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       # taz.de -- Koalitionsstreit über Pestizidzulassung: FDP gegen Özdemir bei Glyphosat
       
       > Die FDP spricht sich dafür aus, das umstrittene Pestizid weitere 10 Jahre
       > zuzulassen. Damit setzt sie auf Konfrontation mit Agrarminister Özdemir.
       
   IMG Bild: Cem Oezdemir erntet Zwiebeln auf einem Feld in Uetze
       
       Berlin taz | Anders als Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) stimmt die
       FDP dem Vorschlag der EU-Kommission zur Neuzulassung des umstrittenen
       Pestizids [1][Glyphosat] zu. „Die Empfehlung der EU-Kommission, Glyphosat
       für weitere zehn Jahre zuzulassen, begrüße ich ausdrücklich“, teilte der
       agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, der taz
       mit.
       
       Die Kommission folge mit ihrem Vorschlag der wissenschaftlichen Bewertung
       durch die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa). „Wer politische
       Entscheidungen auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten trifft, für den ist
       die Wiederzulassung auf EU-Ebene alternativlos“, so Hocker. Glyphosat sei
       eines der „am besten erforschten Pflanzenschutzmittel“.
       
       Glyphosat ist der weltweit meistverkaufte Pestizidwirkstoff. Die
       Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO
       bewertete ihn 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ – mit Glyphosat
       gefütterte Ratten und Mäuse hatten Tumoren entwickelt. In den USA
       verurteilten daraufhin mehrere Gerichte einen der Hersteller, die
       [2][deutsche Bayer AG], zu hohen Schadenersatzzahlungen an KlägerInnen, die
       ihre Krebserkrankung auf das Mittel zurückführen. Bayer beruft sich dagegen
       auf verschiedene Zulassungsbehörden, die Glyphosat als sicher einstufen.
       Das Gift tötet so gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen und
       damit auch Nahrung für Vögel und Insekten. Deshalb gilt es Umweltschützern
       als Gefahr für die Artenvielfalt.
       
       Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sagte am Mittwoch, nachdem die
       EU-Kommission ihren Vorschlag veröffentlicht hatte: „Solange nicht
       ausgeschlossen werden kann, dass Glyphosat der Biodiversität schadet,
       sollte die Genehmigung in der EU auslaufen“.
       
       ## Koalitionsvertrag sieht Verbot vor
       
       Die Efsa hatte zwar keine nach EU-Recht „kritischen“ Probleme für die
       Umwelt festgestellt. Aber das lag vor allem daran, dass ihr genügend Daten
       und eine innerhalb der EU abgestimmte Methodik fehlten. Die Behörde
       kritisierte, dass die Pestizidhersteller keine systematische
       Literaturzusammenstellung zum Thema geliefert hätten. Aus diesen Gründen
       seien „keine eindeutigen Schlussfolgerungen“ dazu möglich, wie der
       Unkrautvernichter sich auf die Artenvielfalt auswirkt.
       
       Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart: „Wir nehmen
       Glyphosat bis 2023 vom Markt.“ Wenn sich die Ampelkoalition nun nicht
       einigen kann, muss sich Deutschland bei der Abstimmung der EU-Staaten über
       den Vorschlag der Kommission Mitte Oktober enthalten. Das könnte sich am
       Ende wie eine Zustimmung auswirken. Die aktuelle Zulassung läuft am 15.
       Dezember aus.
       
       Sollte Glyphosat verboten werden, hätte das massive Auswirkungen auf die
       Landwirtschaft. Denn es wird laut Umweltbundesamt auf rund 40 Prozent der
       Felder hierzulande gespritzt, etwa um Beikräuter zu bekämpfen. Ohne
       Glyphosat müssten viele konventionelle Bauern sich den Produktionsmethoden
       der [3][Bio-Landwirtschaft] annähern.
       
       22 Sep 2023
       
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