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       # taz.de -- Spannungen zwischen Kanada und Indien: Trudeau wirft Indien Mord vor
       
       > Die Regierungen Kanadas und Indiens weisen im Streit um die Ermordung
       > eines Sikh-Separatisten in British-Columbia gegenseitig Diplomaten aus.
       
   IMG Bild: Kanadas Premierminister Justin Trudeau
       
       Mumbai taz | Die Beziehungen zwischen Delhi und Ottawa steuern auf einen
       neuen Tiefpunkt zu. Dies zeichnete sich schon während des [1][G20-Gipfel]s
       ab, der kürzlich in Indiens Hauptstadt stattfand. Dort traf Kanadas Premier
       Justin Trudeau seinen indischen Amtskollegen Narendra Modi.
       Freundlichkeiten blieben aus, stattdessen wurde über die separatistische
       Khalistan-Bewegung der Sikhs gesprochen. Die wächst in Kanada, dem Land mit
       der nach Indien weltweit zweitgrößten Sikh-Bevölkerung, und gibt in Delhi
       Anlass zu Sorge.
       
       Am Montag erklärte Trudeau dann im Parlament seines Landes, Indiens
       Regierung könnte in den Mord an einem kanadischen Sikh-Führer verstrickt
       sein.
       
       „In den vergangenen Wochen haben Kanadas Sicherheitsbehörden aktiv
       glaubwürdige Vorwürfe über eine mögliche Verbindung zwischen Agenten der
       indischen Regierung und der Ermordung des kanadischen Staatsbürgers Hardeep
       Singh Nijjar verfolgt“, sagte Trudeau. Er forderte Rechenschaft und Indiens
       Kooperation bei den Ermittlungen.
       
       Im Juni war Nijjar vor einem Sikh-Tempel in Surrey (British Columbia) von
       Unbekannten erschossen worden. Der im nordindischen Jalandhar geborene Mann
       migrierte 1997 nach Kanada. Er befürwortete einen unabhängigen Sikh-Staat
       namens „Khalistan“, der sich von Indien abspalten solle.
       
       ## Indien wirft Kanada den Schutz von Extremisten vor
       
       In Indien wurde Nijjar als „Drahtzieher“ der Khalistani Tiger Force gesucht
       und soll an einem Bombenanschlag auf ein Kino 2007 im indischen Punjab
       beteiligt gewesen sein.
       
       Indiens Regierung wirft Kanada vor, khalistanischen Extremisten
       Unterschlupf zu gewähren, die sie als Bedrohung ansieht. Kanada wiederum
       sieht in dem Mord seines Staatsbürgers durch ausländische Kräfte eine
       „Verletzung seiner Souveränität“.
       
       Kanada wies umgehend einen indischen Diplomaten aus, der als Vertreter des
       dortigen Geheimdienstes an der Botschaft gilt. Delhi kündigte darauf
       umgehend an, ebenfalls einen kanadischen Diplomaten auszuweisen.
       
       Die Regierung in Neu Delhi bezeichnte Trudeaus als Vorwürfe „absurd und
       motiviert“. Das Außenministerium forderte von Ottawa, „unverzüglich und
       wirksam gegen alle anti-indischen Aktivitäten vorzugehen, die von
       kanadischem Boden ausgehen“.
       
       ## Auch Indiens Opposition kritisiert Kanada
       
       Auch der indische Oppositionspolitiker Milind Deora zeigte sich empört.
       Denn es hatte in Kanada kürzlich eine Kundgebung gegeben, bei der die
       [2][Ermordung der damaligen indischen Premierministerin Indira Gandhi durch
       ihre Sikh-Leibwächter 1984] verherrlicht worden sei. Sie starb nach einer
       Spezialoperation gegen Khalistan-Separatisten, was eine tödlichen Welle von
       Gewalt gegen Sikhs nach sich zog.
       
       „Kanada und Indien sind Freunde“, sagte der indische Publizist Brahma
       Chellaney. Doch Trudeaus Bündnis mit radikalen Sikhs in Kanada habe die
       Beziehungen zu Indien zunehmend belastet. Drei Monate nach dem Mord an
       Nijjar sei noch niemand öffentlich angeklagt worden.
       
       Von Kanadas 38 Millionen Einwohnern haben 1,4 Millionen indische Wurzeln,
       die Hälfte davon gehört zur religiösen Minderheit der Sikhs.
       
       20 Sep 2023
       
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   DIR Natalie Mayroth
       
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