch, sondern armenisch und heißt „Die Mutige“.
       Ein Verweis auf den Genozid an den Armeniern durch die Türkei während des
       Ersten Weltkrieges, aber auch darauf, dass es in den USA armenische
       ZuwanderInnen waren, die sich japanischen Protesten zum Trotz für eine
       vergleichbare Statue im öffentlichen Raum eingesetzt hatten.
       
       ## Ein Ex-Bürgermeister und sein Kampf gegen die Statue
       
       Auch in Berlin wollte vor drei Jahren [2][die japanische Botschaft] die
       Statue nicht haben, wie sie deutschen Behörden klarmachte. Mittes damaliger
       Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel knickte ein und zog die
       ursprünglich für ein Jahr erteilte Genehmigung zum Aufstellen der Statue
       nach wenigen Tagen wieder zurück.
       
       Der Grünen-Politiker forderte den Korea-Verband stattdessen auf, sie
       abzubauen. „Mit der ‚Friedensstatue‘ und ihrer Texttafel wird ein
       politisch-historisch belasteter und komplexer Konflikt zwischen zwei
       Staaten aufgegriffen, der sich nicht für die Aufarbeitung in Deutschland
       eignet“, schrieb von Dassel seinerzeit.
       
       Nach Protesten und entsprechenden Beschlüssen der
       Bezirksverordnetenversammlung wurde die Genehmigung später jedoch
       wiederhergestellt und 2021 sogar befristet verlängert. Derzeit duldet das
       Bezirksamt die Skulptur nur. Dauerhaft dürfen Denkmäler im öffentlichen
       Straßenland nur stehen, wenn sie aus einem Kunstwettbewerb hervorgegangen
       sind. Möglich, dass es diesen für die Gestaltung des Umfelds der Statue
       noch geben wird.
       
       ## Japanische Proteste sind zurückgegangen
       
       Der zweite Teil der Ausstellung dokumentiert sexuelle Gewalt in Kriegen im
       Allgemeinen. Da sind Schilder aus Wehrmachtsbordellen zu sehen, auf denen
       die Männer aufgefordert werden, Kondome zu benutzen. Vergewaltigen durften
       Hitlers Soldaten, aber sexuelle Krankheiten sollten sich dabei nicht
       übertragen. Es gibt auch Hinweise auf Massakrierungen und Vergewaltigungen
       durch koreanische Soldaten im Vietnamkrieg, ein den AusstellungsmacherInnen
       zufolge noch wenig erforschtes Thema.
       
       Laut dem Bezirk Mitte haben sich die japanischen Proteste gegen die
       Trostfrauenstatue mittlerweile „merklich beruhigt“. In diesem Jahr habe es
       keine Forderungen von japanischer Seite mehr gegeben, sagt Sprecherin Laura
       Sander der taz. „Der Bezirk hat in der Vergangenheit Gesprächswünschen der
       japanischen Botschaft stets Folge geleistet, aber auch immer für ein
       Verständnis dafür geworben, dass Erinnerungskultur uns wichtig ist.“
       
       Schwierige Erfahrungen machte der Korea-Verband nach eigenen Angaben auch
       mit dem Landesschulamt. In einem Projekt in einer benachbarten
       Gemeinschaftsschule im Rahmen des Ethikunterrichts sei es anhand der
       Friedensstatue um [3][sexualisierte Gewalt in Kriegen] gegangen, erzählt
       Nataly Jung-Hwa Han. Neben Koreanerinnen sei auch eine Forscherin zu
       Wehrmachtsbordellen aufgetreten sowie Expertinnen, die über den
       Bosnien-Krieg, die Situation in Afghanistan sowie betroffene jesidische
       Frauen sprachen.
       
       Nach einem Gespräch von japanischen Diplomaten mit der Schulaufsicht habe
       die Schule dem Korea-Verband die Kooperation jedoch gekündigt. Als
       Begründung habe es geheißen, dass die einseitige Darstellung der
       koreanischen Sicht dem Neutralitätsprinzip der Schule widerspreche.
       
       Senatssprecherin Juliane Meißner bestätigte auf taz-Anfrage, dass das Thema
       Friedensstatue von der japanischen Botschaft gegenüber dem Senat wiederholt
       angesprochen worden sei. Proteste Japans gegen die Museumseröffnung sind
       bisher allerdings noch nicht bekannt.
       
       2 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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