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       # taz.de -- Tandler-Prozess in Bayern: Die Frau hinter der Maske
       
       > Andrea Tandler wurde mit Maskengeschäften reich. Vor Gericht wehrt sich
       > die Politikertochter nun gegen den Vorwurf, den Staat betrogen zu haben.
       
   IMG Bild: Die Angeklagte Andrea Tandler bestreitet Steuerverbrechen begangen zu haben
       
       München taz | Das Phantom bekommt ein Gesicht. Nachdem Andrea Tandlers
       absurder Auftritt vor [1][dem Untersuchungsausschuss] des Bayerischen
       Landtags noch vielen in Erinnerung ist – damals erschien sie komplett
       vermummt mittels Baseballkäppi, großer Sonnenbrille und Schutzmaske und
       verweigerte die Aussage –, gibt sich die 40-Jährige am Mittwoch vor dem
       Landgericht München umso offener.
       
       Als sie den Sitzungssaal B 277 betritt, stellt sie sich den Fotografen und
       Kameraleuten, um sich kurz darauf umfassend einzulassen. Einen ganzen
       Vormittag lang spricht Tandler über ihr Leben, ihren neben ihr sitzenden
       Geschäftspartner und ihre Maskengeschäfte, die sie in kürzester Zeit extrem
       reich – und für manche zu einer der unsympathischsten
       Corona-Krisengewinnlerinnen gemacht haben.
       
       Tandler trägt ein blaues Kleid, Brille, die dunklen Haare hat sie zum
       Pferdeschwanz gebunden. Sie könne sich schon vorstellen, sagt sie, welche
       Gedanken denjenigen, die den Prozess verfolgten, in diesem Moment durch den
       Kopf gingen: „Da sitzt sie, die Tochter eines CSU-Amigos. Sie hat die
       politischen Kontakte ihres Vaters genutzt, um Millionen an Steuergeldern
       abzuzocken.“ Davon, was echte Arbeit bedeutet, habe sie keine Ahnung, ihre
       Steuern habe sie nicht gezahlt, dafür eine Wohnung in Davos.
       
       In der Tat ist es keine Kleinigkeit, wegen der Andrea Tandler, Tochter des
       ehemaligen CSU-Generalsekretärs und Strauß-Intimus Gerold Tandler, und ihr
       Geschäftspartner Darius N. hier vor Gericht sitzen.
       
       ## Vorwurf: Steuerhinterziehung in Millionenhöhe
       
       Rund eine halbe Stunde lang hat Staatsanwältin Susanne Gehrke-Haibl kurz
       zuvor vorgetragen, was den beiden Angeklagten zur Last gelegt wird: Tandler
       und N. hatten zu Beginn der Pandemie gigantische Provisionszahlungen für
       die Vermittlung von Masken des Schweizer Unternehmens Emix kassiert, die
       nach der Ansicht von Kritikern auch noch stark überteuert gewesen waren.
       Das freilich mag in Anbetracht der Notlage vieler Menschen zu diesem
       Zeitpunkt moralisch fragwürdig gewesen sein, illegal war es nicht.
       
       Nur: Die über 48 Millionen Euro wurden nach Ansicht der Staatsanwaltschaft
       auch nicht korrekt versteuert. Insgesamt sollen Tandler und N. 23,5
       Millionen Euro Steuern hinterzogen haben – 8,7 Millionen Einkommensteuern,
       6,6 Millionen Schenkungssteuern und 8,2 Millionen Gewerbesteuer. Summa
       summarum kommt Gehrke-Haibl auf einen wirtschaftlichen Gesamtschaden von
       15,2 Millionen Euro.
       
       Zu allem Überfluss soll Tandler gleichzeitig auch noch eine
       Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000 Euro beantragt haben – in den Augen
       der Staatsanwaltschaft Subventionsbetrug. Seit Januar sitzen Tandler und N.
       [2][deshalb in Untersuchungshaft.] Sie wolle nun für Transparenz sorgen,
       alle Fragen beantworten, sagt Tandler am Mittwoch. Es gebe absolut nichts,
       was sie zu verbergen habe. „Ich habe diese Geschäfte nach bestem Wissen und
       Gewissen abgewickelt und wollte, dass alles steuerlich korrekt gehandhabt
       wird.“ Aber ja, es sei eine hektische Zeit gewesen, in der „Fehler passiert
       sein können“. 35 Seiten umfasst das Statement, das Tandler verliest.
       
       Sie sei in die Familie des CSU-Politikers hineingeboren worden, sagt
       Tandler. „Aber dafür kann ich nichts.“ Sie habe ihren Namen nicht bewusst
       eingesetzt, als ihr von einem in der Schweiz lebenden Bekannten das Angebot
       gemacht wurde, für Emix Kontakte herzustellen und Schutzausrüstung zu
       vermitteln. Die Kontakte zu den Gesundheitsministerien in Bayern,
       Nordrhein-Westfalen und im Bund kamen unter anderem über Vermittlung der
       Strauß-Tochter Monika Hohlmeier, einer Freundin Tandlers, zustande.
       
       ## Nicht nur Freunde und Geschäftspartner, sondern ein Paar?
       
       Auch Darius N. bestätigt Tandlers Aussage in einem am Nachmittag von seinen
       Verteidigern verlesenen Statement und betont, dass man doch schließlich
       Tausenden von Menschen das Leben gerettet habe.
       
       Beide wollen zudem dem Eindruck entgegenwirken, sie seien nicht nur Freunde
       und Geschäftspartner, sondern ein Paar gewesen, Tandler habe Darius N.
       seinen „Anteil“ de facto geschenkt.
       
       Richterin Andrea Wagner zeigt sich skeptisch, erwähnt ein Testament, in dem
       Tandler ihren Freund als Alleinerben eingesetzt habe. Außerdem lässt sie
       SMS-Verläufe an die Wand projizieren, die anderes vermuten lassen: „Ich
       lieb dich so“, heißt es zum Beispiel in einer Nachricht Tandlers an ihren
       Geschäftspartner. Sie seien eben sehr gute Freunde gewesen, entgegnet
       Tandler. Ihrer Mutter oder anderen Freunden schreibe sie dasselbe.
       
       Für den Prozess hat das Gericht bislang sechs Wochen eingeplant.
       
       4 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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       behalten.